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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut
Autoren: Neil White
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Einschusslöcher und bewegte ihn hart und ruckartig hin und her. Dan riss den Mund auf und schrie; die Schmerzen mussten unerträglich sein. Ich spürte, wie sich die Bauchmuskeln um meinen Daumen herum zusammenzogen, aber ich ließ nicht locker. Er legte die Hände um meinen Hals und zog an meinen Haaren.
    Ich knurrte ihn an und suchte mit dem Zeigefinger nach einem zweiten Einschussloch, und als ich es gefunden hatte, rammte ich den Finger tief hinein. Er bohrte seine Fingernägel in meinen Rücken, bis Blut floss, womit er meiner Wut nur noch mehr Nahrung gab. Ich trieb zusätzlich meinen Mittelfinger in seinen Leib, dabei spürte ich, wie Dan sich von Schmerzen geschüttelt gegen mich drückte und die Augen verdrehte.
    Ich hielt ihn wie eine Bowlingkugel fest, fühlte das Blut und seine schmerzhaften Zuckungen, aber mein Griff blieb unerbittlich. Meine Finger ertasteten Gewebe, Adern und Muskeln, während ich ihm weiter in die Augen sah, in denen die Schmerzen wie ein Feuer loderten. Ich hoffte, es war das Feuer der Hölle, die ihn willkommen hieß. Nachdem ich einen Moment lang innegehalten hatte, ballte ich die in seinem Bauch vergrabenen Finger zur Faust.
    Er riss den Mund noch weiter auf, doch es strömte nur Blut über sein Kinn, und er begann zu zittern.
    Ich machte diese Bewegung mit, indem ich meine geballte Faust hin und her zucken ließ. Dabei schrie ich laut, aber mein Schrei war weder ein Hilferuf noch ein Ausdruck meiner eigenen Schmerzen, sondern ein Triumphgeheul, das ich im Andenken an Sarah, Rebecca, April und alle anderen ausstieß.
    Ich riss meine Faust aus seinem Bauch und machte aus den vielen kleinen Wunden eine große, klaffende Wunde.
    Dan starrte mich ungläubig an, dann fiel er nach hinten. Er klatschte ins Wasser, aber das Geräusch wurde von dem ohrenbetäubenden Tosen der Wasserstrahlen übertönt. Er versuchte den Kopf zu heben, und in seinen Augen sah ich das Ende. In diesem Moment wusste ich, dass er im Sterben lag. Und ich sah ihm an, dass er es ebenfalls wusste. Sein flehender Blick, ein stummer Hilfeschrei, verriet es mir.
    Er schaute zur Seite, und als ich seinem Blick folgte, entdeckte ich seine Waffe.
    Ich wusste, was er vorhatte. Er wollte sich erschießen, um seinem Leiden ein Ende zu machen.
    Das Wasser strömte weiter in das Zimmer und stand inzwischen gut zwanzig Zentimeter hoch, und nach wie vor wurde mehr in das Cottage gepumpt, als abfließen konnte. Auf dem alten Holzboden konnte man sich längst nicht mehr sicher fortbewegen.
    Ich stolperte zu Dans Pistole, bei jedem Schritt spritzte das Wasser in die Höhe. Meine Kleidung war schwer und nass, vom Wasser, aber auch von Dan Mathers und meinem eigenen Blut. Ich griff nach der Waffe und überlegte, was ich tun sollte. Mein Blick wanderte zu Dan Mather, der krampfhaft seine letzten Atemzüge tat, den Mund weit aufgerissen, das Gesicht totenbleich.
    Das Wasser sorgte dafür, dass ich nicht das Bewusstsein verlor. Ich konnte den Mund nicht schließen, und jeder Atemzug fühlte sich wie ein Stich mit einem Schwert an. Der Schmerz bestimmte meine Gedanken und ließ mich wieder wütend werden. Ich sah, wie Laura von dem Wasserstrahl getroffen wurde; die Körperspannung wich aus ihren Beinen, als würde sie jeden Moment das Bewusstsein verlieren.
    Ich warf die Waffe auf den Boden und eilte zu ihr, legte die Arme um sie und zog sie mit dem Stuhl aus der Schusslinie, dann kniete ich mich neben ihr hin und drückte sie an mich, so gut es ging. Über uns schoss weiter ein Wasserstrahl ins Haus und riss die letzten Bilder von den Wänden. Aus der Küche war zu hören, wie Glas zerschmettert wurde.
    Dann war es auf einmal vorbei.
    Die Wasserstrahlen waren versiegt, im Haus machte sich Totenstille breit, wenn man von den von allen Seiten kommenden Tropfgeräuschen absah.
    Ich merkte, dass ich fror.
    Dan Mather sah mich mit flehenden Augen an.
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte. »Und? Was sehen Sie?«, fragte ich spöttisch. »Da haben Sie Ihren letzten Moment. Genießen Sie ihn.«
    Ich tauchte die Hände ins Wasser, um sein Blut abzuwischen. Ringsum lief das Wasser allmählich zwischen den Bodendielen hindurch ab, während ich wieder neben dem Stuhl kauerte und Laura umarmte. Ich hörte die Rufe der Polizisten, die an uns vorbei ins Haus stürmten und jeden Raum sicherten.
    Dan Mather lebte noch. Er lag da und atmete derart hastig ein und aus, dass seine Brust sich hob und senkte wie der Kolben eines Motors. Unter Schmerzen
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