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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Traurigkeit denken, die man einem Toten widmet. Er hatte sich weiter und weiter von ihr entfernt, war ein Ungeheuer geworden… Romilly legte die Arme um Jandria und fühlte, daß die Frau zitterte.
Es hat soviel Leid gegeben, und alles sinnlos. In meinem Stolz habe auch ich Leid über jene gebracht, die mir kein Leid getan hatten. Ich will mein Äußerstes tun, um Orain vor dem ihm zugedachten Schicksal zu retten. Es sieht hoffnungslos aus, doch nicht jeder gekochte Brei wird gegessen. Wie es auch ausgehen mag, wenn ich morgen früh noch am Leben bin, werde ich Vater und Luciella Nachricht schicken, daß ich lebe und daß sie nicht um mich trauern dürfen.
Jandrias Kummer ist schlimmer als meiner. Um Orain werde ich trauern, wenn erstirbt, weil er mein Freund war und weil er edel für Carolin gestorben ist, den er liebt. Wer wird jedoch trauern und etwas anderes als Erleichterung empfinden, wenn Lyondri nichts Böses mehr tun kann?
Sie hielt die schluchzende Jandria in ihren Armen und spürte schließlich, daß sie eingeschlafen war.
Romilly hatte eine oder zwei Stunden geschlafen, als Jandria sie sacht an der Schulter rüttelte.
»Steh auf, Romilly. Es ist Zeit.«
Romilly bespritzte ihr Gesicht mit kaltem Wasser und aß etwas Brot; den Wein verschmähte sie. Sie mußte alle ihre Sinne beisammen haben. Carolin wartete auf sie in seinem Zelt, das Gesicht ruhig und entschlossen. Er sagte: »Ich brauche dir nicht zu versichern, daß du, wenn du Orain befreist – oder ihm weitere Leiden ersparst, und solltest du ihm deinen eigenen Dolch ins Herz stoßen müssen –, deine Belohnung selbst nennen kannst, und wenn du einen meiner Söhne heiraten möchtest.«
Sie lächelte über den Gedanken. Warum sollte sie das wünschen? Romilly antwortete ihm wie dem Dom Carlo, den sie damals kennengelernt hatte. »Onkel, ich werde für Orain tun, was ich kann, weil er gut zu mir war, als er mich noch für einen entlaufenen Falknerlehrling hielt. Meint Ihr nicht, eine Schwertfrau und eine MacAran werde ihr Leben ebenso der Ehre als der Habgier wegen aufs Spiel setzen?«
»Das weiß ich«, sagte Carolin sanft, »aber ich werde dich auch zu meiner eigenen Freude belohnen, Romilly.«
Sie wandte sich Jandria zu. »Die Stiefel machen zuviel Lärm. Besorge mir bitte ein Paar weiche Sandalen.« Jandria brachte ein Paar, das ihr selbst gehörte. Sie waren zu groß, deshalb band Romilly sie recht fest. Sie verbarg ihr Haar unter einem dunklen Tuch, damit kein zufälliges Schimmern sie verrate, und rieb sich das Gesicht mit Schmutz ein, damit es nicht im Laternenlicht eines Wachpostens aufleuchte. Jetzt konnte sie lautlos in die Stadt gehen, und sie fürchtete weder Kundschaftervogel noch Hund. Zu dieser Stunde schlief bestimmt alles bis auf einige wenige Männer.
Alderic erklärte in einem Ton, der eine Zurückweisung unmöglich machte: »Ich gehe mit dir an das Seitentor.«
Romilly nickte. Auch er besaß eine Spur von diesem Laran. Hand in Hand stahlen sie sich auf ihren weichen Sohlen von Carolins Zelt fort und schlugen einen weiten Bogen um das Stadttor. Irgendwo bellte ein Hund. Wahrscheinlich, so dachte Romilly, sandte er einen Gedankenfaden auf der Suche nach einer Maus durch die Straßen. Für alle Fälle brachte sie ihn zum Schweigen, indem sie Frieden und Schläfrigkeit auf ihn abstrahlte…
»Du kannst die Kundschaftervögel beruhigen, aber das Tor wird quietschen, wenn du es zu öffnen versuchst«, flüsterte Alderic. Wortlos legte er seine Hände zum Steigbügel zusammen, als helfe er ihr, ein großes Pferd zu besteigen. Romilly faßte den oberen Rand des kleinen Seitentores und kletterte hinauf. Dann sah sie auf die im Mondschein schlafende Stadt hinunter.
Sie sandte ihre Gedanken zu den Kundschaftervögeln, übermittelte Frieden, Ruhe, Schweigen. Sie konnte sie jetzt auf der Stadtmauer sehen, große häßliche Gestalten. Zusammen mit ihren Pflegern hoben sie sich wie Statuen vor dem Himmel ab. Eine Störung, und sie würden kreischen, Rakhals ganze Armee wecken…
Frieden, Frieden, Ruhe… Durch die Augen der Vögel betrachtete sie die Straßen. Sie lagen dunkel da, nur hier und da zeigte sich ein helles Fenster. Sie überprüfte eines nach dem anderen. Mit gewöhnlichem Laran war nichts zu erkennen, aber wenn sie sich mit den Gedanken der Tiere verband, nahm sie wahr, was dort geschah. Hinter einem der hellen Fenster lag eine Frau in Geburtswehen. Eine Hebamme kniete neben ihr, hielt ihre Hände und flüsterte ihr Ermutigungen
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