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Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)

Titel: Hector fängt ein neues Leben an: Roman (Hector Abenteuer) (German Edition)
Autoren: François Lelord
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ungesundem Zeug vollzustopfen, von dem sie fett werden!«
    »Aber solche Getreideprodukte …«
    »Viel Getreide ist da nicht mehr drin, dafür umso mehr Zucker und Fett! Versuchen Sie doch mal, richtige Haferflocken mit nichts als ein wenig Milch zu essen!«
    »Das nennt man Porridge«, warf Hector ein.
    »Ja, aber wer isst das heute noch? Nicht mal meine eigenen Kinder kriege ich dazu überredet!«
    Denn Sabine hatte nicht nur Erfolg im Beruf, sondern auch zwei Kinder und einen Ehemann, der Tennislehrer war. An manchen Tagen aber hätte sie am liebsten ihren Koffer gepackt und sie alle sich selbst überlassen.
    »Ich habe den Eindruck, dass mein Leben auf eine Weise verläuft, die mir nicht gefällt, und ich will einfach nicht so weitermachen!«
    » Wie weitermachen?«
    Sabine hatte sich ereifert, Tränen waren ihr in die Augen gestiegen.
    »Im Grunde reagiere ich die ganze Zeit nur auf die Bedürfnisse der anderen. Meiner Vorgesetzten, meiner Kinder, meines Mannes, meiner Eltern! Manchmal frage ich mich, wo ich denn eigentlich bleibe, worauf ich wirklich Lust habe. Darf ich nicht auch mal darüber nachdenken? Was meinen Sie?«
    »Nun«, sagte Hector, »dann mal los!«
    »Doktor, könnte das nicht die Midlife-Crisis sein?«
    »Was bedeutet das für Sie – Midlife-Crisis ?«
    »Na ja, zunächst mal, dass ich den Eindruck habe, in der Mitte meines Lebens angekommen zu sein. Dass ich mehr darüber nachdenke als sonst.«
    »Warum ist das Ihrer Meinung nach so?«
    »Da reicht schon ein Blick auf mein Geburtsjahr. Unlängst bin ich vierzig geworden.«
    »Sonst ist da nichts?«
    »All die Scheidungen um mich herum … Und dann ist eine Freundin von mir krank geworden und …« Sabine konnte den Satz nicht beenden, sie zog ein Papiertaschentuch hervor und wischte sich die Augen.
    Hector begriff, dass sie erlebt hatte, wie eine gleichaltrige Freundin gestorben war. Eine solche Erfahrung bereitet uns nicht nur viel Kummer, sondern lässt uns auch sehr nachdrücklich an unsere eigene Sterblichkeit denken und an die verrinnende Zeit.
    »Also, Doktor, sieht das einer Midlife-Crisis nicht sehr ähnlich?«
    »Ja, zumindest dem, was man landläufig Midlife-Crisis nennt.«
    Hector empfahl Sabine, eine Liste mit allem zu machen, was ihr bei der Arbeit nicht gefiel, und außerdem eine zweite Liste, auf der stand, was ihr Mann an seinem Verhalten ändern sollte.
    Was die Arbeit betraf, so hatte er schon verstanden, welchem Stressfaktor Sabine ausgesetzt war: einem Konflikt zwischen ihren eigenen Wertvorstellungen und denen der Firma – es war ein bisschen so, als würde sie als Pazifistin für ein Rüstungsunternehmen arbeiten.
    In den letzten Jahren hatte Sabine immer stärker auf eine Ernährung mit Naturprodukten geachtet, und das stand wirklich im Widerspruch zu den bunten Packungen, deren Verkaufszahlen sie steigern musste. Vielleicht konnte sie ja ihre Sicht auf die Dinge ein wenig ändern – Cornflakes zu verkaufen war immerhin noch besser, als für einen Zigaretten- oder Alkoholfabrikanten zu arbeiten.
    »Und es ist nicht nur meine Arbeit, die mich so belastet. Manchmal ist es auch mein Mann …«
    Was den Mann anging, so gab es zwei gängige Methoden, um Sabine zu helfen – entweder sie lernte, sich so auszudrücken, dass ihr Mann künftig mehr Verständnis zeigte, oder sie akzeptierte, dass er das blieb, was er immer gewesen war: ein reichlich fauler Bursche, der nur Eifer an den Tag legte, wenn es um Sport ging oder darum, mit seinen Kumpels um die Häuser zu ziehen. Am Anfang hatte Sabine das sogar anziehend gefunden, aber inzwischen fand sie es längst nicht mehr so bestrickend, vor allem wenn sie sich klar machte, dass sie nicht nur den anstrengenderen und besser bezahlten Job hatte, sondern außerdem noch den Großteil des Haushalts schmeißen musste.
    (Sie werden jetzt vielleicht denken, dass Hector nicht besonders ehrgeizig ist, aber wenn Sie spektakuläre Ergebnisse wollen, wenden Sie sich lieber an einen Chirurgen – der löst Probleme manchmal einfach, indem er sie entfernt .)
    Mit einem Mal fühlte sich Hector sehr müde. Als er Sabines erwartungsvollem Blick begegnete, musste er sich sehr zurückhalten, um ihr nicht zu sagen: »Werfen Sie Ihre Arbeit hin! Geben Sie Ihrem Kerl den Laufpass! Sie werden sehen, dann wird alles viel besser!«
    Aber nein. Wenn das vielleicht auch die richtigen Entscheidungen für Sabine waren, musste er ihr doch helfen, selbst dorthin zu gelangen, indem er ihr erst die
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