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Handyman Jack 04 - Tollwütig

Handyman Jack 04 - Tollwütig

Titel: Handyman Jack 04 - Tollwütig
Autoren: F. Paul Wilson
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Mai
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

1
     
    »Wie hat es dir gefallen?«, fragte Gia.
    »Nun ja …« Jack sah sich um, während er seine Gedanken sammelte, nicht ganz sicher, was er sagen sollte.
    Er, Gia und Vicky waren soeben aus dein Metropolitan Museum of Art herausgekommen und standen nun auf der obersten Stufe der hohen Granittreppe. Die Sonne hatte schon tief am Himmel gestanden, als sie hineingegangen waren, und jetzt war sie ganz untergegangen. Ein winziger Streifen Mond, nicht viel größer als ein abgeschnittener Fingernagelsplitter, stand am Himmel. Unter ihnen saßen Singles, Paare und ganze Gruppen auf den Stufen, rauchten, speisten, schmusten oder hingen einfach untätig herum. Wasser plätscherte in den länglichen Brunnenbecken auf der rechten und auf der linken Seite. Und jenseits der Treppe und des dicht bevölkerten Bürgersteiges schlich der Fifth-Avenue-Verkehr dahin – trotz der Tatsache, dass die Rushhour längst vorbei war. Abgase wehten mit dem Abendwind herauf, der das große dunkelblaue Banner bauschte, welches über ihnen an der Museumsfassade herabhing und auf die Cezanne-Ausstellung aufmerksam machte.
    Jack nahm eine schnelle Überprüfung seiner äußeren Erscheinung vor und verglich seine Kleidung mit dem, was die anderen Museumsbesucher trugen. Er hatte sich heute für etwas Eleganteres entschieden – hellblaues Oxfordhemd, braune Hosen, braune Schuhe – und stellte zufrieden fest, dass er sich blendend einfügte. Indem er dem augenblicklichen Trend Tribut zollte, hatte er sich sein braunes Haar ein wenig kürzer schneiden lassen, als er es sonst bevorzugte. Heute Abend entsprach er dem Bild eines Schullehrers oder eines Buchhalters, der mit seiner Frau und seiner Tochter einen Stadtbummel machte. Ganz und gar nicht auffällig. Und das war perfekt.
    Jack beobachtete, wie auch Vicky sich umschaute und Vergleiche mit sich anstellte, doch sie konzentrierte sich ausschließlich auf den Bürgersteig. Für den Museumsbesuch waren ihre dunkelbraunen Zöpfe aufgelöst und zu einem einzigen langen Pferdeschwanz zusammengebunden worden. Er konnte in ihrem Achtjährigengehirn lesen wie in einem offenen Buch: Wo ist der Eismann? Wo ist der Brezelverkäufer? Für ein Mädchen, das in voller Kleidung nicht mehr als sechzig Pfund wog, konnte sie futtern wie ein Scheunendrescher.
    Er drehte sich zu Gia um und stellte fest, dass ihre hellblauen Augen ihn aufmerksam musterten, während ein kleines Lächeln um ihre Lippen spielte. Der Wind zerzauste ihr kurzes blondes Haar. Sie sah in ihrer blauen seidenen Pulloverkombination und ihrer schwarzen Hose einfach hinreißend aus.
    »Und?«, fragte Gia.
    Jack kratzte sich am Kopf. »Na ja, um ehrlich zu sein, ich verstehe es nicht.«
    »Was verstehst du nicht?«
    »Cezanne. Warum er so berühmt ist. Warum er im Met seine eigene Ausstellung hat.«
    »Weil er als Vater der modernen Malerei gilt.«
    Jack zuckte die Achseln. »So steht es in der Broschüre, und das ist auch alles ganz prima und in Ordnung, aber einige der Gemälde sehen aus, als wären sie noch nicht ganz fertig.«
    »Das liegt daran, dass sie es auch nicht sind, du Ignorant. Er hat eine ganze Reihe Bilder einfach abgebrochen, weil sie nicht so wurden, wie er sie sich vorgestellt hat.«
    »Nun ja, ob fertig oder nicht, seine Arbeiten geben mir nicht viel. Wie heißt es so schön? Sie sprechen mich nicht an.«
    Gia verdrehte die Augen. »O Gott. Warum gebe ich mir eigentlich solche Mühe?«
    Jack legte einen Arm um ihre Schultern, zog sie an sich und hauchte einen Kuss auf ihre blonde Haarpracht. »Hey, werd nicht gleich sauer, nur weil ich diesen Knaben nicht so sehr mag. Monet hat mir gefallen, nicht wahr?« Er erinnerte sich noch an Farben wie Sonnenschein, dessen Wärme er regelrecht gespürt hatte, als würde sie von der Leinwand ausgestrahlt.
    »Es ist leicht, Monet zu mögen.«
    »Du meinst, ein Gemälde ist erst dann gut, wenn man Mühe hat, es zu mögen?«
    »Überhaupt nicht, aber – «
    »Mommy, sieh mal die Männer da«, sagte Vicky und deutete die Fifth Avenue hinunter. »Sie werden gleich überfahren.«
    Jack drehte sich um und sah zwei Männer mittleren Alters in Schlips und Kragen sich durch den langsam dahinkriechenden Verkehr schlängeln. Dabei wichen sie den Fahrzeugen immer erst im letzten Augenblick aus, als gingen sie bewusst das Risiko ein, angefahren zu werden. Es waren
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