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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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Anklagebank gehabt hatte. Zweifel, die ungehört geblieben waren, ebenso wie sein Antrag, die Hauptverhandlung auszusetzen, bis er weitere Ermittlungen angestellt hätte.
    Als die Frau den Zeugenstand betrat, hatte Oliver bereits geahnt, dass aus der von ihm angestrebten Gefängnisstrafe nichts werden würde. Sein Gefühl hatte ihn nicht getäuscht: zwei Jahre, einmal mehr zur Bewährung ausgesetzt. Und das, obwohl die Richter bei den beiden vorangegangenen Verurteilungen deutlich gemacht hatten, dass es keine weiteren Bewährungsstrafen geben würde.
    Aber die zuständige Richterin war nun einmal bekannt dafür, besondere Milde walten zu lassen, sobald weinende Schwangere oder kleine Kinder ins Spiel kamen. Eine Tatsache, die sich die Verteidigung mit Sicherheit zunutze gemacht hatte.
    Diese Niederlage würde Oliver wohl noch länger nachhängen, zumal der Oberstaatsanwalt bereits am Nachmittag entschieden hatte, keine Revision einzulegen. Der Fall war damit abgeschlossen, und zwar mit einem alles andere als zufriedenstellenden Ergebnis.
    Umso mehr hatte sich Oliver auf sein Date am Abend gefreut, das dann aber ein noch fataleres Ende genommen hatte als der Prozess. Die Kündigung der für ihn zuständigen Sekretärin, von der er am Mittag erfahren hatte, und das endgültige Versagen seines Notebook-Akkus hätten ihm allerdings Warnung genug sein sollen.
    Er hätte wissen müssen, dass der Tag allenfalls noch mehr unangenehme Überraschungen für ihn bereithielt. So wie das überraschende Ende seiner Affäre.
    Der Gang durch den Eisregen zum Tagesabschluss passte insofern vortrefflich. Wenigstens konnte es nicht mehr schlimmer kommen, es sei denn, er rutschte noch auf den letzten Metern aus und brach sich ein Bein.
    Oliver erreichte das Mietshaus, in dem mit ihm zusammen insgesamt sechs Parteien wohnten. Weder der Gehsteig noch der Weg durch den kleinen Vorgarten zum Eingang waren geräumt worden. Er brauchte seine ganze Konzentration, um mit den Anzugschuhen nicht doch noch auszurutschen, weshalb er die dunkle Gestalt erst bemerkte, als der Bewegungsmelder endlich reagierte und das Licht über den Briefkästen hektisch zu flackern begann.
    Die dick in Winterkleidung eingemummelte Gestalt hatte den Schal bis unter die Augen vors Gesicht gezogen und kauerte reglos auf der Türschwelle, dem einzigen trockenen Fleckchen unter dem Vordach.
    Die Person beobachtete ihn auf eine Art, die ihm sagte, dass sie auf ihn gewartet hatte, machte aber keinerlei Anstalten aufzustehen. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wer kurz vor Mitternacht, noch dazu am Montagabend, hier auf ihn warten sollte. Sein Handy war eingeschaltet, wer ihn hätte erreichen müssen, hätte also problemlos die Möglichkeit dazu gehabt.
    Ein ungutes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit.
    Als er gut zwei Meter vor der Gestalt im Regen stehenblieb, trafen sich ihre Blicke, und er prallte überrascht zurück.
    Diese blaugrauen Augen kannte er. Sie schauten ihm jeden Morgen im Bad aus dem Spiegel entgegen.
    Die nächsten Sekunden fühlten sich wie Minuten an, während sie einander schweigend musterten.
    Mehrmals versuchte sich Oliver davon zu überzeugen, dass er sich irrte, dass ihm seine Phantasie einen Streich spielte, aber es gab keinen Zweifel. Vier Jahre waren vergangen, vier Jahre, in denen sie gewachsen war, sich verändert hatte, doch er erkannte noch immer das zwölfjährige Mädchen in ihr, das er verlassen hatte.
    Als er endlich den Mund aufbekam, fühlte sich seine Zunge schwer und taub an. »Hannah … Was zum Teufel tust du hier?«
    Ein Lächeln hob ihre Mundwinkel, erreichte jedoch nicht ihre Augen. »Hallo, Dad. Schön, dich zu sehen.«
    Während Oliver vor seiner Tochter die zwei Stockwerke zu seiner Wohnung hinaufging, fragte er sich, ob er irgendetwas verpasst hatte. Hatte er seinen Anrufbeantworter oder seine Mailbox nicht sorgfältig genug abgehört? Hatte er irgendwelchen E-Mails nicht die nötige Beachtung geschenkt? Nein, er war sich sicher, dass ihm nichts entgangen war. Niemand hatte ihm Bescheid gesagt, es hatte keinerlei Ankündigung gegeben.
    Trotzdem war Hannah hier, wie aus dem Nichts aufgetaucht, vollkommen unerwartet.
    Einen Moment lang dachte er, dass das nur bedeuten konnte, dass seiner Exfrau etwas zugestoßen war. Dann wurde ihm aber bewusst, wie lächerlich der Gedanke war. In dem Fall hätte man ihn kontaktiert und nicht seine sechzehnjährige Tochter einfach in den Zug gesetzt. Außerdem
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