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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes
Autoren: Rita Falk
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warst. Egal. Wir haben eben Fotosangeschaut und Bier getrunken und STS gehört. Und der Rick hat an seinen Fingernägeln gebissen. Irgendwann hat der Kalle angefangen zu weinen und wir haben abgebrochen. Bin dann noch lange nicht eingeschlafen, hab das Licht ausgemacht, aus dem Fenster hinaus eine Zigarette geraucht und die Sterne (waren unglaublich viele) angeschaut. Mir war so hundeelend, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, ich wär zu dir ins Krankenhaus gefahren und hätt mich neben dich ins Bett gelegt (hat der Schnauzbart womöglich doch recht??). Ich befürchte ja schon manchmal, dass das mit dir nix mehr wird, mein Freund. Aber heute Nacht hab ich mir das einmal so vorstellen müssen, wie das wär, wenn ich dich nicht mehr besuchen kann. Wenn du eben stirbst und ich nicht mehr zu dir ins Krankenhaus kann. Brauch dann hier auch nicht mehr weiterzuschreiben, wozu auch? Hannes, das war grauenvoll. Irgendwann bin ich eingeschlafen, nicht lange (es ist jetzt zwanzig nach sechs), und nun schreib ich halt das hier. Mensch, Alter, reiß dich zusammen. Es gibt Komapatienten, die lange weg waren und topfit wiederkamen. Du warst doch immer ein Kämpfer, also mach jetzt mal zu!
     
    Hab den Rick und den Kalle übrigens gestern Abend noch gefragt, warum sie so verklemmt waren im Krankenhaus. Sie haben gleich drauflosgetönt (Bier löst Zunge!), dass sie doch gerade erst gekommen wären, und dann wär ich da hereinmarschiert, hätt mich aufs Bett gepflanzt und mich in den Vordergrund gespielt. Außerdem wären meine Witze geschmacklos und unpassend gewesen. Aber du, mein Freund, du hast gegrinst, ich bin mir ganz sicher.
     
    Abends. War noch bei dir im Krankenhaus und bin auf die Nele gestoßen. Sie ist auf deiner Bettkante gesessen und hat deine Hand gestreichelt. Und ich bin auf dem Fensterbrett gesessen und hab ihr dabei zugesehen. Wir haben alle drei die ganze Zeit geschwiegen (du ja naturgemäß), und kurz bevor die Nele gegangen ist, hat sie dich auf die Stirn geküsst, hat sich vor mich hingestellt und mir die Hand gereicht. Sie hat gesagt: »Es war blöd von mir neulich. Tut mir leid. Aber mir fehlt er halt so, weißt du, Uli.« Hab ihr auch die Hand gereicht und genickt. Denke, die Sache ist aus der Welt.
    Sonntag, 09.04.
    Ausgeschlafen. Bin gestern früh ins Bett und habe durchgeschlafen bis heute um halb eins. Habe quasi die letzte Nacht wieder reingeholt. Beim Frühstücken haben dann meine Eltern von ihrem Altersruhesitz in Spanien angerufen (meine Mutter hasst dieses Wort. Sie sagt, es ist kein Altersruhesitz, sondern ein Neuanfang.). Natürlich war es dasselbe Blabla wie immer. Sie wollten wissen, wie es dir geht, und als ich sage schlecht, sagt meine Mutter, ich soll nicht immer so negativ sein. Vielleicht mal ein bisschen meditieren oder Yoga, und ich soll nicht mit vollem Mund reden (war aber gerade am Frühstücken). Außerdem soll ich dich schön grüßen und dir sagen »Kopf hoch«. Wie idiotisch ist das denn, wo sie doch weiß, dass du deinen Kopf noch nicht einmal spürst. Außerdem hat sie noch erzählt, dass der arme Carlos auch krank ist (wer auch immer der arme Carlos ist). Im Übrigen würde sieheute sowieso noch mit deinen Eltern telefonieren, mal sehen, was die sagen.
    Danach ist mein Vater an den Apparat und hat nach einigem Blabla gefragt, ob ich denn noch hin und wieder Posaune spiele. Hatte gleich gar keine Antwort parat, weil ich die blöde Posaune längst verdrängt hab. So schön hätt ich gespielt und so laut, hat er gesagt. Und dass es für ihn noch heute eine wahre Freude ist, wenn er daran denkt. Eine wahre Freude, wirklich. Hinterher ist mir eingefallen, wie wir beide, Hannes, meine allererste Posaune sabotiert haben. Einfach weil ich keine Lust auf Posaune hatte, aber auch nicht den Mut, das meinem Vater zu gestehen. Irgendwie sind wir dann auf die Idee mit dem Sekundenkleber gekommen, weißt du das noch, Hannes? Wir haben fast den ganzen Inhalt dieser kleinen Tube reingedrückt in die blöde Posaune. Hinterher hat sie nur noch gefurzt. Mein Vater kam nie drauf, dass wir beide etwas damit zu tun hatten. Vielmehr hat er gesagt, wir hätten gleich ein teures Instrument kaufen sollen, und dass man da wieder mal sieht, was man von diesem billigen Chinascheiß hat. Habe am nächsten Tag eine echt teure Posaune von ihm bekommen.
    Nach dem Telefonat bin ich dann in T-Shirt und Unterhosen rauf in den Speicher und habe die blöde Posaune gesucht. Bin nach einigem Gewühle auch fündig
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