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Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Titel: Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)
Autoren: François Lelord
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Galeristen, Journalisten, Kuratoren – verglichen damit regiert an der Börse die Tugend!«
    »War Ihnen das schon lange klar?«
    »Oh, ich habe Kunden, die Kunstsammler sind … Wissen Sie, das ist ja auch eine gute Investition. Aber jetzt verstehe ich es noch viel besser.«
    »Da haben Sie bestimmt eine gute Lehrerin gehabt?«
    Tristan musste kurz auflachen. »Na ja, mehr als das. Für mich ist das eine ganz neue Geschichte …« Und dabei schaute er zu Olivia hinüber, die sich angeregt mit Ophélie unterhielt.
    Dann erzählte er Hector, wie er eines Tages aus der Sprechstunde gekommen war und Olivia gesehen hatte. Sie hatte auf der Bistroterrasse einen Kaffee getrunken, weil sie auf den Beginn ihrer Sitzung wartete, und plötzlich hatte Tristan Lust bekommen, sich mit ihr zu unterhalten, um ihr zu erklären, dass er kein Dreckskerl war.
    Hector aber musste sich fragen, ob zum Anbahnen großer Veränderungen im Leben sein Warteraum nicht vielleicht ein geeigneterer Ort war als das Behandlungszimmer.

Der zweifache Hector
    Später trafen sich Hector und Ophélie in einem Restaurant am anderen Seineufer wieder, denn Hector hatte keine Lust, anderen Gästen der Vernissage wiederzubegegnen. Er hatte beschlossen, mit Ophélie in Léons Restaurant zu gehen; der Galeriebesuch hatte ihn praktisch von der Furcht befreit, mit ihr in der Öffentlichkeit erblickt zu werden, und es hätte ihm sogar nichts ausgemacht, wenn der alte François sie zusammen gesehen hätte. Übrigens hatte Hector seinem Kollegen vorgeschlagen mitzukommen, aber der hatte gesagt, er sei schon verabredet, und Hector war plötzlich verlegen gewesen, weil er angedeutet hatte, er würde im Restaurant ein Tête-à-Tête mit Ophélie haben. Aber dann glaubte er im Blick und im Lächeln seines alten Freundes mit Erstaunen so etwas wie dessen Segen dazu zu lesen. Und doch kannte und mochte der alte François auch Clara!
    Hector wusste, dass sie bei ihrem nächsten Zusammentreffen darüber reden würden, aber jetzt war erst einmal der richtige Moment, um über Ophélie in Entzücken zu geraten. Sie war begeistert, mit Hector in diesem neuen Restaurant zu sein: Man hatte die Steinwände unverputzt gelassen, und die Deckenbalken waren noch sichtbar, aber die Möbel und der Fußboden waren aus rotem Holz, das direkt aus Asien gekommen zu sein schien. Das passte zu den Gerichten, die auf den ersten Blick sehr einfach und traditionell waren, aber auch eine Spur fernöstlicher Raffinesse zeigten: Wildschweinragout, aber mit Ingwer gewürzt, Lammrücken mit Wasabi … Auch die Weinkarte war ungewöhnlich, denn außer den Klassikern aus der Region von Bordeaux, der Bourgogne und dem Loiretal gab es sorgfältig ausgewählte Weine von Gütern aus dem Languedoc. Ophélie ließ sich vom Sommelier einen Chardonnay empfehlen, während Hector dem roten Sancerre treu blieb.
    Aber trotz des gedämpften Lichts, der hübschen weißen Tischdecke und des bezaubernden Anblicks von Ophélie, die vor dem Hintergrund der alten Steine so schön war wie eine Ikone, war Hector melancholisch zumute.
    Clara würde bald zurückkommen, und er wusste, dass er nicht mehr imstande sein würde, sich weiterhin mit Ophélie zu treffen, wenn seine Frau wieder da war. Nicht, dass er nicht gewusst hätte, wie man so etwas verheimlicht: Hectors abenteuerliche Junggesellenzeit war nicht frei gewesen von geschickt verschleierten Seitensprüngen – aber das war der Sturm und Drang der Jugend gewesen. Er wusste, dass sein Herz dazu mittlerweile nicht mehr imstande sein würde.
    Er liebte Clara, er konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen, und er wusste, er würde sich nicht aus ihren Armen lösen können, um zu Ophélie zu gehen – oder umgekehrt.
    Zugleich sagte er sich, dass Ophélie gewiss sein letztes Liebesabenteuer war, und dieser Gedanke war nicht gerade Balsam für seine Midlife-Crisis.
    »Du siehst so nachdenklich aus«, sagte Ophélie.
    »Ich denke an uns.«
    »Also wirklich – und das macht dich nicht fröhlich?«, sagte Ophélie und lachte so sehr, dass man alle ihre hübschen Zähne sehen konnte.
    »Nein, nein, ich bedaure nur, nicht dasselbe Gericht wie du gewählt zu haben …«
    Ophélie musste über Hectors Ausweichmanöver lächeln, aber sie wusste gut, dass Hector aus anderen Gründen melancholisch gestimmt war – aus ernsthaften Gründen, denen sie in ihren Gesprächen immer ausgewichen waren.
    »Doktor!« Aus dem Hintergrund des Gastraumes trat Léon auf sie zu,
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