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Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke

Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke

Titel: Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
Autoren: Stefan Wolf
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daß sie sich in die Hand der Naturgewalten
begeben hatten. Ich will es kurz machen, denn Einzelheiten würden nur die DLRG (Deutsche
Lebensrettungs-Gesellschaft) interessieren. In einer Stromschnelle kenterte
der Kahn. Mann und Maus fielen ins Wasser. Die Schatzkisten selbstverständlich
auch. Roderich und seine Getreuen konnten nicht schwimmen. Alle ertranken.
Ausgenommen jener Jakob von Grummelshofen, der am Bodensee geboren und
aufgewachsen war. Er galt als ausgezeichneter Lagenschwimmer und rettete sich
ans Ufer. Der Tag war kalt. Jakob fror. Seine Klamotten waren pitschnaß.
Berittene Feinde suchten die Ufer ab. Er mußte sich verstecken. Dabei zog er
sich eine üble Erkältung zu. Wir können nur hoffen, daß er noch nicht fieberte,
als er schließlich das Kloster Melch-Brüdersippe erreichte. Denn im Falle
erhöhter Temperatur müßten wir den Wahrheitsgehalt seiner Schilderung
anzweifeln. Jedenfalls — die Mönche nahmen ihn auf, versteckten ihn. Er erhielt
eine trockene Kutte, üppiges Essen und vorzüglichen Wein. Aber er muß wohl
gespürt haben, daß es gesundheitlich schlecht um ihn stand. Die klösterlichen
Heilkräuter halfen ihm nicht. Deshalb setzte er sich noch in selbiger Nacht bei
Kerzenschein an den Schreibtisch und verfaßte das sogenannte Roderich-Dokument,
das ich eingangs erwähnte. Auf der Rückseite steht das, was ich euch eben
erzählt habe. Auf der Vorderseite ist ein genauer Lageplan. Von unserer Stadt,
dem Fluß, der Region — und jener Stelle, wo der Kahn umkippte. Dort ist der
Schatz versunken. Und dort liegt er heute noch. Denn geborgen wurde er nicht.“
    „Stark!“
sagte Tim.
    „Gigantisch!“
jubelte Gaby. „Aber das ist doch nur die Vorgeschichte, nicht wahr? Wie geht’s
weiter?“
    „Richtig“,
nickte Tim. „Und woher, Karl, willst du wissen, daß niemand den Schatz gehoben
hat. Dreieinhalb Jahrhunderte sind seitdem vergangen. Viel Zeit zum Tauchen.“
    Karl
grinste. „Allmählich komme ich zum Knackpunkt. Den armen Jakob befiel eine
Lungenentzündung. Weil das Penizillin ( Arzneimittel ) noch nicht erfunden
war, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Zeitliche zu segnen. Damit können
wir ihn vergessen, obwohl wir ihm natürlich dankbar sind für das
Roderich-Dokument. Allerdings wissen wir nicht, wer es in der Ziegenhaut-Bibel
versteckt hat. Jakob selbst? Oder vielleicht der Chef des Klosters, weil er mit
schnödem Geld und kurfürstlichem Schatz nichts am Hut hatte? Oder ein einfacher
Mönch tat’s? Gleichwohl — das Roderich-Dokument war über Jahrhunderte in der
sogenannten Ziegenhaut-Bibel versteckt. Die...“
    „Langsam“,
wurde er von Tim unterbrochen. „Was ist das: die Ziegenhaut-Bibel? Ich kenne
nur Kuhhäute — und alles, was nicht drauf geht.“

2. Das Versteck in der Ziegenhaut-Bibel
     
    Grinsend
rückte Karl seine Brille zurecht.
    „Das meinte
ich“, sagte er, „als ich anfangs von meiner nützlichen Bildung sprach. Die
Ziegenhaut-Bibel ist gleichsam eine Sonderausgabe der Bibel, ein Einzelstück
und buchbinderisch überaus wertvoll — nicht nur aufgrund ihres Alters, denn
geschaffen wurde diese Sonderanfertigung im Jahre 1600. Es war ein Geschenk des
damals sehr berühmten Buchdruckers Oie Opitz an den Abt (Vorsteher eines
Mönchsklosters) von Melch-Brüdersippe. Die Einbanddecke ist mit Ziegenhaut
überzogen — sozusagen als Schutzumschlag. Daher der Name.“
    „Ziegenhaut,
weil es Zellophan noch nicht gab“, nickte Klößchen. „Völlig klar.“
    „Ich checke
noch nicht“, sagte Tim, „wieso in dieser Sache deine Bildung nützt.“
    „Kommt
sofort. Ich mache weiter im Text. Es lief also so: Das Roderich-Dokument
verschwand in der Bibel, wurde nämlich eingenäht zwischen Einbanddecke und
Vorsatzpapier: also ganz vorn, zwischen Deckel und erstem Blatt. Dort blieb es
bis zum Jahre 1979. Es war vergessen, das Dokument. Sicherlich — daß Kurfürst
Roderichs Schatz irgendwo im Fluß liegen muß, in unserem Fluß, haben etliche
Historiker vermutet. Doch niemand wußte, wie weit der Kahn damals gefahren war.
Abenteurer und Hobbytaucher haben hier und da im Schlick gebuddelt. Aber nichts
gefunden, denn nie ist was aufgetaucht — vom Schatz. 1979 fiel das Kloster, wie
ihr wißt, einer Brandkatastrophe zum Opfer. Es brannte völlig nieder. Aber die
Kunstwerke hat man gerettet. Unter anderem die Bibel. Zahlreiche Kunstwerke
wurden verkauft, um den Wiederaufbau des Klosters zu finanzieren. Konrad
Baumgart erstand die Ziegenhaut-Bibel.
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