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Herztod: Thriller (German Edition)

Herztod: Thriller (German Edition)

Titel: Herztod: Thriller (German Edition)
Autoren: Katharina Peters
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die sie vor zwanzig Jahren nahezu fluchtartig verlassen hatte, um in Berlin Fuß zu fassen. Seitdem hatte es einige Stippvisiten gegeben, wenn die Sehnsucht zu groß geworden war und mit ihr die Hoffnung, dass die alte Wunde vielleicht doch allmählich verheilen könnte. Aber die Begegnung mit den Eltern hatte stets einen schalen Nachgeschmack hinterlassen, erst recht, wenn ihr Sohn Ben dabei gewesen war, und ein ums andere Mal die bittere Erkenntnis hervorgerufen und schließlich gefestigt, dass ihre Erwartung naiv war und sie es eigentlich besser wissen müsste. Es würde nie wieder Normalität zwischen ihnen herrschen. Natürlich nicht. Seitdem Hannahs Schwester Liv von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden war, gab es keine familiäre Normalität mehr.
    Die Diskrepanz zwischen Vertrautheit und Wehmut war an diesem frühen Sommermorgen so groß, dass sie für einen Moment ernsthaft überlegte, nach Berlin zurückzukehren und ihrem Vorgesetzten im Bundeskriminalamt mitzuteilen, dass sie völlig ungeeignet, nämlich distanzlos war, die Umstände zu ermitteln, die zum Verschwinden der jungen Frau geführt hatten, die vor gut einer Woche zum letzten Mal in der Nähedes Leuchtturms am Blankeneser Elbufer gesehen worden war.
    Wie albern, kommentierte sie im gleichen Augenblick, nicht nur weil sie genau wusste, wie Bernd Krüger reagieren würde – mit schallendem Gelächter, wenn er gut gelaunt war, ansonsten würde er ihr schlicht einen Vogel zeigen. Vor zwei Jahren hatte das BKA die Kriminalpsychologin Hannah Jakob damit beauftragt, Strukturen und Routinen für die Suche nach vermissten Frauen und Kindern zu erarbeiten, um die bundesweite Fahndung auch unter psychologischen Gesichtspunkten zu koordinieren. Ihre Ernennung zur Sonderermittlerin, die darüber hinaus ihre Fühler auch vor Ort ausstreckte, insbesondere wenn die Nachforschungen der örtlichen Polizeibehörden keine oder nur vage Ergebnisse zutage förderten oder aber ein Zusammenhang mit Kapitalverbrechen vermutet wurde, war erst vor kurzem erfolgt. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Bereich der Zeugenvernehmung und Motivforschung, die sie bereits zu Beginn ihrer Polizeilaufbahn beim LKA Berlin zu entwickeln begonnen hatte, und ihrer besonderen Begabung in der Gesprächsführung war sie prädestiniert für diese vielschichtige Aufgabe, das wusste sie nur allzu gut. Und bis gestern war sie sogar in der Lage gewesen, den Schwerpunkt ihrer Arbeit der letzten Jahre und die anstehenden Nachforschungen in Hamburg als Ironie des Schicksals zu werten. Ihre Suche würde genau an dem Ort beginnen, von dem sie geflohen war, weil ein Mensch sich in Luft aufgelöst hatte und die ständige Konfrontation mit dem Geschehen unerträglich für sie gewesen wäre. Und das war nur die halbe Wahrheit.
    Aber gestern hatte sie nicht am Elbufer gestanden und den Geruch ihrer Stadt eingeatmet. Gestern hatte sie an ihrem Schreibtisch in Berlin-Treptow gesessen und mit professioneller Distanz die Entscheidung getroffen, dem unerklärlichen Verschwinden der achtundzwanzigjährigen Bibliothekarin Caroline Meisner persönlich auf den Grund zu gehen.
    Ein leises Winseln riss sie aus ihren Gedanken. Kotti saßplötzlich neben ihr und blickte zu ihr hoch. Der Windhundmischling, den Hannah vor zwei Jahren am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg aufgegriffen hatte, wich seitdem kaum von ihrer Seite und verbrachte mehr Zeit mit ihr als jeder andere. Hannah wusste, dass ihr Lebensgefährte Achim darüber manchmal ins Grübeln geriet, obwohl er den Hund durchaus schätzte und gernhatte. Doch bei Hannah und Kotti ging es nicht um Sympathie oder Fürsorge oder Aspekte des Tierschutzes. Hunde hatten in ihrem Leben noch nie eine Rolle gespielt, andere Tiere auch nicht. Die Verbindung zwischen ihr und dem zierlichen Hund mit dem beigefarbenen Fell und den leuchtenden Bernsteinaugen war mit dem ersten Blickkontakt entstanden. Hannah sprach nie darüber, aber sie hatte das intensive Déjà-vu-Gefühl, den Hund zu kennen, und ihm schien es ganz ähnlich zu gehen. Es gab nie eine Diskussion, wohin Kotti von nun an gehörte.
    »Du hast recht, lass uns frühstücken gehen«, sagte sie nach einem Blick auf die Uhr. Der Termin im Polizeipräsidium in Winterhude war zwar erst in zwei Stunden angesetzt, aber sie frühstückte gerne ausgiebig und in aller Ruhe.
    Hannah hatte in einer kleinen Pension in Iserbrook ein Zimmer bezogen. Dort hatte niemand ein Problem mit Kotti, und bis zur Elbe und
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