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Haus des Schreckens

Haus des Schreckens

Titel: Haus des Schreckens
Autoren: Marco Sonnleitner
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konnte man das Bauwerk dort drüben auf der Insel gut erkennen, zumal der See nicht allzu groß war. Das Anwesen musste riesig sein. Die mächtige Fassade nahm fast die Hälfte der Insel ein, Dutzende von Türmchen, Erkern, Giebeln, Kuppeln, Balkonen und Balustraden hoben sich vor dem trüben Hintergrund ab, hunderte von Fenstern schickten ein mattes Funkeln über den See, und außen herum lag ein ausgedehnter Garten, dessen Pracht jedoch im Moment im grauen Einerlei unterging.
    In schweigendem Staunen stiegen alle ins Boot. Lowell wartete, bis der Letzte an Bord war, und löste dann die Haltetaue. Danach warf er den Elektromotor an und tuckerte leise über den See.
    Je näher sie dem Haus kamen, desto beeindruckender wurde es. Drei Stockwerke hoch erhob es sich auf der Insel, wobei es so verwinkelt und verschachtelt gebaut war, dass man kaum sagen konnte, wo das eine Stockwerk aufhörte und das andere anfing. Als das Boot schließlich an der Anlegestelle der Insel festmachte, nahm die Front des Gebäudes beinahe das gesamte Gesichtsfeld der Ankömmlinge ein.
    »Da sind wir! Marriotts Island!«, verkündete Lowell. Er sprang auf den Kai und machte eine ausladende Geste.
    Noch immer sagte keiner etwas. Jeder war vor allem mit Staunen beschäftigt und wusste gar nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Justus fiel allerdings auf, dass sich Scavenger am wenigsten beeindruckt zeigte. Seine Gelassenheit konnte auch solch ein imposantes Bauwerk nicht erschüttern.
    »Hier entlang, bitte!« Lowell betrat einen kleinen Kiesweg, der sich vom Ende des Stegs in sanften Windungen Richtung Haus schlängelte. Die Gruppe durchquerte den Garten, vorbei an bizarren Gewächsen, verwunschenen Tümpeln und Gnomen und Trollen, die als Gartenskulpturen dienten und im verschwommenen Dämmerlicht erschreckend lebendig aussahen.
    »Ian!«, piepste Mary und klammerte sich noch fester an ihren Mann.
    Aber auch Shawne und Jaqueline sah man an, dass sie sich im Moment nicht allzu wohl fühlten. Nolan, Kittle und Scavenger dagegen verzogen keine Miene.
    Kurz bevor sie das Anwesen endlich erreicht hatten, passierten sie noch einen großen, runden Pavillon, der nur wenige Meter von der östlichen Hauswand entfernt stand. Viele der soliden, präzise gearbeiteten Holzbohlen wiesen an ihren Enden kunstvolle Schnitzereien auf, und auf dem roten Schindeldach thronte ein lebensgroßer Pfau aus Messing.
    »Ist das dieses Pfauenhaus, von dem ich gelesen habe?«, wollte Nolan von Lowell wissen.
    »Das war es, ja«, bestätigte Lowell. »Mrs Marriott liebte diese Vögel, und zu ihren Lebzeiten liefen fast ein Dutzend tagsüber frei im Garten herum. Nachts brachte man sie dann immer in diesem Pavillon unter. Heute halten wir allerdings nur noch ein paar Zierhühner, Seiden- und Sultanhühner vor allem. Um diese Zeit sind die schon alle im Pavillon, aber vielleicht sehen wir morgen früh ein paar davon.« Er wies auf eine kleine Klappe am unteren Ende der Eingangstür. »Sie können nach Belieben rein- und rausgehen.« Die Gruppe warf einen letzten Blick auf den prächtigen Hühnerstall und wandte sich wieder dem Haus zu.
    »Warum sind die Fenster eigentlich alle vergittert?« Kittle wies auf die schmiedeeisernen Gestänge, die vor sämtlichen Fenstern des Hauses angebracht waren.
    »Einbrecher«, sagte Lowell. »Anders können wir das Haus hier auf der Insel kaum vor ihnen schützen. Es ist ja nicht immer jemand hier.«
    Endlich waren sie am Eingang angekommen. Die Gruppe drängte sich vor einer mächtigen Tür aus massivem Eichenholz. Das Türblatt zierten kunstfertige Einlegearbeiten, die ein Gewehr und ein überdimensionales M darstellten. Darunter befand sich ein schwerer Türklopfer in Gestalt eines gehörnten Fauns. Links und rechts der Tür grinsten sie zwei fratzenhafte Fantasiefiguren aus Marmor an.
    Lowell nestelte einen Schlüssel aus seiner Tasche und führte ihn zum Schlüsselloch. Einen Moment zögerte er noch, doch dann steckte er den Schlüssel hinein und drehte ihn um.
    In diesem Moment ertönte ein grauenvoller Schrei aus dem Inneren des Hauses.

Das Haus der Geister
    »O Gott!« Mrs Parsley krallte sich nun auch noch an Peter fest.
    Auch Shawne und Jaqueline erschraken heftig, Mr Parsley fiel die Zigarette aus dem Mund, und selbst Nolan und Kittle zuckten kurz zusammen. Nur Scavenger blieb die Ruhe in Person. Justus schürzte bewundernd die Lippen. Der Mann schien Nerven wie Drahtseile zu haben.
    »Noch ist Zeit umzukehren.« Lowell sprach
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