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Herz-Dame

Herz-Dame

Titel: Herz-Dame
Autoren: Marina Schuster
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vorwurfsvoll, während er sich an den Tisch setzte und wie üblich in den chaotischen Papierstapeln herumwühlte.
»Was hast du denn nach diesem netten ‚Geschenk‘ erwartet – eine Fortsetzung vom letzten Mal?«, sagte sie kühl, und beobachtete, wie kurz ein amüsiertes Lächeln um seine Mundwinkel spielte.
»Ich gehe davon aus, dass das jetzt kein Angebot sein sollte«, erwiderte er, zog im gleichen Moment ein Blatt aus einem der Zettelberge heraus und reichte es ihr.
»Was hältst du davon?«, fuhr er geschäftsmäßig fort, bevor sie auf seine Bemerkung reagieren konnte.
Grace warf einen kurzen Blick auf das Blatt, es war der Entwurf für den Bericht über Obdachlose, den sie an ihrem ersten Tag hier im Büro bereits in der Hand gehabt und überflogen hatte.
»Das klingt ganz gut, da ließe sich was draus machen«, gab sie widerwillig zu.
»Der Meinung bin ich auch, ich dachte da an eine Serie, eventuell mit Interviews zu Einzelschicksalen. Außerdem könnte man Vergleiche zu anderen Städten heranziehen, welche Unterstützung es dort gibt und so weiter. Wärst du daran interessiert?«
Angesichts dieses Angebots vergaß sie augenblicklich ihren Ärger und nickte begeistert.
»Ja, sicher.«
Sekundenlang schaute er sie mit einem eigenartigen Blick an, dann nickte er zufrieden. »Gut, also fliegen wir übermorgen nach Greenville.«
     

Kapitel 6
    » W ir … übermorgen … nach Greenville«, wiederholte Grace stockend, um im selben Augenblick festzustellen, wie idiotisch sich ihr Gestammel anhörte.
»Ja, zuerst nach Greenville, und dann weiter nach Bridgetown, beide Städte sind von der Größe her mit Newport vergleichbar, und wir werden dort ein paar Recherchen anstellen«, erklärte er ruhig.
In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, sie war drauf und dran ihm zu sagen, dass sie mit ihm nirgendwo hinfahren würde. Doch diese Sache könnte ihre erste große Story werden, noch dazu eine Serie, und sie wollte sich diese Chance nur ungern entgehen lassen.
»Du wirst doch sicher hier in der Redaktion gebraucht – kann ich das nicht alleine machen?«, fragte sie zögernd, und hoffte inständig, dass er zustimmen würde.
»Nein, für einen Anfänger alleine ist das eine Nummer zu groß«, ließ er ihre Seifenblase gnadenlos zerplatzen, »und hier in der Redaktion kommen sie auch mal zwei Tage ohne mich aus, Justin wird mich so lange vertreten.«
Seine Miene war undurchdringlich, und Grace kämpfte mit sich, überlegte, ob sie sich wirklich darauf einlassen sollte. Der Wunsch, diese Artikelreihe zu schreiben oder daran mitzuarbeiten war übermächtig, doch sie hatte gleichzeitig die Befürchtung, dass es weiteren Ärger geben würde, wenn sie mit ihm zusammen unterwegs sein würde.
»Also, wie sieht es aus? Soll ich die Flugtickets bestellen, oder wäre es dir lieber, wenn ich die Sache einem anderen Kollegen gebe?«, fragte Dylan jetzt, als würde er ihren inneren Widerstreit erahnen.
Unschlüssig schaute sie ihn an, dann gab sie sich schließlich einen Ruck und nickte.
»In Ordnung, ich bin einverstanden.«
»Sehr schön, dann werde ich alles in die Wege leiten.«
Er schaltete seinen PC ein, und mit einem unsicheren »Okay, bis dann« wandte sie sich zum Gehen.
»Übrigens«, hörte sie ihn sagen, als sie schon fast an der Tür war, »wie wäre es mit einem Waffenstillstand?«
Überrascht drehte sie sich wieder zu ihm um.
»Waffenstillstand?«, wiederholte sie ungläubig, und er lächelte.
»Ja, zumindest für die Zeit, die wir zusammen unterwegs sind.«
     
    Obwohl Grace nach diesem Gespräch alle Mühe hatte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, gelang es ihr irgendwie, den Tag zu überstehen.
Immer wieder fragte sie sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, und sie schickte stumme Stoßgebete zum Himmel, dass er sein Friedensangebot ernst gemeint hatte.
Als sie nach ihrem Feierabend das Verlagsgebäude verließ, wurde sie draußen vor der Tür bereits von einer freudestrahlenden Sheila erwartet.
»Was machst du denn hier?«, fragte sie überrascht.
»Ach, ich war gerade in der Nähe, und nach dem Fiasko von gestern Abend dachte ich mir, wir könnten vielleicht irgendwo in Ruhe einen Kaffee trinken gehen.«
»Einen Kaffee trinken gehen, aha.« Grace betrachtete sie kritisch. »Und dabei hast du natürlich nicht darauf gehofft, hier rein zufällig Justin über den Weg zu laufen, oder?«
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Sheila, und bemühte sich, all ihre verfügbare Unschuld in ihren
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