Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt
Autoren: Alexandra Potter
Vom Netzwerk:
Meilen? Du?« Ihre Stimme ist um eine Oktave nach oben geklettert. »Oh, Charlotte«, japst sie, »bist du sicher, dass du es nicht übertreibst? Du solltest auch mal ausschlafen.«
    Ausschlafen? Gott, ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich das das letzte Mal getan habe.
    Oh, doch - am Morgen meines fünfundzwanzigsten Geburtstags. Gar nicht so lange her.
    Knapp sieben Jahre.
    »Und isst du auch anständig? Mit leerem Magen soll man keinen Sport treiben.«
    Ohne Vorwarnung hat Mum vom Staatsanwalts- in den Besorgte-Mutter-Modus umgeschaltet.
    »Ja, weiß ich«, lüge ich.
    Mein leerer Magen gibt ein verärgertes Grollen von sich, ehe ich ihn mit ein paar Schlucken aus dem Starbucks-Becher zum Schweigen bringe, den ich mitgenommen habe, bevor ich ins Taxi gesprungen bin.
    »Gestern erst war ein Artikel in der Daily Mail, in dem stand, Vegetarier hätten nicht genug … Moment …« Im Hintergrund raschelt Papier. »Hier ist es. Vegetarier leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel.«
    »Blödsinn!« Ich krame eine Reihe von Vitamin- und Nahrungsergänzungspräparaten aus meiner Handtasche. Ich kaufe ständig andere. Letzte Woche habe ich einen Artikel über gemahlene Aprikosenkerne gelesen, die einem bei entsprechendem Verzehr zu einer hundertjährigen Lebensdauer verhelfen können. Ich werfe mir eine Handvoll in den Mund. Leider sind die Mengen so gewaltig, dass man hundert werden müsste, nur um Zeit zu haben, all das blöde Zeug zu schlucken.
    »Ein warmes Frühstück, das ist es, was du brauchst.«
    »Ich habe aber keine Zeit für ein warmes Frühstück«, erwidere ich leicht ungeduldig.
    »Tja, du weißt doch, wie es immer heißt. Arbeit allein macht nicht glücklich.« Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge.
    Meine Mum hält mir ständig vor, ich würde zu viel arbeiten. Was stimmt. Aber das gehört nun mal dazu, wenn man ein erfolgreiches Geschäft betreibt. Mum versteht das nicht. Sie wollte nie Karriere machen. Sondern heiraten und Kinder bekommen. Für sie ist ein Job nur ein Job. Eine Möglichkeit, »etwas dazuzuverdienen«, wie sie es ausdrückt. Andererseits hatte sie ja immer Dad, der für sie gesorgt hat. In meiner Generation ist das anders. Besser.
    Wenigstens behaupte ich das immer gern.
    »Habe ich dir schon erzählt, dass Marion ihr drittes Enkelkind bekommen hat?«, fährt meine Mutter fort, ohne auf mich einzugehen.
    Ja, schon dreimal, denke ich und kippe den letzten Schluck Kaffee hinunter.
    »Ihre Tochter ist in deinem Alter«, bohrt sie weiter. »Erinnerst du dich? Caroline Godfrey? Bei der Schulaufführung wart ihr beide Engel.«
    Das ist auch so eine Angewohnheit meiner Mutter - mir unter die Nase reiben, wie die Töchter ihrer Freundinnen fleißig Nachwuchs produzieren.Wie sie das Dorf mit einem putzigen, pausbäckigen Enkel bevölkern, während ihre gemeine, egoistische Tochter zweihundert Meilen weit weg ein Leben mit Privattrainer und ohne Fleisch führt. Und, was noch viel schlimmer ist, immer noch keinen Ehemann hat.
    Wo wir gerade dabei sind.
    »Wie geht es Miles?«
    Oh Mann.
    Lassen Sie mich das übersetzen. In der Sprache meiner Mutter bedeutet »Wie geht es Miles?« nichts anderes als »Hat er dir endlich einen Antrag gemacht?«.
    Aber der Fairness halber sei gesagt, dass Mum nicht die Einzige ist, die so etwas tut. Miles und ich sind seit anderthalb Jahren zusammen, und alle rechnen fest damit, dass er mir einen Antrag macht. Und alle rechnen fest damit, dass ich Ja sagen werde. Ich würde ein Ja auch nicht kategorisch ausschließen. Wieso eigentlich nicht? Schließlich erfüllt er sämtliche Kriterien, die in Frauenzeitschriften in der Kategorie »Mr. Right« gelistet sind: Er sieht gut aus, ist erfolgreich, loyal, zuverlässig, und wir streiten uns nie. Keine einzige Auseinandersetzung, seit wir zusammen sind. Das ist doch toll, oder?
    Das Problem ist nur, dass sich manchmal ein winziger Teil von mir genau das wünscht. Eine Auseinandersetzung. Miles und ich dürfen doch unterschiedlicher Meinung sein. Es könnte sogar sein, dass so etwas eine kleine Prise Würze in unsere Beziehung bringt, ein bisschen chacka-chacka-chacka.
    Aber wie gesagt, ich kann mir keinen Grund vorstellen, weshalb ich Nein sagen sollte, wenn er fragt.
    Nicht dass ich nach einem Ehemann suchen würde. Natürlich nicht. Letztlich hat Heiraten ja auch was Spießiges.
    »Es geht ihm prima. Ist Dad da?«, wechsle ich geschickt das Thema. »Ich wollte ihm doch zum Geburtstag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher