Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
und konnte kaum
atmen. Rayas Worte brannten in ihr.
    Das ist deine Schuld. Wie willst du das jemals wiedergutmachen?
    Sie schluckte, und ihr Herz klopfte schneller, als sie an
Kai dachte, der sie abholen kam. Der Gedanke war so verlockend.
Sie konnte einfach zur Tür hinausgehen, vergessen,
was geschehen war, und für immer aus Mudis Leben und
dem Leben ihrer Eltern verschwinden. Sie konnte für immer
bei ihm sein.
    Halva traf ihre Entscheidung rasch. Wie hatte sie je zweifeln
können?
    Sie nahm sich ihr Ticket und ging zum Telefon, wählte die
aufgedruckte Nummer und sprach.
    Das ging ja einfach! Viel schneller, als sie gedacht hatte.
    Als sie aufgelegt hatte, schaute sie still aus dem Fenster in
das Frühlingslicht, das ins Wohnzimmer floss. Kleine Staubflocken
tanzten in den Sonnenstrahlen, aber ansonsten
blitzte und blinkte die Wohnung noch vom Neujahrsputz.
Halva drehte sich um und lehnte sich gegen den warmen
Heizkörper. Sie schaute sich noch einmal um. Das alles hier
sah sie zum letzten Mal.
    Heute Abend holte Kai sie ab, in ein Leben voller Möglichkeiten
mit ihm. Und morgen … Sie verbot sich den Gedanken,
denn sie hatte Angst. Alles zu seiner Zeit. Morgen
war sie schon weit weg.
    Plötzlich hörte sie ein Geräusch und zuckte zusammen.
    Sie sah auf.
    In der Tür stand Miryam, die sie blass und misstrauisch
anstarrte.
    Wie lange hatte sie dort schon gestanden? Offenbar nicht lange genug, um das gesamte Telefonat zu belauschen, denn
sie zischte: »Was soll das? Was hast du mit deinem Reisepass
vor?«
    Halva hatte das Gefühl, aus einer Art Trance zu erwachen.
Sie löste sich von der Heizung und wollte an Miryam vorbeigehen.
    Doch ihre Tante packte sie am Arm. »Halt! Wo willst du
hin?«
    Mit einer heftigen Bewegung schüttelte Halva Miryams
Hand ab und sagte leise und drohend: »Fass mich nicht an,
du Hexe. Fass mich nie wieder an, okay?«
    Miryam öffnete den Mund, sagte dann aber nichts. Sie
verschränkte die Arme und lehnte sich in den Türrahmen.
Sie sah Halva nach, die die Treppe hochging, um ein paar
Sachen zu packen. »Weglaufen wird dir nicht helfen, Halva.
Du nimmst das, was du getan hast, und dich selber immer
mit!«, rief sie ihr schließlich nach.
    »Du musst es ja wissen, Miryam«, erwiderte Halva, stieg
die letzten Stufen hinauf und schloss ihre Zimmertür. Sie
war sehr, sehr müde und brauchte Kraft für das, was vor ihr
lag.
    Das ist deine Schuld. Wie willst du das jemals wiedergutmachen?

Kai parkte den Porsche bei den Mansouris um die Ecke. Niemand
sollte ihn oder den doch sehr auffälligen Wagen sehen.
Gut, dass sein Vater ihn vom Krankenhaus aus nicht daran
hindern konnte, sein heiß geliebtes Auto zu benutzen. Sonst
saß er auf dem Ding wie ein Huhn auf seinen Eiern. Kai
konnte diese Anhänglichkeit an Gegenstände nicht verstehen.
Es war doch nur ein Auto. Unbedingt ersetzbar. Ganz
im Gegensatz zu Halva.
    Er schluckte und fasste sich dann. Halva brauchte ihn
jetzt. Seinen Mut und seine Kraft. Er hatte sich und ihr sein
Wort gegeben, das er halten würde. Genau wie ihr Vater sein
verdammtes Wort halten wollte. Aber für Cyrus Mansouri
war es jetzt zu spät. Kai würde Halva an diesem Abend mitnehmen
und sie nie wieder fortlassen.
    Er konnte ihr Fenster sehen und sein Herz schlug schneller.
Die Scheiben waren, wie am frühen Morgen auch, dunkel
und die Gardine vorgezogen.
    »Halva!«, rief er leise. Nichts rührte sich. Er sah sich um
und pfiff dann einmal kurz und laut auf den Fingern. Noch
immer nichts. Adrenalin begann durch seine Adern zu strömen,
es kribbelte bis in sein Herz hinein. Hatte man Halva
erwischt? Wurde sie festgehalten? Er bückte sich und warf
wieder Steine gegen die Scheibe. Was sollte er tun?
    »Kai, ich bin hier«, hörte er leise und ruhig Halvas Stimme.
    Er fuhr vor Schreck zusammen und merkte erst jetzt, wie
angespannt er gewesen war.
    Sie stand in der offenen Haustür. Ihre dunklen Haare
waren noch von der Dusche nass, sie war blass und ungeschminkt.
Unter ihrem roten Mantel sahen Jeans und flache
Winterstiefel hervor. In der rechten Hand hielt sie eine kleine
Tasche.
    »Wie … ich verstehe nicht«, begann er und sie musste
trotz allem lachen. Ein Lachen, das ihnen beiden so gut tat.
    »Du guckst wie ein Auto. Ich dachte, ich nehme einfach
die Tür, um aus dem Haus zu kommen. Das ist bequemer,
als aus dem Fenster zu steigen, was meinst du?«
    Kai lief auf Halva zu, fasste ihren Kopf zärtlich und behutsam
in beide Hände und küsste sie, vorsichtig zuerst,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher