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Held von Garathorm

Held von Garathorm

Titel: Held von Garathorm
Autoren: Michael Moorcock
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kämpfte er, um diese Lüge zu verteidigen.
    Zu dieser Zeit war es auch, daß er seine Diener verdächtigte, sich mit seinen Feinden im Bund zu befinden. Er war überzeugt, sie hätten versucht, ihn zu vergiften. Er begann, seine Türen zu versperren und weigerte sich, sie zu öffnen, wenn die Diener Einlaß erbaten, um zumindest die notwendigsten Handgriffe zu tun. Er aß gerade so viel, daß er nicht direkt verhungerte. Er sammelte Regenwasser in Bechern, die er auf seine äußeren Fenstersimse stellte, und nur dieses Wasser trank er. Doch immer öfter überwältigte die Erschöpfung seinen geschwächten Körper. Dann kamen die kleinen Träume zu dem Mann, der in der Dunkelheit hauste. Träume, die an sich nicht unangenehm waren - er sah freundliche Landschaften, fremde Städte, Schlachten, an denen er, Hawkmoon, nie teilgenommen hatte, merkwürdige, fremdartige Leute, denen er selbst in seinen Abenteuern im Dienst des Runenstabs nie begegnet war. Aber diese Träume erschreckten ihn. Auch Frauen kamen in diesen Träumen vor. Einige von ihnen mochten Yisselda gewesen sein, doch empfand er nie Freude, wenn er sie sah, nur eine tiefe Unruhe. Und einmal, ganz flüchtig, träumte er, er blicke in einen Spiegel und sähe statt seines eigenen Spiegelbilds eine Frau.
    Eines Morgens erwachte er aus seinem quälenden Schlummer, doch statt sich zu erheben, wie es seine Gewohnheit war, und sich direkt zu seinen Tischen mit den Modellen zu begeben, blieb er liegen und starrte zu den Sparren in seinem Zimmer hoch. In dem schwachen Licht, dem es gelang, durch die dicken Vorhänge zu dringen, sah er ganz deutlich Kopf und Schultern eines Mannes, der dem toten Oladahn glich. Die Ähnlichkeit lag hauptsächlich in der Art, wie er seinen Kopf hielt, in seinem Gesichtsausdruck und den Augen. Ein breitkrempiger Hut saß keck auf dem langen schwarzen Haar, und eine kleine schwarzweiße Katze hockte auf seiner Schulter.
    Hawkmoon bemerkte, ohne sich darüber zu wundern, daß die Katze Flügel hatte, die auf dem Rücken gefaltet waren.
    „Oladahn?" murmelte Hawkmoon, obgleich er wußte, daß es nicht sein alter Gefährte war.
    Das Gesicht lächelte und öffnete die Lippen, um zu sprechen, doch dann war es plötzlich verschwunden.
    Hawkmoon zog das schmutzige seidene Bettuch über den Kopf und blieb am ganzen Leib zitternd liegen. Er hatte das Gefühl, daß der Wahnsinn nach ihm griff. Graf Brass hatte vielleicht doch recht gehabt, wenn er behauptete, er habe die fünf Jahre lang Halluzinationen nachgehangen.
    Später erhob Hawkmoon sich doch und zog seinen Spiegel unter den Decken hervor, mit denen er ihn vor ein paar Wochen verdeckte hatte, weil er sein Spiegelbild nicht sehen wollte.
    Er starrte auf die heruntergekommene Gestalt, die durch das staubige Glas zurückstierte.
    „Ich sehe einen Wahnsinnigen", murmelte Hawkmoon. „Einen sterbenden Irren!"
    Das Spiegelbild äffte die Bewegungen seiner Lippen nach. Die Augen wirkten verstört. Über ihnen, in Stirnmitte, war eine bleiche kreisrunde Narbe zu erkennen, wo einst das Schwarze Juwel geglüht hatte, jener Edelstein, der das Gehirn eines Menschen zerstören konnte.
    „Es gibt noch andere Dinge, die an eines Mannes Verstand zehren", murmelte der Herzog von Köln. „Weniger sichtbare Dinge als Juwelen, schlimmere Dinge! Mit welcher Schläue doch die Lords des Dunklen Imperiums noch nach ihrem Tod nach mir greifen, um sich zu rächen. Indem sie Yisselda mordeten, brachten sie auch mir den allmählichen Tod."
    Er bedeckte seinen Spiegel wieder und seufzte abgrundtief. Schwerfällig kehrte er zu seinem Bett zurück und setzte sich nieder. Aber er wagte es nicht mehr, zur Decke hochzublicken, wo er den Mann gesehen hatte, der Oladahn ähnelte.
    Er fand sich mit der Tatsache seines Elends, seines baldigen Todes und seines Wahnsinns ab. Müde zuckte er die Schultern.
    „Ich war ein Krieger", murmelte er, „und wurde zum Narren. Ich machte mir etwas vor. Ich glaubte, ich könnte erreichen, was geniale Wissenschaftler und Zauberer erreichen, was Philosophen ergründen. Doch dazu war ich nie fähig. Statt dessen verwandelte ich mich von einem vernünftigen Mann zu diesem erbärmlichen und kränklichen Bündel aus Haut und Knochen. Und hör mir zu, Hawkmoon! Du redest mit dir selbst! Du murmelst, du phantasierst, du wimmerst. Dorian Hawkmoon, Herzog von Köln, es ist zu spät zur Umkehr. Du verrottest!"
    Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen.
    „Deine Bestimmung war es, zu
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