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Hauch der Verdammnis

Hauch der Verdammnis

Titel: Hauch der Verdammnis
Autoren: John Saul
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bezahlen, und er fragte, ob Katharine vielleicht Interesse habe.
    Immer wieder betrachtete sie die Bilder und studierte den Fundort, der unter einer dichten Vegetationsschicht entdeckt worden war.
    Sie war bereits in die Museumsbibliothek gegangen und hatte die Fotos mit allen anderen Bildern von hawaiianischen Fundstellen verglichen.
    Es gab nichts Vergleichbares.
    Sie konnte den Fundort nur dann richtig analysieren, wenn sie ihn sah.
    Wieder einmal schob sie das langweilige graue Fossil beiseite, zusammen mit den ebenso langweiligen Fotos der Ausgrabungsstelle, und betrachtete die Bilder von der Stelle auf Maui.
    Der Fundort selbst schien nichts weiter als eine Ansammlung von großen Steinen zu sein. Er war von einem üppigen Wald mit riesigen Bäumen und blühenden Büschen und Ranken umgeben. Auf einigen Bildern sah man in der Ferne das schimmernde Türkis des Pazifischen Ozeans, auf anderen erkannte man, wie sich ein Wasserfall in einen kristallklaren Teich ergoß. All das wirkte in seiner Schönheit so unirdisch, als hätte ein Filmarchitekt aus Hollywood seine Vorstellungen vom Paradies verwirklicht.
    Hatte Rob ihr vielleicht mit voller Absicht diese verführerischen Einblicke in den Garten Eden gewährt, in dem der Fundort lag?
    Und warum verlor sie sich überhaupt in Tagträumen von tropischen Blumen und Passatwinden? Schließlich ging es um die Ausgrabungsstelle.
    Doch während ihr Blick durch den fensterlosen Würfel in der düsteren Höhle wanderte, die sie ihr Büro nannte, und sie daran dachte, wie trübe das Wetter war, wusste sie genau, warum die üppige Natur, die Rob Silvers Fund umgab, sie genauso anzog wie seine Entdeckung selbst.
    Noch einmal nahm sie den Brief in die Hand.
    Dreißigtausend Dollar.
    Rob Silver bot ihr dreißigtausend Dollar, wenn sie drei Monate mit ihm auf Maui arbeitete.
    Plus Spesen.
    Sie erinnerte sich an das frustrierende Gespräch, das sie letzte Woche mit dem Museumsdirektor geführt hatte. Ihre Mittel sollten um dreißig Prozent gekürzt werden.
    Die Beihilfe der National Science Foundation, mit der sie gehofft hatte, im Sommer wichtige Feldarbeit durchführen zu können, war »bewilligt, aber noch nicht finanziert«.
    Also bestand ihre Zukunft, abgesehen von dem Angebot auf ihrem Schreibtisch, aus dem folgenden: keiner Feldarbeit und einem praktisch nicht mehr existenten Budget.
    Das Problem war allerdings, dass Rob Silver sie bereits zum Ersten des kommenden Monats brauchte. Länger konnte er den Posten nicht unbesetzt lassen. Sie würde Michael von der Schule nehmen müssen - und damit aus dem Leichtathletikteam, für das er in letzter Zeit eine solche Begeisterung entwickelt hatte -, und das würde ihm wahrscheinlich gar nicht gefallen. Nun, vielleicht würden sich seine Einwände in Luft auflösen, wenn sie ihm erzählte, wohin sie gehen sollten.
    Sie griff zum Hörer und rief den Direktor an. »Ich möchte Urlaub nehmen«, sagte sie. »Für drei Monate.« Sie zögerte kurz. »Unbezahlten, natürlich.« Als sie fünf Minuten später wieder auflegte, fragte sie sich, ob Michael genauso leicht wie der Direktor zu überreden war.
    Aber als sie am Nachmittag nach Hause kam und die Wunde am Arm ihres Sohnes sah sowie den hässlichen gelb-blauen Fleck, der sein schmerzhaft geschwollenes linkes Auge umgab, wusste Katharine, dass die Entscheidung gefallen war. New York für drei Monate hinter sich zu lassen war genau das, was sie beide brauchten.

KAPITEL 2
     
    Als die 747 bei ihrem Anflug auf Honolulu langsam tiefer ging, schreckte Pedro Santiago hoch. Er hatte nicht vorgehabt, während des Fluges zu schlafen. Seit ihm der verschlossene Louis-Vitton-Kosmetikkoffer von dem Mann in Manila übergeben worden war, hatte er fest vorgehabt, während der Reise nach Hawaii äußerst wachsam zu bleiben. Eigentlich hatte er ja auch nicht richtig geschlafen, sagte er sich. Vielleicht hatte er die Augen geschlossen, und vielleicht hatte er sich in dem Zustand äußerster Entspannung befunden, der fast noch erfrischender als Schlaf ist, aber er hatte die ganze Zeit mitbekommen, was um ihn herum geschah.
    Er hatte gehört, wie die Frau auf der anderen Seite des Mittelgangs einen dritten Mai-Tai bestellt hatte, dann einen vierten und vor ein paar Minuten einen fünften.
    Er hatte den Mann in der Reihe vor sich schnarchen hören.
    Er hatte seine Füße auf den Kosmetikkoffer gestellt, den er unter den Sitz vor ihm geschoben hatte, so dass der schnarchende Mann ihn von vorn ebenso gut
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