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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher
Autoren: Howell Morgan
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verschiedenerlei Hinsicht verwandelt – zu fein waren diese Veränderungen, als dass Dar sie genau hätte beschreiben können –, sodass sie sich ungeachtet ihrer Unwissenheit inzwischen immer mehr als Königin fühlte.
    Zudem hegte Dar die Hoffnung, dass die Matriarchinnen das Gute, das sie schon geleistet hatte, zu schätzen verstanden: Keine Söhne mussten mehr in Washavoki-Kriegen sterben. Dar fiel das Gemetzel im Tal der Kiefern ein, und
der Zorn, den sie damals empfunden hatte, kehrte wieder. So etwas darf nie mehr geschehen. Der mit Königin Girta geschlossene Vertrag beugte dagegen vor. Dar nahm an, dass sich die Ork-Regimenter auflösten und lediglich eine kleine Leibwache zum Schutz der Washavoki-Königin in Taiben blieb.
    Doch sobald sie an den Vertrag dachte, stellte sich ihr die Frage, wie weit man ihn überhaupt beachtete. Gerade als man den Vertrag der Allgemeinheit bekannt machte, hatte das Gift des Zauberers sie aufs Krankenlager niedergestreckt. Ihr Befehl an Zna-yat war schlicht und einfach gewesen: »Bleib hier und sorge dafür, dass mein Wille geschieht. «
    Aber weiß er, was zu tun ist? Er spricht nur Orkisch. Wer verständigt sich mit Girta? Dar hatte erwartet, dass Kovok-mah sich als Dolmetscher betätigte; stattdessen hatte er Taiben verlassen, um ihr einen Heilzauber zu verabreichen. Und dann war er nach Hause gegangen.
    Je länger sie über die Verhältnisse nachdachte, umso weniger sah sie ihre Errungenschaft als gefestigt an. Anscheinend hatte während ihrer Genesung niemand die Ereignisse in Taiben verfolgt. Dar hatte keine Ahnung, was sich momentan dort abspielte. Nur eins war klar: Die Verantwortung für den Vertrag trug sie.
    Das war es, was Herrschertum bedeutete. Dar hatte das Gefühl, dass die Lage in Taiben leicht ins Chaos abgleiten konnte. In diesem Fall wäre das meine Schuld.
     
    In seinem rostigen Panzerhemd versah Zna-yat gegenwärtig Dienst als einer von mehreren Thronwächtern.
    Er stand schon den ganzen Nachmittag neben dem Thron und langweilte sich.

    Washavoki kamen und gingen, alle brabbelten unverständliches Zeug zu ihrer Großen Mutter. Außer dem gewohnten Mief roch Zna-yat Ausdünstungen von Furcht. Er hielt es für nützlich, dass sie sich fürchteten; es verringerte die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Königin angriffen, die es zu schützen galt.
    Soweit er das Geschnatter zu deuten verstand, nannte man sie entweder »Könnigirta« oder »Majessät.« Vielleicht hatte sie zwei Namen. Die Washavoki waren eben ein merkwürdiges Volk.
    Obwohl es Zna-yat wenig behagte, Wache zu stehen, musste er als Träger eines Umhangs ein gutes Beispiel abgeben. Dargu wünschte, dass Könnigirta und ihr Kind Schutz genossen; insofern war seine Aufgabe gänzlich klar. Er hatte die Sicherheit der Königin zu gewährleisten und ihr zu gehorchen. Letzteres war schwierig, weil sie nicht die Müttersprache beherrschte. Zna-yat hatte Garga-tok gebeten, ihr ein paar grundlegende Befehle wie »Töte« und »Hilf« beizubringen. Ach, wäre Kovok-mah doch hier, dachte Zna-yat. Er kann sich mit den Washavoki gut verständigen.
    Zna-yat hatte den Verdacht, dass Garga-tok die Washavoki-Sprache weniger fließend beherrschte, als es wünschenswert war, denn den Großteil ihrer Ansinnen hatte Könnigirta noch nicht erfüllt. Nach wie vor fehlten der Urkzimmuthi-Leibwache im Königspalast angemessene Unterkünfte. Der Raum, in dem sie untergebracht waren, war zwar groß genug, aber nicht rund. Den Washavoki hatte es missfallen, dass die Söhne mit ihren Schwertern den Umriss von Muth’las Umarmung in den Holzfußboden gehackt hatten. Zna-yat hatte Garga-tok beauftragt, ihnen die Wichtigkeit des Heiligen Kreises zu erläutern; dennoch hatten die Washavoki den Mund zum Ausdruck des Ärgers
verzogen. Noch stärker hatte es sie verärgert, dass Söhne in dem Kreis einen Herd errichteten.
    Zudem war es zu einem Zwischenfall mit gesichtsbehaarten Washavoki gekommen, die versucht hatten, Essen zu servieren. Fast hätte ein Sohn den Ersten erschlagen, der in Muth’las Umarmung trat. Zna-yat hatte es verhindert, aber damit waren die Schwierigkeiten nicht beendet gewesen. Als Garga-tok Könnigirta erklärte, Söhne müssten von Müttern bedient werden, hatte sie geantwortet, Dargu hätte alle Mütter fortgeschickt. Diese Auskunft war unbegreiflich, denn Dargu wusste, was sich geziemte. Es konnte nur ein Missverständnis gegeben haben. Nach langem Palaver wurden zum Servieren des Essens Flauen
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