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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah
Autoren: Julia Crouch
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sich allein hatten, solange ihre Mutter in Trout Island war und dort auf Ollys Prozessbeginn wartete.
    Die letzten acht Monate waren für sie alle sehr merkwürdig gewesen. Daran änderte auch der unverhoffte Reichtum nichts, zu dem sie dank Stephen gekommen waren. Er hatte Lara sein gesamtes Vermögen vermacht. Aber immerhin hatte ihnen das Geld in vielerlei Hinsicht geholfen, und nicht nur weil sie sich jetzt mehr Luxus leisten konnten. Die bislang größte Summe, nach Krankenhaus- und Anwaltsrechnungen, hatte die Therapie verschlungen, die sie alle – einschließlich Sean – angefangen hatten. Bella fand, dass sie ganz gute Fortschritte machte, obwohl es nach wie vor Dinge gab, über die sie niemals mit irgendwem reden würde, auch nicht mit einem Psychiater.
    »Rufst du Marcus an und sagst es ihm und Selina?«, fragte Lara.
    »Klar rufe ich Dad an«, versprach Bella. Ihr Vater – sie konnte nicht anders von ihm denken – war nach dem ganzen Fiasko zurück nach England gezogen. Natürlich war er unglaublich wütend auf ihre Mum gewesen, als die Wahrheit ans Licht gekommen war, und eine Zeitlang hatte er weder mit Lara noch mit ihr und Olly irgendwas zu tun haben wollen – nicht mal mit Jack, dem Armen. Aber Selina, die er heiraten wollte, sobald die Scheidung durch war, hatte sich als großartige zukünftige Stiefmutter entpuppt. Sie hatte ihn so lange bearbeitet, bis er Bella, Sean und Jack erlaubt hatte, über Ostern nach England zu fliegen und ihn zu besuchen. Es war gar nicht so anstrengend gewesen, wie Bella befürchtet hatte. Ihrem Dad ging es gut. Er hatte eine Hauptrolle in einer neuen Fernsehserie bekommen, von der er behauptete, sie würde der nächste große Quotenhit auf Channel Four werden.
    »Ich hatte heute ein sehr erfreuliches Gespräch mit Mickelberg«, fuhr ihre Mutter fort, während Bella Mappe und Handy wechselte, um ihre schmerzende Schulter zu entlasten.
    »Ach ja?« Bella gab sich Mühe, neutral zu klingen. Mickelberg war Ollys Strafverteidiger. Einer der besten des Landes.
    »Er ist davon überzeugt, dass der Fall vor Gericht abgewiesen wird. Es ist ja klar, dass Olly dachte, Stephen wollte auf dich und Jack schießen, und im Staate New York reicht das als Rechtfertigungsgrund. Das Crystal Meth und der unerlaubte Waffenbesitz werden ihm allerhöchstens zwei Jahre einbringen, und da er bereits sechs Monate davon abgesessen hat, haben wir unseren Oll in weniger als achtzehn Monaten wieder.«
    »Toll«, sagte Bella und musste ihre Enttäuschung herunterschlucken. Sie wollte von alldem nichts hören. Schon gar nicht heute, nach ihrem Erfolgserlebnis an der New York Academy of Art – etwas, das nach den letzten elenden acht Monaten zum ersten Mal wieder eine glücklichere, freiere Zukunft für sie verhieß.
    Sie hatte gehofft, Olly und den ganzen Dreckhaufen für die nächsten paar Jahre vergessen zu können.
    Sie stand an der Ecke der West Fourth Street und wartete darauf, dass die Fußgängerampel endlich auf Grün sprang. Vielleicht war es doch an der Zeit, sich mit der Sache auseinanderzusetzen, ob nun mit Psychiater oder ohne.
    »Mum, ich –«, begann sie, aber dann hörte sie durch die Telefonleitung, wie jemand an die Tür des Hauses in Trout Island klopfte und Hund aufgeregt zu bellen begann.
    »Oh, das ist bestimmt Gina«, erklärte ihre Mutter. »Ich muss jetzt auflegen. Aber gut gemacht, mein Schatz. Ich bin unheimlich stolz auf dich.«
    »Aber –«
    »Was denn?«
    »Ach, egal.«
    Bella steckte ihr Handy in die Tasche und wunderte sich darüber, dass ihre Erleichterung, unterbrochen worden zu sein, viel größer war als ihre Enttäuschung. Sie ging den Broadway hinauf, um für ihren Freund etwas zu essen zu besorgen.
    Lara legte das Telefon weg und griff nach ihren Krücken. Selbst nachdem ihr Bein über Monate hinweg innen wie außen von diversen Metallteilen zusammengehalten und im Anschluss daran mehrere Wochen lang in einer steifen Gehhilfe aus Schaum eingesperrt worden war, konnte es ihr zwischenzeitlich immer größer werdendes Gewicht noch nicht tragen.
    Sie stolperte fast über Hund, als sie zur Haustür humpelte und die Hochsicherheitsschlösser entriegelte. Jede Menge Schlösser – das war ihr ausdrücklicher Wunsch an die Architekten gewesen, die sie mit der zügigen Renovierung des Hauses in Trout Island beauftragt hatte.
    Sie öffnete die Tür. Hund, der bekannte Gesichter erspäht hatte, rannte zwischen den Besuchern hin und her, während diese ihm auf
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