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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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indem sie an das letzte Mal dachte, als sie und Jo die Lakes besucht hatten. Sie waren glücklich gewesen damals, wohnten in einem kleinen Hotel nur zwei Meilen entfernt von dem Ort, an dem Dorothy Smith zum letzten Mal gesehen worden war. Und die Polizei von Cumbria hatte sie noch nicht gefunden.
    »Sie ist also tot?«
    »Und wie …«
    »Dann sagen Sie mir wenigstens, wo Sie ihre Leiche abgeladen haben.«
    Seine Augen waren kalt geworden – erfüllt von purem Hass –, und seine Sprache wurde plötzlich haspelnd, getrieben, ja wahnsinnig. »Warte, Junge! Sag Entschuldigung bitte, wenn ich spreche! Wirst du wohl nicht dazwischenreden!«
    Jetzt dreht er durch.
    Als Forster weitere Phasen seiner Kindheit neu durchlebte, wuchs Daniels’ Besorgnis. Sie wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er vollkommen wahnsinnig wurde, und es wäre unklug gewesen, ihn noch weiter zu treiben. Seine zwanzig Jahre währende Fixierung auf Lebendiger Glaube hatte ihn in einer Weise mit seinen Zielpersonen vertraut gemacht, dass er sie gelegentlich mit Namen belegte, die ein normaler Mensch mit Zuneigung verbinden würde. Dann steigerte er sich immer weiter in seine Wut hinein. Er schien ewig zu brauchen, um irgendwann von seinem Trip wieder herunterzukommen.
    »Immer haben die mich warten lassen!«, spuckte er durch zusammengebissene Zähne hervor.
    »Die?«
    »Diese Truppe Gottes! Wer denn sonst?«
    »Die, die in der …?«
    »Die! Sie! Diese Zeitschrift war das Letzte, was sie mir je gegeben hat … Das verdammte Letzte! Die verdammte Kuh! Na ja, jetzt wollte ich sie natürlich nicht enttäuschen, stimmt’s? Also hab ich gemacht, was sie wollte. Ich hab’s auswendig gelernt, Wort für Wort, jedes Gesicht, jeden Namen, alles hier oben eingemeißelt …« Er tippte sich mit dem Lauf seiner Waffe an den Kopf. »Und jetzt ist er nicht mehr lebendig, der Glaube, was, Katie? Ich zahl es ihr zurück, Seite für Seite … Die gehen alle zurück zu Jesus!«
    Daniels klopfte auf den Busch. »Wenn Sie sie der Reihenfolge nach getötet haben, warum sind Sie dann nach St. Camillus zurückgekommen?«
    »Ich wusste, dass du dort sein würdest, du Dumme!« Er kicherte, als hätte er sich gerade an etwas erinnert. »Warum hast du den Baum angestarrt? Hast du an Nummer zwei gedacht? Oder an das Mädchen, das ich nur so zum Spaß genommen hab?«
    Er sprach von Sarah Short.
    Forster legte den Kopf schief. »Du hast gespürt, dass ich da war, ich weiß es.«
    Er brauchte jetzt einen Kick, Daniels konnte es fühlen. Seine Augen verschlangen ihren Körper.
    »Ich hab an dem Abend schon mal ohne Sie angefangen, Detective. Hab meine Ladung abgefeuert und Sie dabei direkt angeguckt.«
    Bedeutete der Wechsel von Katie zu Detective irgendetwas? Daniels war sich sicher. Forster holte Schwung für seinen Schwanengesang, war wahrscheinlich auf dem Weg zum höchsten Grad seiner Gefährlichkeit.
    Als der Officer des Sondereinsatzkommandos näher an das Haus heran kroch, konnte er Daniels durchs Fenster sehen. Forster war zum Teil von der Schlafzimmertür verdeckt, seine Waffe hingegen war deutlich sichtbar. Der Officer sprach ruhig und leise in sein Funkgerät.
    »Zwei-acht-sechs an Foxtrott. Die Zielperson ist bewaffnet. Kein freies Schussfeld.«
    »Zwei-acht-sechs. Sie sind vor Ort. Alle anderen Einheiten Funkstille halten.«
    »Erzählen Sie mir von Frances Cook.«
    »Nicht besonders raffiniert, Detective. Was ist los? Sie sehen heiß aus.«
    »Schmeicheln Sie mir nur.«
    Forster grinste. »Frankie war nicht wie Sie. Sie hatte ehrlich Angst. Ich hab sie als Kind ein- oder zweimal getroffen. Sie konnte sich zuerst nicht mehr an mich erinnern, ich musste etwas nachhelfen. Nun, jetzt vergisst sie mich nicht wieder, dafür hab ich gesorgt.«
    »Sie war eine Freundin Ihrer Mutter, oder?«
    Forster reagierte nicht. »Als sie schließlich darauf kam, wer ich war, hat sie mich nur angestarrt und sich gefragt, wie lange sie noch hat – genau wie Sie jetzt.«
    Daniels behielt die Nerven, wusste aber, dass ihr die Zeit davonlief. Jo hatte ihr gesagt, dass er seine Opfer dominieren musste. Wenn er ihre Todesangst brauchte, um seine kranken Bedürfnisse zu erfüllen, was würde wohl geschehen, wenn sie ihm diese Genugtuung nicht verschaffte? Es war kaum der richtige Zeitpunkt, um eine Theorie zu überprüfen, aber sie musste irgendetwas tun, was ihn überraschte. Langsam knöpfte sie ihren Mantel auf. Was immer er erwartet hatte, das war es bestimmt nicht.
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