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Herrchenjahre

Herrchenjahre

Titel: Herrchenjahre
Autoren: Michael Frey Dodillet
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schokofarben und sexbesessen. Der andere blond, naiv, kastriert. Als wir den beiden zum ersten Mal begegnen, gibt es ein kurzes schmerzloses Donnerwetter. Die Krawallmaus braucht ganze zehn Sekunden, um die Verhältnisse zu klären: Der Schoko darf mir an den Hintern, der Blonde soll machen, dass er zur Mama kommt, sonst dicke Lippe! Vor lauter Aufregung markieren die Rüden bei dieser Aktion siebenundzwanzig Ecken, was wiederum eine keifende Nachbarin auf den Balkon treibt. Die ist allergisch gegen gelben Schnee.
    Auch sehr schön, aber leider ohne Auswirkung auf Lunas Friedfertigkeit und deswegen im Rahmen von M.A.T.S. Minus zu vernachlässigen: Im Wallis sind die Caquelons aus Gusseisen und die Fonduemischungen hervorragend.
    Der Betreiber von Ziebels Dorflift, der nicht Ziebel heißt, lässt zwischen Weihnachten und Silvester einen lebensmüden
Herrn namens Fireman feuerwerken. Der steckt in einem Aluminiumanzug und eiert krachend, zischend und knallend den Dorfhang hinunter. Drei mörderisch tackernde Raketenbatterien begleiten seine Fahrt. Seither bin ich sicher, dass Luna schussfest ist. Die guckt sich das Spektakel an, als würden Wattebäusche geworfen.
    Die einzige Aufregung des Abends sind die Schatten der fahrenden Liftbügel. Die sehen offensichtlich wie Häschen aus. Von einem Angriff nimmt Luna allerdings Abstand. Ihr Jagdtrieb ist bei dieser Kälte vollständig erloschen. Was auch an den anderthalb Meter hohen Schneewehen liegt, die sich rechts und links der Waldwege türmen. Da kommt man selbst mit vier Beinen kaum einen Schritt vorwärts.
    Was für entspannte Waldspaziergänge! In hundert Meter Entfernung streckt mir eine Gemse die Zunge heraus. Mein Hund guckt nur müde hin und denkt angesichts der Schneemassen im Hang: »Ach, leck mich doch.«

Brunello, Cinghiale und zutrauliche Fliegen
    »Methodisch Agierendes Temperatur-System, pfff. Damit einen Hund friedfertig zu machen habe ich in Saas-Fee endgültig aufgegeben«, sage ich und gieße noch etwas Rotwein nach. »Das haut bei plus dreißig Grad nicht hin und bei minus zwanzig auch nicht.«
    »War ja auch eine beknackte Idee«, sagt Walter.
    Pienza liegt fünfzig Kilometer südlich von Siena. Campiglia d’Orcia liegt zwanzig Kilometer südlich von Pienza. Signora Lombardis wundervoll restauriertes altes Turmhäuschen liegt zweihundert Meter oberhalb von Campiglia. Der Fünferstammtisch liegt auf dem Rasen vor dem Haus, und die Krawallmaus fläzt friedlich dazwischen.
    In unserer jährlich wiederkehrenden Toskana-Woche ist Luna die Anhänglichkeit in Person. Vermutlich liegt es daran, dass die Hühner in den Gemüsegärten rund ums Dorf von abfallgefütterten Kettenhunden bewacht werden, die ihre Menschen höchstens einmal in vierundzwanzig Stunden sehen. Madame merkt plötzlich, wie gut sie es eigentlich hat.
    »Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass M.A.T.S. klappt?«, fragt Ralf.
    »Keine Ahnung«, sage ich. »Mir geht halt dieser ewige Krause-Hickhack auf die Nerven. Der eine behauptet dies, der andere das. Nimm Leckerchen, nimm Bälle, nimm Tau, nimm gar nichts. Reagiere massiv, wenn der Hund Mist baut.
Ignoriere komplett, wenn der Hund Mist baut. Dog Oriented Guiding System hü und Speechless Dog Training System hott. Da pass ich doch mit Method Acting Temperature System locker dazwischen, oder? Hätte durchaus funktionieren können. Schlapper Hund gleich braver Hund. So blöd ist das gar nicht.«
    »Du hättest im Erfolgsfall allerdings in der Sahara unterrichten müssen«, sagt Juppi.
    »Oder in der Toskana«, sagt Peter.
    »Nein, hier ist es zu kalt«, sage ich. »Im Moment sind es nur neunzehn Grad.«
    »In der Toskana musst du sowieso eine andere Technik fahren«, sagt Walter.
    »Genau«, sagt Ralf. »Die Formel heißt hier: entspannter Halter gleich braver Hund.«
    »Prost allerseits!«, sagt Peter und spendiert eine Runde Grappa.
    »Sehr guter Ansatz«, lobt Juppi und schnippt eine allzu zutrauliche toskanische Fliege vom Glas. »Den vertiefen wir diese Woche gründlich.«

    »Mit so einem Hund kannst du nicht unauffällig bleiben«, sage ich. »So ein wilder Vogel an der Leine ist wie Pranger stehen vor dem Kölner Dom.«
    »Dann musst du eben nachts spazieren gehen«, sagt Walter. »Nach Mitternacht. Da löst du dich quasi in Luft auf, gesamtgesellschaftlich gesehen.«
    »Oder du tust dir vorher vier Grappa rein«, sagt Peter.
    »Zwei habe ich schon«, sage ich. »Ich kann ja gleich mal probelaufen.«

    »Damit würde ich
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