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Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Titel: Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1
Autoren: Loewe
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Linien des Schachbrettmusters wie Schlangen auf dem Fußboden.
    Ethan schwankte merkwürdig, es sah fast aus, als ob das Licht ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. »Oh nein«, knurrte er plötzlich durch die Zähne. »Das tust du mir nicht an.«
    Liv hatte nicht mehr die Kraft, darüber nachzudenken, mit wem er sprach oder ob er jetzt komplett wahnsinnig geworden war. Sie schloss die Augen. Sie wollte ihn nicht kommen sehen.
    Irgendwo über sich hörte sie wieder das sirrende Geräusch, das sie nicht zuordnen konnte. Sie öffnete die Augen. Ethan hatte sich noch immer nicht von der Stelle gerührt. Er starrte sie nur an.
    Sekunden verstrichen. Minuten. Stunden. Jedenfalls kam es Liv so vor. Wie Ewigkeiten, in denen die Zeit stillstand.
    Und dann sprach Ethan, aber er sagte etwas, womit Liv nie im Leben gerechnet hätte.
    »Rachel?« Er legte den Kopf schräg und sah sie an, seine Augen riesengroß. »Rachel, bist du das?« Seine Stimme klang so leise und heiser, dass er kaum zu verstehen war.
    Liv hielt den Atem an.
    Rachel? Sollte das etwa heißen, dass er sie für Rachel hielt? Oder sagte er das nur, weil er mit Rachel genau das gemacht hatte, was er mit ihr vorhatte?
    »Ich bin hier, Ethan.« Sie antwortete eher instinktiv, als dass sie wusste, was sie tat.
    »Rachel, bist du das wirklich?«
    Sie traute ihrer Stimme nicht. Deswegen gab sie ihm keine Antwort, sondern nickte nur.
    Im Zimmer war kein Laut zu hören. Es war totenstill. Auch das Sirren über ihrem Kopf war verstummt. Und dann traf Liv eine Entscheidung. Langsam, ganz langsam erhob sie sich. Sie spürte, wie jede Faser in ihrem Körper schmerzte, ihr zuschrie, sich nicht zu bewegen, aber sie wusste, sie konnte das hier schaffen.
    Ohne auf das Messer zu achten, dass Ethan noch immer erhoben in der Hand hielt, ging sie auf ihn zu. Schritt für Schritt. Von einem Schattenquadrat ins Licht und wieder zurück. Hell. Dunkel. Hell. Bis sie ihn erreicht hatte.
    Ethan bewegte sich nicht. Stand, als ob ihn eine unsichtbare Macht festhalten würde.
    Liv stellte sich auf die Zehenspitzen. Ihre rechte Hand ging in die Höhe, mit den Fingern berührte sie seine Lippen, die eiskalt waren.
    »Rachel«, flüsterte er. Eine Träne rann über seine Wange. »Du bist zurück.«
    Liv nickte. »Ich bin zurück.« Sie spürte, wie ihre Stimme kurz davor war zu versagen. Aber sie musste das eine noch sagen, das, was ihre letzte Hoffnung war. »Ethan«, fragte sie und nahm seine Hand, »kommst du mit mir hier raus?«
    Sein Blick ruhte auf ihr, doch sie konnte nicht deuten, was er empfand.
    Die Sekunden verstrichen. »Ja«, sagte er schließlich und ließ das Messer fallen. »Ich komme mit dir.«
    Liv wusste nicht, zu wem er jetzt sprach – zu Rachel oder zu Liv. Aber es war auch egal.
    Ohne seine Hand loszulassen, drehte sie sich um.
    Und dann sah sie, dass die Tür wieder da war. Sie stand einen Spaltbreit offen.

26
    »Man kann bei Ethan Hobbs keine normalen Maßstäbe anlegen«, sagte Madella da Silva und sah Liv eindringlich an. »Wir haben inzwischen die Gutachten der Ärzte in Davenham eingesehen. Der Junge hat tatsächlich renommierte und erfahrene Psychotherapeuten täuschen können. Er beherrscht es perfekt, die Menschen nach seinen Vorstellungen zu manipulieren.«
    Jessie stöhnte. »Aber wie kann das sein? Er muss all die Zeit in der Psychiatrie an seinen Plänen geschmiedet haben, Rachel und Liv umzubringen.«
    »Ja, davon müssen wir ausgehen«, sagte da Silva. »Wir haben zwar keine Notizen oder Aufzeichnungen gefunden, aber die Psychiater attestieren Ethan eine weit überdurchschnittliche Intelligenz. Gepaart mit einem echten Mangel an Empathie, die er aber durch ungeheures schauspielerisches Können vorgetäuscht hat, war diese Kombination eine tickende Zeitbombe.« Sie seufzte. »Die Ärzte wissen nicht, welches Trauma oder Ereignis dafür verantwortlich sein könnte. Fest steht, dass er bis in seine Teenagerzeit ein ganz normaler, unauffälliger Junge war.«
    Livs Mutter, die an der Küchenspüle lehnte, schüttelte den Kopf. »Er war so wunderbar als Kind, kein Unschuldsengel, das nicht, sondern ein richtig toller kleiner Junge, mit viel Charakter und einem großen Herzen.« Liv sah, wie Tränen in ihre Augen traten. »Er hat Liv sogar einmal das Leben gerettet, als sie noch ein Baby war. Ein Rottweiler aus der Nachbarschaft ist aus seinem Zwinger entkommen und direkt in unseren Garten gestürmt, auf Liv los, die auf einer Decke im Gras lag. Ethan ist
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