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Heißer als der Wuestenwind

Heißer als der Wuestenwind

Titel: Heißer als der Wuestenwind
Autoren: Susanna Carr
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nicht verbergen, genauso wenig wie die Gäste, die aufgeregt flüsterten. Zoe verspürte keine Erleichterung, sondern Misstrauen. Er fühlte sich geehrt? Er wusste doch überhaupt nichts über sie.
    „Mit Freude nehme ich die Pflicht an, sie zu beschützen und ihr Zuflucht zu bieten“, fuhr der Scheich mit klarer, kräftiger Stimme fort. „Ihr wird es an nichts fehlen.“
    Ihr Misstrauen verstärkte sich, als das Tuscheln lauter wurde. Was hatte er vor? Wenn ein Mann derlei Versprechen machte, tat er höchstwahrscheinlich genau das Gegenteil, das wusste sie aus Erfahrung. So wie Onkel Tareef versprochen hatte, sie bei sich aufzunehmen und sich um sie zu kümmern. Stattdessen hatte er ihr Erbe gestohlen und sie als unbezahlte Bedienstete in seinem Haushalt gehalten.
    „Und als eure Sheika “, verkündete Nadir, „wird sie ihre Tage und Nächte damit verbringen, sich um mich zu kümmern.“
    Zoe senkte den Kopf, als die Gäste in Jubel ausbrachen. Zorn erfüllte ihre Brust. Der Stamm war begeistert, dass sie dem Scheich gefiel. Er würde nicht zulassen, dass sie von seiner Seite wich, sodass sie keine Zeit mehr haben würde, sich um die Kranken zu kümmern. Schließlich ihr war die Ehre zuteil geworden, nach seiner Pfeife zu tanzen.
    Dieser Mann hatte doch keine Ahnung, wie wichtig es für sie war zu arbeiten. Ehe ihre Eltern starben, hatte Zoe mit ihrer Mutter ehrenamtlich im Krankenhaus gearbeitet. Es war aufregend gewesen, und sie hatte erkannt, dass sie auch Ärztin werden wollte, genau wie ihr Vater.
    Doch ihr Traum, bei ihrem Vater zu lernen, war zerstört worden, als ihre Eltern bei einem Autounfall starben. Plötzlich hatte sie sich in einem fremden Land wiedergefunden, bei Menschen, die sie nicht kannte. Sie hatte unter der Sprachbarriere gelitten, dem fremden Essen und dem abweisenden Stamm. Doch als sie dann zusah, wie der Heiler die Kranken behandelte, hatte sie sich wieder auf vertrautem Terrain befunden.
    Ein paar Monate später ging sie dem Heiler zur Hand. Die Aufgabe war als Strafe gedacht, aber sie wollte lernen. Als Zoe dann merkte, dass die armen Frauen sich schwertaten, männliche Hilfe anzunehmen, übernahm sie dankbar die weiblichen Patienten. Auf diese Weise führte sie das Familienerbe fort, und die Aufgabe wurde zu ihrem Rettungsanker.
    Endlich hatte sie einen Weg gefunden, sich von Onkel Tareefs Haus fernzuhalten und sich auf etwas anderes zu konzentrieren als ihre missliche Lage. Und wenn sie einen medizinischen Notfall behandelte, verspürte sie die gleiche Begeisterung wie damals im Krankenhaus zu Hause. Den notleidenden Frauen zu helfen, hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben.
    Und all das wollte der Scheich ihr jetzt nehmen? Sie sollte das Einzige aufgeben, das sie interessierte und worin sie gut war, nur weil es Nadir nicht gefiel? Das war nicht fair. Am liebsten hätte sie ihm auf der Stelle widersprochen.
    Aber warum regte sie sich überhaupt auf? Was Nadir wollte, berührte ihre Zukunft nicht, in der er keinen Platz mehr haben würde.
    „Ich muss sagen, du hast mich überrascht.“
    Zoe wandte sich der großen, schlanken Frau zu, die nun neben ihr saß – ihre Cousine Fatimah. Sie trug ein schimmerndes graues Gewand, dazu schweren Goldschmuck um Hals, Handgelenke und an den Ohren. Fatimah liebte den dramatisch-glamourösen Auftritt.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass du es tun würdest“, fuhr Fatimah an Zoe gerichtet in heiterem Plauderton fort. „Ich weiß doch, wie sehr ihr Amerikaner an eine Liebesheirat glaubt.“
    Zoe sagte nichts dazu. Sie hatte ihre Cousine noch nie gemocht. Fatimah würde sich nie mit einer Außenseiterin wie Zoe verbünden. Jetzt bemerkte sie den dunklen Blick ihrer Cousine. Fatimah war auf der Suche nach Ärger und hatte ihre Zielscheibe gefunden.
    Die Cousine schenkte ihr ein schmales Lächeln. „Ich kann es gar nicht erwarten, Musad davon zu erzählen.“
    Zoe zwang sich, ruhig zu bleiben. „Tu, was du nicht lassen kannst.“
    Sie hoffte, es irgendwann zu schaffen, nicht mehr auf seinen Namen zu reagieren. Musad stand einst für eine zarte und dennoch erblühende Liebe in einer Welt voller Hass und Gleichgültigkeit. Jetzt erinnerte sie sein Name daran, dass man keinem Mann trauen konnte.
    „Soll ich ihm einen Liebesgruß von dir überbringen?“, schlug die Cousine gehässig vor.
    Zoe zuckte mit den Schultern. Musad hatte keine Bedeutung mehr für sie, seit er vor einem Jahr einfach nach Amerika gegangen war. Gelassen lehnte sie sich auf
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