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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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Mc-Drive und essen mit den Fingern, wir haben alle einen Knopf im Ohr, damit wir unsere iPods und Mobilephones abhören können und nicht mehr mit unseren Mitmenschen sprechen müssen, wir verkrümeln uns aus dem wahren Leben in Computerspiele und seichte Fernsehserien, die wir längst mit der Wirklichkeit verwechseln, wir haben vorgeheizte Pantoffeln und schöne Eigenheime mit Spätsonne, wir haben alle Milchaufschäumgeräte, Wäschetrockner und spielend leicht zu bedienende Fernbedienungen, wir liegen auf unseren Terrassen oder amüsieren uns in einem Spaßbad oder ähnlich grauenvollen Einrichtungen.
    Also! Warum beginnt die Schule nicht so gegen zehn? Mit einem gemeinsamen Frühstück im Sitzkreis? Dann kann so ein kleines, unschuldiges Wesen erst mal schön ausschlafen (die Mutter natürlich auch), und dann geht es gut gelaunt im Hellen in die Schule. Wo es – wenn es nach mir ginge – auch bis mindestens 17 Uhr bleibt. Nach Singen, Lernen, Turnen und Kakaotrinken kann es ja dann meinetwegen wiederkommen. Dann ist es satt, hat alles erledigt, und man könnte guten Gewissens den Abend einläuten. Jeder hätte seine Pflichten erledigt, keiner würde den anderen mit Hausaufgaben oder ähnlich ärgerlichen Dingen belästigen, man könnte zusammen kochen, essen und »Mensch ärgere Dich nicht« spielen und dann ohne größere Adrenalinschübe zu Bett gehen, um dort bis weit nach Sonnenaufgang zu verweilen.
    Warum müssen Millionen von Kindern bereits mittags um eins wieder auf der Matte stehen? Hungrig und fordernd! Und übellaunig die Bücher und Hefte auf den Tisch werfen, mit den Worten: »Der Rottweiler hat uns wieder so irre viel aufgegeben, und du musst mir das alles erklären, weil ich sowieso wieder nichts verstanden habe. Außerdem interessiert es mich nicht die Bohne, warum die Latten eines Gartenzauns zueinander parallel im Abstand von 25 Zentimetern stehen müssen und wie viele Latten es dann sind, wenn der Garten 84 Quadratmeter groß ist!«
    Die Antwort darauf kann doch nur lauten: Kind, ich bin beschäftigt!
    Ein Uhr mittags!
    Wo berufstätige Mütter wie ich gerade mal warmgelaufen sind und sich mit Hingabe ihrer Arbeit widmen!
    Ich für meinen Teil habe gegen ein Uhr mittags gerade mal die Büroarbeit und die meisten Anrufe erledigt und breche dann zu Besichtigungsterminen auf. Ganz einfach, weil da die Sonne in alle Fenster scheint.
    Heute bin ich die führende Immobilienmaklerin der Stadt. Dafür habe ich auch jahrelang geschuftet und gerackert, aber jetzt läuft das Geschäft! Über 350 Immobilien rund um die Festspielstadt und im ganzen Salzkammergut sind mir zum Vermitteln anvertraut.
    Ich verfüge über weltweite Kontakte zu kaufwilligen und verkauffreudigen Kunden, die alle keine Geldsorgen haben. Ich kenne Gott und die Welt, und mir macht mein Job wahnsinnig viel Spaß.
    Kurz und schlecht, mir passt es wirklich gar nicht, dass ich Fanny heute um ein Uhr wieder abholen muss. Andererseits brauchen wir auch mal wieder richtig Zeit füreinander. Ich werde mir für den Rest des Tages freinehmen.
    Zwanzig nach eins! Ich seufze abgrundtief. Mein Hirn arbeitet auf Hochtouren. Wenn ich jetzt Fanny abhole, dann schnell ins Ballett bringe, könnte ich noch zur Maniküre. Mal eben das Handy zücken und meine wasserstoffblonde Katharina anrufen, ob sie mich noch dazwischenschieben kann. Zumal heute Abend das Treffen für den Club der Unternehmerinnen ist, wo ich unbedingt hin muss. Ich bin da im Vorstand, und wir planen ein Charity-Golfturnier, für dessen Organisation ich zuständig bin. Ja, das Organisieren macht mir Spaß, es liegt mir sozusagen im Blut. Deswegen hasse ich es, wegen eines Penners, der alle Zeit der Welt hat, zwanzig Minuten lang in einer Supermarktschlange zu stehen. Der Kerl hat meinen straff organisierten Terminplan völlig durcheinandergebracht! Nicht, dass ich was gegen arme Menschen hätte, ganz im Gegenteil. Ich habe schon Charity gemacht, als andere Leute noch gar nicht wussten, wie man das schreibt.

2
     
    N achdem heute wirklich wunderschönes Frühlingswetter ist, schlage ich Fanny mit ihren eigenen Waffen. Mir fällt absolut nicht mehr ein, wie man so eine Autotür öffnet! Wie ging das noch mal?! Muss man da auf der Fernbedienung irgendwas drücken? Oder einen Schlüssel rumdrehen? Aber in welche Richtung?
    Da sowieso schon ein hellblauer Zettel an der Windschutzscheibe steckt, wäre ich blöd, den Wagen wegzufahren und dann wieder keinen Parkplatz zu finden.
    Der
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