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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher
Autoren: Howell Morgan
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sie Dar ins Gesicht schaute, bereute Nir-yat ihre Äußerung. »Verzeih mir. Ich wusste nicht, dass er dir noch etwas bedeutet. «
    »Es dürfte nicht so sein«, antwortete Dar. »Kath-mah will uns nicht segnen.«
    »Und doch beherrscht der Kopf nicht den Brustkorb. Es tut mir leid für dich.«
    »Hat Muthuri dir von unserer Unterhaltung erzählt?«, erkundigte sich Dar, um schleunigst das Thema zu wechseln. »Weißt du, was sich in Taiben zugetragen hat?«
    »Hai. Aber was ist mit unserem Bruder? Wieso ist er dort geblieben?«
    »Zna-yat ist geblieben, um durchzusetzen, dass mein Wille geschieht. Die Söhne sind jetzt Hüter der neuen
Washavoki-Königin, aber sie ziehen nicht mehr für sie in den Krieg.«
    »Soll das heißen, sie müssen künftig nicht mehr auf Feldzügen sterben?«
    »Hai.«
    »Das ist eine frohe Botschaft. Du hast viel erreicht.«
    »Offenbar bist du überrascht«, stellte Dar fest. »Hat Muthuri davon nichts erwähnt?«
    »Thwa. Sie ist der Ansicht, dass du zum Herrschen unfähig bist.«
    »Vielleicht hat sie recht. Ich verstehe kaum etwas vom Amt der Großen Mutter. Es kann sein, dass sich jemand anders besser eignet.«
    »Ich muss dir eine Geschichte erzählen«, sagte Nir-yat. »Eine Geschichte über Großmutter.«
    Nir-yats plötzlicher Themenwechsel und ihr eindringlicher Tonfall verdutzten Dar. »Was für eine Geschichte?«
    »Großmutter war vor Zeta-yat Muth Mauk. Ich hatte mit ihr engen Umgang. Sie hat den alten Washavoki-König oft besucht und hätte mich in der Washavoki-Sprache unterrichtet, wäre Muthuri nicht dagegen gewesen.« Nir-yat warf Dar einen vielsagenden Blick zu. »Muthuri mag keine Washavoki.« Dann setzte sie die Geschichte fort. »Vor fünf Wintern erkrankte Großmutter. Wasser füllte ihre Lungen, und Deen-yat kündete an, sie müsse sich bald zu Muth’la gesellen. Es heißt, dass Große Mütter durch Muth’las Augen sehen, wenn der Tod ihnen naht, sodass sie erkennen, wer die nächste Königin werden soll. Großmutter erwählte Zeta-yat, die Große Mutter, die wiederum dich gewählt hat.«
    »Sie entschied sich für mich, weil sie keine Wahl hatte«, hielt Dar ihr entgegen. »Ich war die einzige anwesende Urkzimmuthi-Mutter. «

    Nir-yat schien Dars Einwand zu überhören. »Du musst wissen, dass Großmutter, nachdem sie das Fathma weitergegeben hatte, doch nicht zu Muth’la ging. Sie blieb in der hiesigen Welt.«
    »Wurde sie wieder gesund?«, fragte Dar.
    »Wie hätte so etwas geschehen können?«, lautete Nir-yats Gegenfrage. »Sie war doch tot.«
    »Jetzt bin ich aber verwirrt.«
    »Wenn eine Mutter das Fathma empfängt, werden Fathma und Geist eins. Sobald eine Große Mutter das Fathma an eine andere Mutter weiterreicht, geht ihr Geist dahin.«
    »Und was ist aus Großmutter geworden?«, fragte Dar.
    »Großmutter wurde zu einem Gespenst und wie ein Gespenst behandelt. Niemand sprach mit ihr. Alle verhielten sich, als wäre sie gar nicht da.«
    »Und wenn nun ich das Fathma weiterreiche …«
    »Ich spreche nicht über dich«, fiel Nir-yat ihr hastig ins Wort. »Was dann geschähe, darf ich nicht sagen.«
    »Hat Muthuri es verboten?«
    Nir-yat tat so, als hätte sie Dars Frage nicht gehört. »Ich erzähle etwas über Großmutter. Meine Großmutter, die mich einsamen Blicks anschaute, während ich …« Nir-yat wirkte, als sei sie erneut den Tränen nah. Sie schwieg kurz und rang um Fassung. »Ich habe geschwiegen, weil es widernatürlich ist, mit Toten zu reden.«
    »Ähnliches hat die vorherige Muth Mauk zu mir gesagt, nachdem sie mich zur Königin erhoben hatte«, rief Dar.
    »Sie musste es wissen«, antwortete Nir-yat. »Ich hoffe, sie hat, anders als Großmutter, nicht gesäumt.«
    »Nein, hat sie nicht.«
    »Ich gehorche Muthuris Weisung und gebe dir den Rat, das Fathma einer anderen zu übertragen.«

    Dar ergriff die Hand ihrer Schwester. »Sage Muthuri, dass du mir empfohlen hast, das Fathma einer anderen Mutter zu übertragen. Und sage Folgendes: Dass ich deinen Ratschlag erwäge.« Dar hoffte, dass diese Worte es Nir-yat erlaubten, wahrheitsgemäß zu antworten, wenn Zor-yat sie hinsichtlich dieses Gesprächs ausfragte. Töchter hatten die Pflicht, ihrer Muthuri zu gehorchen, und Ungehorsam machte Nir-yat offensichtlich stark zu schaffen. Dafür mochte Dar sie umso lieber.
    Nach Nir-yats umständlich vorgetragener Geschichte lenkte Dar die Unterhaltung unverzüglich auf Thir-yats Velazul. Nir-yat erzählte ihr sämtliche Einzelheiten der Romanze,
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