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Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger
Autoren: Christine Nöstlinger
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kein Hinweis auf die Aufgabe zu entnehmen. So geht die Mama ans Telefon und ruft bei der Mutter vom Michi an und erkundigt sich nach der Aufgabe.
    Die begonnene Ze ichnung sei fertigzumachen, erfährt sie.
    Die Mama entleert die Schultasche komplett und findet
    trotzdem keine Zeichnung. »Burli, die hast du wieder einmal in der Schule vergessen«, stöhnt sie.
    Sie stopft den Burli in Schuhe und Janker, stülpt ihm die Mütze über und eilt mit ihm zur Schule, zum Schulwart.
    Dem erklärt sie die Sache, und er läßt sie in die Klasse. Im Pult vom Burli sind eine Brotrinde und ein Taschentuch, aber keine Zeichnung.
    »Der Nachbar wird's eingesteckt haben«, mutmaßt der
    Schulwart.
    Die Mama verläßt die Schule und löchert den Burli nach der Adresse vom Sitznachbarn. Der Burli weiß, daß der Otti im Gemeindebau wohnt.
    Die Mama eilt dorthin. Dreizehn Namenstafeln an diversen Stiegen studiert sie, dann wird sie fündig. Mit dem
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    Lift geht's hoch, an einer Tür wird geklingelt, aber der Otti lehnt es ab, Burlis Zeichnung zu haben.
    Die Mama stammelt Entschuldigungen und kehrt -samt Burli -
    geschlagen nach Hause zurück.
    Beim Haustor treffen sie den Xandi, und der sagt der Mama, daß der Burli seine Zeichnung schon in der Schule
    fertiggemacht und abgegeben hat.
    Da fällt der Mama ein Stein vom Herzen! Was ja nicht weiter verwunderlich ist. Verwunderlich ist nur, welche Sorte von Steinen Mütter am Herzen tragen können.
    Es wäre schon übertrieben, würde der Burli um eine
    verschollene Zeichnung einen Spektakel inszenieren.
    Daß aber die Mama Burlis Agenden zu den ihren macht und hinter einem DIN-A4-großen Ölkreidenmann herjappelt, als ginge es ans Leben, ist heller Wahnwitz; der allerdings mit
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    schöner Regelmäßigkeit vielerorten im Lande von
    treusorgenden Mamas veranstaltet wird.
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    Kinder lieben Kitsch
    Ein relativ kleines, aber doch ziemlich lästiges Problem ist in vielen Familien der makabre Schönheitssinn von Kindern.
    Kinder lieben Kitsch!
    Einen Plastikgartenzwerg finden sie wesentlich schöner als die Venus von Milo. Einem Abziehbild mit schweins-rosa Rosen geben sie den Vorzug vor einer Emailminiatur aus dem
    Biedermeier.
    Da Kinder aber mit der Venus von Milo und
    Biedermeierminiaturen wenig zu schaffen haben, wirkt sich das kaum auf das Zusammenleben mit ihren Eltern aus.
    Aufgeschlossene Eltern nehmen es auch lächelnd hm, daß ihr Kind nicht nach der edlen Kalbsledermappe für die Schulhefte giert, sondern nach einem regenbogenfarbenen Plastikungeheuer mit einem silbernen Batman drauf.
    Schwieriger wird die Sache schon, wenn es um Kleidung geht.
    Man will seine Kinder ja nicht unterdrücken! Man will ihnen ja den eigenen Willen lassen!
    Aber muß man da wirklich soweit gehen, daß man seiner
    kleinen Tochter - genau nach Wunsch - einen zitronengelben Rock mit rosa Zickzackstreifen häkelt und orangenfarbene Noppen in die Streifen einarbeitet?
    Und wenn man sich schon zu diesem Wahnsinnswerk hergibt, muß man mit einem derart gekleideten Kind auch außer Haus gehen? Oder darf man sagen: »Wenn du mit mir fortgehst, zieh bitte etwas anderes an!«
    Noch schwieriger wird die Sache, wenn es um Anschaffungen geht, die viel Geld kosten. Etwa um eine neue
    Kinderzimmertapete. Gut zwanzig modische, ästhetisch
    einwandfreie Tapetenmuster bieten wir und der Verkäufer dem Kind an, doch das Kind greift gierig nach einem bordeauxroten Samtimitat mit Goldprägung. »Die ist am schönsten!« sagt es.
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    Nur sehr großzügige Eltern beschließen dann, daß es gutes Recht ihres Kindes sei, in einer bordellroten Kitschkammer zu hausen!
    Ganz schwierig wird die Angelegenheit, wenn die lieben Kleinen schenken, was ihrem Geschmack entspricht. Geschenke von Kindern soll man besonders ehren! Aber ehre einer eine Urne, die mit kleinen Müschelchen beklebt ist und als
    Blumenvase dienen soll. Aber hänge sich einer eine Kette um den Hals, die aus den Restbeständen einer Kronlusterfabrik aufgefädelt wurde!
    Beim Problem Kinderkitsch kontra Erwachsenenästhetik ist die einzige Lösung: abwarten! In ein paar Jahren ändert sich die Lage. Da belächeln dann die großgewordenen Kleinen unseren Pulli und unsere Tapete und murmeln: So ein Kitsch!
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    Schmalzsemmeln mit Schoko-Streusel
    Kinder haben, wenn es um Nahrung geht, oft recht sonderbare Neigungen. Diese Neigungen sind einerseits eine r aktuellen Mode unterworfen. Sonst könnte es nicht sein, daß plötzlich fast alle Kinder nach
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