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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ist ein gutes Training. Nach ein paar Wochen, in denen man ständig unerwartet von hinten angegriffen wird, entwickelt man so etwas wie Augen im Hinterkopf. Normalerweise läuft es gutmütig ab, und wenn es auch ein rauhes Spiel ist und man eine Menge Prellungen zurückbehält, so hat doch niemand etwas dagegen.
    Doch Dyan, darin waren wir uns alle einig, hatte zuviel Spaß daran. Er war ein ausgezeichneter Ringer und hätte gewinnen können, ohne jemandem Schaden zuzufügen, doch er war unglaublich grob und versäumte niemals eine Gelegenheit, jemanden zu verletzen. Mich besonders. Einmal gelang es ihm, mir den Ellenbogen auszurenken, den ich dann für den Rest des Jahres in einer Schlinge tragen mußte. Er sagte, es sei ein Unfall gewesen, doch ich bin Telepath, und er scherte sich nicht einmal darum zu verbergen, wie sehr er es genossen hatte. Ich war nicht der einzige Kadett mit einer solchen Erfahrung. Es gibt Zeiten bei der Ausbildung, da beginnt man alle Offiziere zu hassen. Doch Dyan war der einzige, vor dem wir richtige Angst gehabt haben.
    Ich überließ ihm Vater und ging zurück zu Regis. »Jemand sucht dich«, sagte ich ihm und zeigte auf einen Mann in Hastur-Livree, der im Toreingang Schutz gesucht hatte und naß und elend aussah, als habe er einige Zeit wartend im Regen gestanden. Regis ging rasch auf ihn zu, um die Nachricht entgegenzunehmen.
    »Die Ehrerbietung des Regenten, Lord Regis. Er wurde dringend in die Stadt berufen. Er bittet Euch, es Euch bequem zu machen und ihn am Morgen aufzusuchen.«
    Regis antwortete förmlich und wandte sich mir mit einem steifen Lächeln zu. »Das war die herzliche Begrüßung meines Großvaters.«
    Ein verdammtes Willkommen, dachte ich bei mir. Niemand konnte vom Regenten der Comyn erwarten, daß er im Regen auf jemanden wartete, doch er hätte etwas mehr als nur eine Botschaft durch einen Diener schicken können! Schnell sagte ich: »Du kommst natürlich zu uns. Schicke dem Diener deines Großvaters eine Botschaft, und dann kommst du mit uns, ziehst dir etwas Trockenes an und ißt mit uns zu Abend.«
    Regis nickte wortlos. Seine Lippen waren blau vor Kälte, und das Haar hing ihm strähnig und naß in die Stirn. Er erteilte entsprechende Anweisungen, und ich machte mich an meine Aufgabe: Ich sorgte dafür, daß alle von Vaters Troß – Diener, Leibwächter, Wachleute, Bannerträger und arme Verwandte – ihren Weg zu den ihnen angewiesenen Orten fanden.
    Allmählich war alles geregelt. Die Wachleute zogen in ihre Quartiere. Die Diener wußten größtenteils, was zu tun sei. Jemand hatte schon vorher veranlaßt, daß Feuer angezündet und die Räume für unsere Ankunft vorbereitet wurden. Die anderen suchten sich ihren Weg durch das Labyrinth von Hallen und Gängen zu den vorbereiteten Quartieren, die seit Generationen den Alton-Lords zustanden. Innerhalb kurzer Zeit standen in der großen Eingangshalle nur noch Vater, Marius und ich, Regis, Lord Dyan, unsere persönlichen Bediensteten und ein halbes Dutzend andere. Regis stand vor dem Feuer und wärmte sich die Hände. Ich erinnerte mich an den Abend, als Vater uns die Neuigkeit mitteilte, daß Regis uns verlassen und die nächsten drei Jahre auf Nevarsin verbringen würde. Er und ich hatten in der großen Halle auf Armida vor dem Feuer gesessen, hatten Nüsse geknackt und die Schalen ins Feuer geworfen. Nachdem Vater geendet hatte, war Regis zum Feuer gegangen und dort so stehen geblieben wie gerade jetzt: gequält und zitternd, mit abgewandtem Gesicht!
    Der verdammte alte Mann! Gab es keinen Freund, keine Verwandte, die er hätte schicken können, Regis daheim zu begrüßen?
    Vater ging zum Feuer. Er humpelte stark. Er sah Marius’ Reitgefährten an und sagte: »Danilo, ich habe deine Sachen direkt an die Quartiere der Kadetten schicken lassen. Soll ich jemanden rufen, der dir den Weg zeigt, oder findest du es allein?«
    »Ihr braucht niemanden zu schicken, Lord Alton.« Danilo Syrtis kam vom Feuer und verbeugte sich höflich. Er war ein schlanker Junge von vierzehn Jahren mit leuchtenden Augen. Er trug schäbige Kleider, die, wie ich mich vage erinnerte, mir oder meinem Bruder gehört hatten, bevor wir aus ihnen herauswuchsen. Das sah Vater ähnlich; er sorgte dafür, daß jeder seiner Proteges mit der ordentlichen Ausrüstung eines Kadetten begann. Vater legte ihm die Hand auf die Schulter. »Bist du sicher? Nun, dann lauf, mein Junge. Möge das Glück mit dir sein.«
    Danilo murmelte höflich ein paar
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