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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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diesen Aufgaben sitze!«
    »Okay!« Widerwillig, aber doch halb getröstet reicht Fanny mir das Blatt, auf dem der Rottweiler »Überprüfe dein Wissen!« fordert.
    Darauf hat er noch eine Eule gezeichnet, die ziemlich dämlich aus ihrem Gefieder blickt, während neben ihr eine Glühbirne leuchtet.
    Das findet er wahrscheinlich wieder wahnsinnig originell.
    Die erste Aufgabe lautet: »Zeichne eine Strecke AB = 8 Zentimeter und teile sie in drei gleiche Teile.«
    »Na, wenn das nicht einfach ist«, lache ich erleichtert. »Gib mal das Geodreieck rüber. Mensch, das macht doch Spaß!«
    Mein Handy surrt auf dem Tisch herum, und da es die Trockenpflaume Claudia ist, muss ich leider schnell rangehen.
    »Ja, Claudia? – Was? Der berühmte Schönheitschirurg verkauft sein Landhaus in Kitzbühel?«
    Sofort bin ich ganz Ohr. Angespannt bis in die Zehenspitzen notiere ich mir die Daten, die meine Sekretärin mir soeben durchgibt. 860 Quadratmeter Wohnfläche, Grundfläche: 3 000, drei Garagen und zwei Carports, Gästehaus, Sauna, Wellnessbereich und Außenpool, offener Kamin im Wohnbereich, Kachelofen in der behaglichen Wohnküche …
    Ich mache Fanny mit dem Geodreieck ein Zeichen, dass sie schon mal loslegen soll, und schicke eine aufmunternde Grimasse hinterher.
    »Wie viel will er haben? Sechseinhalb Millionen?« Ich werde ganz schwach, und meine Augen werden zu Dollarzeichen. »Na, das müssen wir dem Russen anbieten, du weißt schon, der Neureiche mit dem Pelzmantel, oder dem jungen Araber, der letztens mit seiner verschleierten Frau da war …«
    Fanny kneift die Lippen zusammen und fährt mit ihrem Geodreieck genervt über die Tischplatte. Ich wische ihre Kinderhand beiseite, damit sie keine Kratzer macht.
    »Und wir kriegen den Alleinvermittlungsauftrag? Nein? Mist, Konkurrent Karsten Korzkamp mischt auch mit. Wir müssen ihm zuvorkommen! Wahnsinn! Bei drei Prozent Provision sind das … Fanny, rechne mal schnell! Drei Prozent von sechseinhalb Millionen!«
    Während Fanny mich entnervt durch ihr gleichschenkliges Dreieck ansieht, grabsche ich mit meinen frisch manikürten Fingern nach dem Taschenrechner und hacke auf ihn ein: »375 000! Claudia, lass das sofort in unseren Kitzbüheler Hochglanzprospekt setzen! Schreib: …« – Ich kratze mich am Kopf, dass die Haare nur so fliegen – »… Wohntraum in attraktivster Lage, in Kitzbühel, der wohl charmantesten Stadt in den Alpen … hast du das? Herrliche Gegend, hervorragender Freizeitwert, einzigartige Lebensqualität … Als Hauptwohnsitz oder attraktive Geldanlage … Golfplatz in unmittelbarer Nähe. Von der riesigen Sonnenterrasse aus genießt man das atemberaubende Panorama des ›Wilden Kaisers‹. Der blonde Schlagersänger mit der Föhnwelle wohnt gleich nebenan!«
    »Bist du sicher, dass wir das wirklich so schreiben sollen?«
    Typisch Trockenpflaume Claudia. Die geht zum Lachen in den Keller.
    Ich kichere. »Nein, den letzten Satz natürlich nicht. Zumal weder der Russe noch der Scheich aus dem Oman den blonden Schlagersänger mit der Föhnwelle kennen. Wie viel Zeit haben wir?« Die Worte purzeln mir nur so aus dem Mund. »Dann ist das also dringend. Ja, ich fahre gleich morgen früh raus nach Kitzbühel und schau mir den Laden an. Eine Frage noch: Warum verkauft der Schönheitschirurg die Liegenschaft?«
    »Weil er einen Prozess gegen eine Patientin verloren hat. Die hat fünf Millionen Euro Schmerzensgeld für ihr verschandeltes Gesicht zugesprochen bekommen.«
    »Aha. Okay. Danke.« Wie gesagt, manchmal verdiene ich am Elend der anderen. Aber Geschäft ist Geschäft. Ich klappe das Handy zu und lege es auf den Tisch. Wild entschlossen, mir auf keinen Fall anmerken zu lassen, dass ich vor Kampfeslust nur so vibriere, schaue ich mein geduldig dasitzendes Fannylein an und lächle so entspannt wie möglich.
    »So. Und jetzt machen wir zwei Geometrie. Darauf freue ich mich schon den ganzen Tag!«
    Fanny guckt mich an, als hätte ich meinen eigenen Urin getrunken und behauptet, das schmecke besser als Vanilleeis.
    Dass der mir den Auftrag gegeben hat! Dem geht der Arsch auf Grundeis! Der braucht ganz dringend Kohle! Bevor die Patientin an die Presse geht!
    Innerlich schier zerrissen vor Anspannung, nehme ich, das Zittern meiner Finger unterdrückend, das Geodreieck und zeichne eine Linie.
    So. Das hätten wir schon mal. Acht Zentimeter. Ein schöner sauberer Strich.
    Jetzt teilen wir den ganz locker in drei Teile.
    Wenn’s weiter nichts ist.
    Die
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