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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross
Autoren: Ditto Beth
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Und wenn das nicht funktioniert, dann konzentriere dich auf die Sekunden, aber mach weiter.« Und das funktionierte. Weil Akasha es gesagt hatte. Weil sie wusste, wie ich aufgewachsen war und womit ich zu kämpfen hatte. Und weil sie ansonsten eine schweigsame Frau ist, bedeuteten mir ihre Worte sehr viel.
    Ich wusste also, dass ich mich selbst um mein Glück kümmern musste. Ich erinnerte mich immer wieder an den Ratschlag meiner Schwester: »Woche, Tag, Stunde, Minute, Sekunde. Mach weiter.« Ich unternahm die Schritte, die nötig waren, um geistig gesund zu bleiben. Man muss sich dem Schmerz stellen, damit die Wunden heilen.

DREIUNDZWANZIG
    23
    2005 STIEG KATHY BEI GOSSIP AUS. Das war herzzerreißend. Unsere Lebenswege liefen in sehr unterschiedliche Richtungen. Das war der traurigste Moment überhaupt. Das unstete Bandleben wurde Kathy zu viel, sie brauchte einen Job. Einen richtigen Job, auf den sie sich verlassen konnte und der ihr sicher war. Nathan und ich waren diese Rastlosigkeit so gewohnt, dass es uns gar nicht mehr auffiel. Aber bei Kathy hatte sich einiges aufgestaut. Sie ist mit Sternzeichen Jungfrau und wollte die Unsicherheit und die Entbehrungen, die ihre Kindheit geprägt hatten, nicht in ihrem Erwachsenenleben haben. Kathy brauchte festen Boden unter den Füßen. In einer Underground-Punk-Band Musik zu machen ist keine Erfahrung, die einen unbedingt erdet.
    Während Kathy die Unbeständigkeit ihres Alltagslebens zu schaffen machte, blieb ich weiterhin meiner emotionalen Instabilität ausgeliefert. Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus und einem weiteren Nervenzusammenbruch beschloss ich, dass mein Leben einen Sinn brauchte, ein Ziel, das ich mit aller Kraft verfolgen wollte. Und was hätte mehr Sinn in mein Leben bringen können als Gossip? Ich widmete mich erneut den Tourneen, die Musik wurde mein Lebensinhalt. Der Umzug in eine neue Stadt und meine gesundheitlichen Probleme hatten so viel Energie gekostet, dass ich die Band ein bisschen aus den Augen verloren hatte. Movement war noch kein Jahr draußen, wir waren auf Tour gewesen und hatten gerade eben ein Livealbum veröffentlicht, Undead in NYC . Zudem hatten wir mit den Aufnahmen für ein neues Album begonnen und bereits ein paar Songs geschrieben, die sehr vielversprechend klangen. Aber als die Band sich in Portland einlebte und ich so viel Mühe hatte, mit mir selbst zurechtzukommen, musste vorläufig erst einmal alles andere warten. Seit Monaten hatten wir uns nicht mehr alle zusammen zum Proben getroffen, und es gefiel mir nicht, wie weit ich mich von der Musik entfernt hatte. Besonders jetzt, wo ich mich zutiefst verunsichert fühlte, brauchte ich etwas, auf das ich mich ganz sicher verlassen konnte. Wenn ich schon mein Leben nicht hundertprozentig in den Griff bekam, so würde ich es doch zumindest in den Dienst dieser Band stellen können, die mich so glücklich gemacht hatte. Vielleicht würde mich das retten.
    Als wollte das Universum selbst bestätigen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, luden uns Le Tigre ein, mit ihnen auf Tour zu gehen. Endlich sollte ich Kathleen Hanna kennenlernen! Aber Kathy wollte nicht. Sie sagte, noch eine Tournee und die Sorge, nach Hause zurückzukehren und das komplette Leben neu zusammenflicken zu müssen, sei ihr zu viel. Sie hatte keine Lust mehr, so zu leben. Und deshalb mussten Nathan und ich ihr sagen, dass wir ohne sie weitermachen würden. Man könnte behaupten, dass wir sie aus der Band geworfen haben, aber so kam es uns gar nicht vor. Für uns war es eine Entscheidung zwischen Gossip und unseren miesen Jobs in der Pizzeria oder bei McDonald’s, denn das war alles, was wir außer der Musik hatten. Ganz im Ernst: Nathan arbeitete zu der Zeit wirklich bei McDonald’s, und auch für mich war die Entscheidung klar – ich wollte lieber das chaotische Leben in einer Band führen und ständig unterwegs sein, als in Portland Depressionen zu schieben und für einen Hungerlohn in irgendwelchen Scheißläden zu arbeiten. Wir nahmen uns vor, so viel wie möglich zu touren, aber Kathy wollte nicht mitziehen.
    Â»Es funktioniert nicht, diese Jobs anzunehmen und dann ständig wieder kündigen zu müssen«, sagte Kathy. Und sie hatte recht. Es war langweilig geworden, wir hatten alle die verschiedensten Jobs gehabt und wieder sausen lassen. Nach jeder Rückkehr wurde es schwieriger,
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