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Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)

Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)

Titel: Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
Autoren: Brad Warner
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Schlag, wie schön sie doch war. Es war eine Mandarine, auf ihre eigene Art perfekt. Die orange Farbe sprang mich an, als ob sie von innen heraus glühte, heller als ein Neonlicht. Die Intensität ihrer Schönheit tat mir fast schon weh. Ich habe in meinem Leben schon so einige schöne Anblicke genossen: Den Sonnenuntergang über dem Pazifik vom Weststrand auf Maui aus betrachtet, den Kilimanjaro, wie er sich über die Steppe erhebt, während im Vordergrund Elefanten und Giraffen vorbeischlendern, die friedvolle Würde uralter buddhistischer Tempel. Doch in jenem Moment ließ sich einfach nichts mit jener kleinen Mandarine in meiner Hand vergleichen. Ich fühlte mich einfach so dankbar, ich zu sein, einfach an meinem Schreibtisch zu sitzen, einfach in der Lage zu sein, jene Mandarine zu schälen, zu schmecken, zu essen. Niemand sonst würde jemals jene Mandarine schmecken.
    Als ich heimkam, schickte ich Nishijima eine weitere Mail, in der ich ihm von der Mandarine erzählte und mich dafür, dass er mir den Kopf zurechtgerückt hatte, bedankte. Am nächsten Tag erhielt ich seine Antwort: „Eine Mandarine zu essen, ist echte Erleuchtung.“ Das war etwas, das er wirklich nicht zu sagen gebraucht hätte. Trotzdem war ich froh, dass er’s tat.
    KEN WILBER UND ANDERE LEUTE WIE ER TUN MIR LEID. Ehrlich. Vielleicht sollten sie das nicht – immerhin ist Ken wesentlich reicher und um einiges berühmter als ich es jemals sein werde. Doch entweder hatte er niemals einen Lehrer, der ihm die Wahrheit erzählt hat, oder wenn er den hatte, hat er’s verpasst und sich entschieden, stattdessen in seinen eigenen Fantasien zu schwelgen. Doch gleichzeitig verstehe ich seine Lage: Ich hätte dem genauso auf den Leim gehen können: Hätte Nishijima mein Erlebnis der Einheit mit Gott als „wahre Erleuchtung“ bestätigt, wär’ ich da ganz tief reingezogen worden. Ich bin mir sicher, ich hätte jahrelang so bleiben können, möglicherweise für immer. Oder ich hätte dem anfänglichen Gefühl, das ich nach dem Lesen von Nishijimas E-Mail hatte, folgen, und das, was er sagte, zurückweisen können. Ich hätte beschließen können, dass Nishijima ganz offensichtlich nicht so erleuchtet war, wie ich geglaubt hatte, und nicht so erleuchtet, wie ich es nun ganz klar war. Es wäre absolut kein Problem gewesen, mir einen anderen Lehrer zu suchen, der meine Erfahrung bestätigt hätte. Oder ich hätte einfach ganz auf Lehrer verzichten und mich dazu entschließen können, damit zu beginnen, mir meinen eigenen Kult persönlicher Heldenanbeter heranzuziehen, die alle danach streben, dasselbe supercoole Erlebnis zu haben, das ich gehabt hatte.
    Doch ich konnte etwas Derartiges wirklich nicht tun, da ich es besser wusste und deswegen ehrlich zu mir selbst sein musste. Es ist eine beängstigende Sache, wirklich ehrlich mit sich selbst zu sein. Es bedeutet, dass du niemanden mehr hast, an den du dich wenden kannst, niemanden, dem du die Schuld zuweisen kannst, und niemanden, von dem du dir Erlösung erhoffen kannst. Du musst jede Möglichkeit, dass es für dich jemals irgendeine Zuflucht geben könnte, aufgeben. Du musst die Wirklichkeit dessen akzeptieren, dass du wahrhaftig und endgültig auf dich gestellt bist. Das Beste, das du dir im Leben erhoffen kannst, ist, einen Lehrer zu treffen, der all deine Träume zerschmettern, all deine Hoffnungen zertrampeln und dir all deine Teddybär-Überzeugungen aus den Armen reißen und sie in den Abgrund schleudern wird.
    WORAN LIEGT ES, dass wir unserem Leben, wie es wirklich ist, Hirngespinste vorziehen? Wenn irgendein großartig „erleuchtetes Wesen“ uns davon erzählt, wie sein Leben aussieht, warum sollten wir stattdessen nicht solch ein Leben anstreben? Was ist der Unterschied zwischen Wilber, der uns erzählt, dass er auf ewig frei im Meer des „kein Oben und kein Unten“ schwebt, und mir, der ich dir von meinem Erlebnis am Sengawa erzähle, und meiner Behauptung, dass es kein wirkliches „Selbst“ gäbe?
    Wenn du wirklich die Antworten zu diesen Fragen wissen willst, musst du dein eigenes Leben eingehend und mit völliger Ehrlichkeit unter die Lupe nehmen. Und du musst es für dich selbst rausfinden.
    Menschen sind einander sehr ähnlich. Auf sehr tiefe Weise sind unsere Gehirne sich alle ähnlich. Was eine Person anspricht, wird auf irgendeiner Ebene auch so ziemlich jeden sonst ansprechen. Bestimmte Fantasien sind universell und sehr verlockend – wie die Coca-Cola ® unseres Geistes,
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