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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf
Autoren: Tom Sharpe
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Menschheit durch Zufall ausgelöst wurde. Ein Fanatiker hat einen Mann und dessen Frau erschossen, und die Folge davon war, daß Millionen kleiner Leute sterben mußten. So eine Art Zufall könnte wieder passieren, nur würde diesmal niemand übrigbleiben: Die Menschheit wäre ausgerottet. Du willst doch nicht, daß das passiert, oder?«
    Unglücklich betrachtete Eva ein Porzellanfigürchen auf dem Kaminsims. Sie wußte, daß es ein Fehler gewesen war, sich überhaupt in Mavis’ Nähe zu wagen. »Es ist nur so, daß ich nicht sehe, was ich tun könnte, um das zu verhindern«, sagte sie und brachte dann ihren Mann ins Spiel. »Außerdem meint Henry, die Russen werden ohnehin nicht aufhören, Bomben zu bauen, und sie haben ja auch noch Nervengas, und Hitler habe das auch gehabt, und wenn der gewußt hätte, daß wir das damals nicht hatten, dann hätte er es auch eingesetzt.« Mavis schluckte den Köder.
    »Das sagt er doch nur, weil er ein wohlbegründetes Interesse daran hat, daß die Dinge so bleiben, wie sie sind«, entgegnete sie. »Das haben alle Männer. Deshalb sind sie ja auch gegen die Friedensbewegung der Frauen. Sie fühlen sich bedroht, weil wir die Initiative ergreifen, und in gewisser Weise ist die Bombe ja ein Symbol für den männlichen Orgasmus. Das ist die Potenz auf der Ebene der Massenvernichtung.«
    »So habe ich die Sache noch nicht betrachtet«, sagte Eva, die sich nicht so recht vorzustellen vermochte, wie etwas, das die ganze Menschheit vernichten konnte, Symbol für einen Orgasmus sein sollte. »Schließlich war er ja auch bei der ›Kampagne für nukleare Abrüstung‹ dabei.«
    »War«, sagte Mavis naserümpfend. »Aber jetzt ist er es nicht mehr. Die Männer wollen einfach, daß wir Frauen passiv sind und die Rolle des untergeordneten Geschlechts weiterspielen.«
    »Henry will das nicht, da bin ich sicher. Ich meine, er ist geschlechtlich nicht besonders aktiv«, sagte Eva, die in Gedanken noch immer bei explodierenden Bomben und Orgasmen war.
    »Das liegt nur daran, daß du ein normaler Mensch bist«, meinte Mavis. »Würdest du Sex hassen, hätte er nichts Besseres zu tun, als die ganze Zeit an dir herumzugrapschen. Statt dessen hält er seine Machtposition aufrecht, indem er dir deine Rechte verweigert.«
    »So würde ich das nicht ausdrücken.«
    »Aber ich, und es ist zwecklos, etwas anderes zu behaupten.« Jetzt war es an Eva, skeptisch dreinzuschauen. Schließlich hatte sich Mavis oft genug über die zahlreichen Affären ihres Mannes beklagt. »Aber du bist doch diejenige, die immer jammert, daß Patrick so versessen auf Sex ist.«
    »War«, sagte Mavis mit bedrohlichem Unterton. »Seine Zeiten als Don Juan sind endgültig vorbei. Dafür erlebt er jetzt, was es mit den männlichen Wechseljahren auf sich hat. Vorzeitig.«
    »Vorzeitig? Das kommt mir aber auch so vor. Er ist doch erst einundvierzig, oder?«
    »Vierzig«, korrigierte Mavis, »aber dank Frau Dr. Kores ist er in letzter Zeit ziemlich gealtert.«
    »Dr. Kores? Du willst doch damit nicht sagen, daß Patrick bei ihr war, nachdem dieser grauenhafte Beitrag von ihr in der News erschienen ist? Henry hat die Zeitung verbrannt, bevor die Mädchen sie in die Finger bekamen.«
    »Das sieht ihm ähnlich. Typisch Henry. Er ist gegen die Informationsfreiheit.«
    »Es war auch kein besonders hübscher Artikel, oder? Ich meine, es ist ja gut und schön, Männer nur als ... als, sagen wir, biologische Samenbänke zu betrachten, aber zu fordern, daß man sie alle kastriert, sobald sie zwei Kinder in die Welt gesetzt haben, finde ich einfach nicht richtig. Unser Kater pennt den ganzen Tag und ...«
    »Also ehrlich, Eva, du bist zu naiv. Von Kastrieren hat sie doch überhaupt nichts gesagt. Sie hat einfach nur darauf hingewiesen, daß Frauen die ganzen Qualen des Kinderkriegens erleiden müssen – von denen ihrer Tage ganz zu schweigen – und daß bei der heutigen Bevölkerungsexplosion Menschen bald massenweise an Hunger sterben werden, wenn nicht endlich etwas getan wird.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Henry das mit sich machen ließe. Jedenfalls nicht so«, meinte Eva. »Man darf ihm ja nicht einmal mit Vasektomie kommen. Die hat unliebsame Nebenwirkungen, sagt er.«
    Mavis schnaubte. »Als hätte die Pille die nicht auch, noch dazu viel gefährlichere. Aber den Pharma-Multis ist das natürlich egal. Das einzige, was die interessiert, sind die Profiteund außerdem werden sie von Männern geleitet.«
    »Das mag schon sein«,
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