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Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Titel: Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe
Autoren: Johanna Spyri
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ihr Gespräch unterbrechen mußten, um zu hören, was da vorgehe.
     
    Die Großmama lachte immer noch.
     
    »Das sollst du haben, Junge, das gibt einen Passus in mein Testament, hörst du, mein Sohn? Und nachher geht er in das deinige über, also: Dem Geißenpeter einen Zehner wöchentlich, solange er am Leben ist.«
     
    Herr Sesemann nickte zustimmend und lachte auch herüber.
     
    Der Peter schaute noch einmal auf das Geschenk in seiner Hand, ob es auch wirklich wahr sei. Dann sagte er: »Danke Gott!« Und nun rannte er davon in ganz ungewöhnlichen Sprüngen, aber diesmal blieb er doch auf den Füßen, denn jetzt trieb ihn nicht der Schrecken davon, sondern eine Freude, wie der Peter noch gar keine gekannt hatte sein Leben lang. Alle Angst und Schrecken waren vergangen, und jede Woche hatte er einen Zehner zu erwarten sein Leben lang.
     
    Als später die Gesellschaft vor der Almhütte das fröhliche Mittagsmahl beendet hatte und nun noch in allerlei Gesprächen zusammensaß, da nahm Klara ihren Vater, der ganz strahlte vor Freude und jedesmal, wenn er sie wieder anschaute, noch ein wenig glücklicher aussah, bei der Hand und sagte mit einer Lebhaftigkeit, die man nie an der matten Klara gekannt hatte:
     
    »O Papa, wenn du nur wüßtest, was der Großvater alles für mich getan hat! So viel alle Tage, daß man es gar nicht nacherzählen kann, aber ich vergesse es in meinem ganzen Leben nicht. Und immer denke ich, wenn ich nur dem lieben Großvater auch etwas tun könnte oder etwas schenken, das ihm so recht Freude machen würde, auch nur halb soviel, wie er mir Freude gemacht hat.«
     
    »Das ist ja auch mein größter Wunsch, liebes Kind«, sagte der Vater. »Ich sinne schon immer darüber nach, wie wir unserem Wohltäter unseren Dank auch nur einigermaßen dartun könnten.«
     
    Herr Sesemann stand jetzt auf und ging zum Öhi hinüber, der neben der Großmama saß und sich ausnehmend gut mit ihr unterhalten hatte. Er stand aber jetzt auch auf. Herr Sesemann ergriff seine Hand und sagte in der freundschaftlichsten Weise: »Mein lieber Freund, lassen Sie uns ein Wort zusammen sprechen! Sie werden es verstehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich seit langen Jahren keine rechte Freude mehr kannte. Was war mir all mein Geld und Gut, wenn ich mein armes Kind anblickte, das ich mit keinem Reichtum gesund und glücklich machen konnte? Nächst unserm Gott im Himmel haben Sie mir das Kind gesund gemacht und mir, wie ihm, damit ein neues Leben geschenkt. Nun sprechen Sie, womit kann ich Ihnen meine Dankbarkeit zeigen? Vergelten kann ich nie, was Sie uns getan haben, aber was ich vermag, das stelle ich zu Ihrer Verfügung. Sprechen Sie, mein Freund, was darf ich tun?«
     
    Der Öhi hatte still zugehört und den glücklichen Vater mit vergnügtem Lächeln angeblickt.
     
    »Herr Sesemann glaubt mir wohl, daß ich meinen Teil an der großen Freude über die Genesung auf unserer Alm auch habe; meine Mühe ist mir wohl dadurch vergolten«, sagte jetzt der Öhi in seiner festen Weise. »Für die gütigen Anerbietungen danke ich Herrn Sesemann, ich habe nichts nötig. Solange ich lebe, habe ich für das Kind und für mich genug. Aber einen Wunsch hätte ich; wenn mir der erfüllt werden könnte, so hätte ich für dieses Leben keine Sorge mehr.«
     
    »Sprechen Sie, sprechen Sie, mein lieber Freund!« drängte Herr Sesemann.
     
    »Ich bin alt«, fuhr der Öhi fort, »und kann nicht mehr lange hierbleiben. Wenn ich gehe, kann ich dem Kinde nichts hinterlassen, und Verwandte hat es keine mehr; nur eine einzige Person, die würde noch ihren Vorteil aus ihm ziehen wollen. Wenn mir der Herr Sesemann die Zusicherung geben wollte, daß das Heidi nie in seinem Leben hinaus muß, um sein Brot unter den Fremden zu suchen, dann hätte er mir reichlich zurückgegeben, was ich für ihn und sein Kind tun konnte.«
     
    »Aber, mein lieber Freund, davon kann ja niemals eine Rede sein«, brach Herr Sesemann nun aus. »Das Kind gehört ja zu uns. Fragen Sie meine Mutter, meine Tochter; das Kind Heidi werden Sie ja in ihrem Leben nicht anderen Leuten überlassen! Aber da, wenn es Ihnen eine Beruhigung ist, mein Freund, hier meine Hand darauf. Ich verspreche Ihnen: Nie in seinem Leben soll dieses Kind hinaus, um unter fremden Menschen sein Brot zu verdienen; dafür will ich sorgen, auch über meine Lebenszeit hinaus. Nun aber will ich noch etwas sagen. Dieses Kind ist nicht für ein Leben in der Fremde gemacht, wie auch die Verhältnisse
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