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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal
Autoren: Gisbert Haefs
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mag, und dann werde ich erzählen und du wirst schreiben.«
    »Was ist das für eine Geschichte?«
    »Eine Geschichte von Dingen und Ländern und Menschen. Stücke der langen Geschichte, die ich erlebt habe.«
    Sie kniff ein Auge zu. »Komme ich auch darin vor?
    Wenigstens ein wenig?«
    »Mindestens.« Ich grinste. »Vor allem gegen Ende, und zwar nachts.«
     
    Am dritten Tag nach Auslaufen der Flotte erschien Hippolytos mit einem Träger. Der Lederbeutel war schwer.
    »Gestern abend«, sagte der Bankherr, »hat Hephaistion aufgegeben. Du weißt schon, Widerstand gegen meine Vorschläge zur Tilgung seiner Schulden. Bis auf den vereinbarten Rest ist dein Guthaben nun auf seinen Namen übertragen; ich habe mir erlaubt, seine fälligen Tilgungen gleich abzuziehen. Dafür hat er mir dies hier gegeben. Es sind eineinhalb Talente; etwas mehr als vorgesehen.«
    Ich brachte die Perlen selbst in den Heckraum; Hippolytos entließ den Träger und stieg mit Korinna und mir auf die Heckerhöhung, wo Bomilkar mit syrischem Wein auf uns wartete.
    »Alles ganz rechtmäßig«, sagte Hippolytos nach dem ersten Schluck. Er grinste leicht. »Mehr als ein Fünftel darf ich dir ja nicht auszahlen. Und mehr als ein Fünftel habe ich dir nicht ausgezahlt. Geschäfte, die du mit Händlern außerhalb der königlichen Bank machst, gehen den Dicken nichts an.«
    Noch am Nachmittag legten wir ab und verließen den Hafen von Nikomedeia. Nachrichten über die Flotte gab es nicht. Bomilkar beugte sich über die aufgerollte Karte, pochte mit dem Zeigefinger auf mehrere Stellen der Küste und blickte dann in den Himmel.
    »Eine klare Nacht. Das Wetter sollte sich halten. Mit ein wenig Glück können wir nach den Sternen segeln, sobald wir den Hellespont hinter uns haben. Wir wollen doch nicht in eine Seeschlacht hineinschwimmen, wie?«
    Bomilkar hielt uns nachts auf offener See, tags näher an der asiatischen Küste. Am dritten Reisetag begegneten wir Schiffstrümmern; gegen Abend sichtete einer der Seeleute etwas, das im Wasser trieb und sich zu bewegen schien. Bomilkar ließ das große Segel bergen und ging selbst ans Seitensteuer.
    Es war ein junger Ruderoffizier einer pergamenischen Pentere. Er hatte eineinhalb Tage auf Wrackteilen treibend ausgehalten. Nachdem er getrunken und ein wenig gegessen hatte, berichtete er von Hannibals Wunder.
    »Ah nein, kein Wunder – er ist das Wunder, wenn es eines gibt. Ein großer Stratege, auch auf dem Wasser. Und listenreich wie Odysseus.«
    Die Flotte des Königs Eumenes bestand aus achtzig Kriegsschiffen, allesamt fast neu und mit guten Besatzungen. Sie waren in Sichtweite der Küste gesegelt; nachts wurde in Buchten oder zwischen den zahllosen Inseln geankert.
    »Keine Eile; wir wissen ja, daß wir nach Zahl und Güte hoch überlegen sind, da wollen wir uns nicht überraschen lassen und nichts überstürzen. Vorgestern abend hörten wir von einem Fischer, daß diese sogenannte bithynische Flotte in einer kleinen Bucht liegt, teilweise sogar auf dem Strand, weil einige Schiffe leck sind. Es ist eine Gegend, in der um diese Jahreszeit der Wind fast immer vom Land weht, aber das hat uns nicht gestört; wenn’s losgeht, werden sowieso die Segel eingezogen und alle Mann an die Ruder.
    Wir brechen also früh auf, vor Sonnenaufgang. Wie wir zu der Bucht kommen, ist gerade Frühstückszeit. Wir sehen diese angeschimmelten Nachttöpfe da dümpeln; die wollen gerade los. Ich glaub, in dem Moment war das Grölen und Lachen bei uns lauter als der Zorn des Zeus im Gewitter. Die Kähne in der Bucht, so wenig, so alt, so morsch! Und die armen Jungs drüben kriegen die Segel bei den kleineren Schiffen nicht richtig hoch, und bei ner ollen Triere fängt eine Hälfte schon an zu rudern, während die andere noch frühstückt, und das Schiff dreht sich wie ein besoffener Tausendfüßler.
    Dann kommt ein kleines Boot raus, mit heller Fahne; off enbar wollen die verhandeln oder aufgeben oder so was. Inzwischen sind wir in der Bucht, müssen uns ein bißchen quetschen, aber alle Schiffe passen rein. Da paßt kein Bilch mehr durch. Das Verhandlungsboot kommt näher, der Mann da drin fragt nach unserem Nauarch und auf welchem Schiff der wohl hockt, und dann fährt er dahin und grüßt ganz artig von Hannibal, und ob wir uns nicht ergeben wollen. Nie hab ich so was gehört wie das Gelächter.
    Jedenfalls fährt der Kleine wieder zurück zu den anderen, die inzwischen die Segel halbwegs oben und die Ruder ausgerichtet haben. Und
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