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Havelwasser (German Edition)

Havelwasser (German Edition)

Titel: Havelwasser (German Edition)
Autoren: Jean Wiersch
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gewissen Komik. Kerstin Manzetti musste ein Lachen unterdrücken und winkte Lara zu sich, um sie zu trösten.
    Ganz leicht nur stieg ein Unwohlsein in Manzetti auf, aber er versuchte es zu verdrängen. Er wusste wohl, dass er Paola der älteren Tochter vorzog. Sie war sein Liebling, das war nun mal so, obwohl er auch Lara liebte, wie nur ein Vater eine Tochter lieben kann. Manchmal, besonders dann, wenn Lara ihre kleine Schwester mit traurigen Augen ansah, merkte er, dass er wieder einmal ungerecht gewesen war. Aber Kerstin verstand es in solchen Situationen blendend, die mangelnde soziale Kompetenz ihres Mannes auszugleichen.
    Im Arbeitszimmer setzte er Paola auf seinen Schoß und legte die Arme um sie. „Was hast du denn so Dringendes auf dem Herzen?“
    „Papa“, prustete sie sofort mit weit aufgerissenen Augen los. „Die blöde Lisa. Und Alex ist auch blöd.“
    Manzetti war erschüttert, denn jegliche Vornehmheit der künftigen Frau von Buren war momentan dem Hass auf die Nebenbuhlerin gewichen. Deshalb hielt er es für ratsam, den Redefluss der offensichtlich von Eifersucht getriebenen Paola nicht zu unterbrechen.
    „Weißt du, was die gemacht haben?“, fragte sie und sah, wie ihr Vater mit dem Kopf schüttelte, obwohl er es bereits ahnte.
    „Hinter dem Klettergerüst, wo es auch Nina sehen konnte. Weißt du, was die gemacht haben?“ Paola unterstrich ihre Empörung mit ausladenden Armbewegungen und hätte ihren Vater fast am Kinn getroffen. Der bewegte seinen Kopf noch immer verneinend hin und her.
    „Die haben voll geknutscht.“ Dann saß sie steif wie eine Keramikpuppe und kniff ihre grünen Augen wütend zusammen.
    „Nein!“ Manzetti zog jeden der vier Buchstaben in die Länge und legte schließlich die rechte Hand vor seinen Mund. Er war bereit, die Empörung seiner Tochter zu teilen, und zog als Beleg dafür ebenfalls die Augen zu Schlitzen zusammen.
    „Doch!“, sagte seine kleine Maus, und dabei wich jegliche Spannung aus dem winzigen Körper, Tränen begannen über ihre Wangen zu kullern.
    „Das ist doch nicht so schlimm, Prinzessin. Der ist sowieso nichts für dich, weil der ja überhaupt keine Ahnung von Frauen hat. Glaub es mir.“
    „Warum?“ Paolas Blick war noch immer verschwommen.
    Er küsste ihre Stirn und antwortete dann: „Guck mal. Heutzutage stehen braunhaarige Frauen hoch im Kurs. Das sind die schicksten von allen. Nicht die Rothaarigen. Alex scheint das nicht zu wissen.“ Nach einer kurzen Pause setzte er noch einen drauf: „Der ist doch von gestern, sonst hätte er dich genommen und nicht Lisa.“
    Paola griff nach einer ihrer Locken und hielt sie vor die Augen. „Meinst du wirklich?“
    „Natürlich. Ich kenne mich mit den Frauen aus. Die Braunhaarigen sind Klasse, nicht die Rothaarigen. Ehrenwort.“ Manzetti hob zwei Finger zum Schwur.
    „Und Mama?“
    „Das ist ganz was anderes“, antwortete er gut vorbereitet, denn zu dieser Frage hatte er Paola eigentlich genötigt. „Mamas Haare sind gefärbt. Eigentlich ist sie auch braunhaarig.“
    Seine Tochter blickte ihn noch ein wenig ungläubig an, war aber erst einmal beruhigt und rutschte von seinem Schoß. „Gott sei Dank, Papa. Ich dachte schon, dass ich gar keinen mehr abkriege. Dann nehme ich mir eben Paul. Der redet auch nicht so viel.“
    Oh Gott, dachte Manzetti und schaute seiner Tochter zu, wie sie ins Esszimmer verschwand. Nun ja, es war vielleicht nicht unbedingt nötig, deshalb gleich den lieben Gott anzurufen. Dann fiel ihm wieder sein Chef ein, der darum beten wollte, dass der Tote aus der Havel nicht Opfer eines Verbrechens gewesen sein möge. Nach einigen Sekunden, gerade als er sich aus dem Sessel erheben wollte, durchfuhr ihn blitzartig ein Gedanke. Claasen hatte ihn, ohne es zu wissen, vielleicht auf die richtige Spur gebracht. Beten!
    Er griff zum Telefon, wählte die Nummer der Polizeidirektion und wurde, jetzt nach Feierabend, automatisch mit dem Dauerdienst verbunden.
    „Was können wir für Sie tun, Herr Hauptkommissar?“ Es war die Stimme von Obermeister Köppen, einem noch jungen, aber schon abgeklärten Beamten.
    „Rufen Sie bitte alle Pfarrämter und Klöster in der näheren Umgebung an und fragen dort nach, ob die jemanden vermissen, auf den die Beschreibung unseres Toten passt.“ Manzetti lehnte sich in seinen Stuhl zurück, während er auf die Bestätigung seiner Anweisung wartete.
    „Ja, geht in Ordnung. Und wenn ich kein positives Ergebnis erhalte?“
    „Sie werden eins
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