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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Sie,
daß wir hier sind?«
    »Zilly
hat mir eine Nachricht ins Präsidium geschickt«, sagte Peter Beck. Er half
Heiner, aufzustehen und gab ihm seinen Mantel. »Das war verdammt leichtsinnig,
was Sie da veranstaltet haben, Wachtmeister!«
    »Ich
weiß«, sagte Heiner. »Aber ich hatte keine andere Möglichkeit.« Er sah
Victoria an. »Als ich mit Vicki über Eduard sprach, fiel es mir wie Schuppen
von den Augen. Diese merkwürdigen Briefe, dieser Ort. Eine unglückliche
Liebschaft: Es konnte nur Cornelia sein. Doch obwohl ich es wußte, wollte ich
es bis zuletzt nicht wahrhaben. Weil ich ihr Motiv einfach nicht begriff. Und
Ihrem Mann ging es nicht anders. Deshalb hat er auch nichts gesagt. Er wollte
nicht an den alten Dingen rühren, bevor er sich ganz sicher war. Wie hätte er
ahnen sollen, was sie sich über all die Jahre zusammengesponnen hat?«
    »Ist
sie tot?« fragte Victoria.
    Peter
Beck schüttelte den Kopf. »Ich habe einen Beamten zur Stadtwaldwache geschickt,
eine Trage zu holen. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, daß sie noch so lange
lebt.«
    Heiner
wandte sich an Victoria. »Hat Helena Ihnen meine Nachricht gebracht?«
    »Aber
sicher.«
    Er sah
so glücklich aus, daß es weh tat. Ein junger Beamter kam zu ihnen. »Gräfin von
Tennitz will Sie sprechen, Frau Biddling.«
    Cornelia
lag auf dem Rücken im Gras. Jemand hatte ihr eine Jacke unter den Kopf
geschoben. Aus ihrem bleichen Gesicht stachen die Geschwüre wie Menetekel
hervor. »Du denkst, du hast gesiegt. Aber du irrst.«
    »Cornelia,
bitte...«
    Sie sah
an ihr vorbei. »Kommissar?«
    Peter
Beck beugte sich zu ihr.
    »In
meinem Sekretär in der Laterna finden Sie eine Namensliste,
Photographien, Briefe, Bankbelege... Es wird Ihnen ein Vergnügen sein.« Sie sah
Victoria an. »Willst du wissen, wie er gestorben ist?«
    »Du
hast es nicht allein getan!«
    Ihr
Lachen erstarb in einem Röcheln. »Glaubst du, ich hätte diese Freude mit
jemandem teilen wollen?«
    »Nicht Zilly,
sondern du warst die Frau im Polizeipräsidium, nicht wahr? Und Oberwachtmeister
Heynel hat dir geholfen!«
    Ihr
Gesicht verzerrte sich. »Wie ein räudiger Hund hat er um sein bißchen Leben
gewinselt! Um Gnade hat er gefleht, mir den Himmel auf Erden versprochen! Und
ich habe ihm lachend ins Gesicht gespuckt dabei! Jede Sekunde wurde ihm zur
Ewigkeit! Das wird dir hoffentlich immer...« Sie hustete Blut.
    »Bitte,
Cornelia! War Heynel dabei?«
    »Ich
verfluche dich, Victoria Biddling!«
    »Cornelia!
Sag mir
    Heiner
faßte sie an der Schulter. »Sie ist tot, Victoria.«
    Victoria
richtete sich auf, sah in die betroffenen Gesichter der Beamten. »Ich habe
Ihnen einen Wagen bestellt, Frau Biddling«, sagte Kommissar Beck, aber sie
schüttelte den Kopf.
    Sie
ging zu dem Baum, lehnte ihre Stirn an die rissige Rinde und schloß die Augen.
Heiner redete kurz mit Peter Beck und kam zu ihr. Sie sah ihn an. »Ich hatte
unrecht. Nicht die Ungewißheit ist das Schlimmste, sondern die Gewißheit: daß
sie Richard in seinen letzten Stunden das Leben zur Hölle gemacht hat, daß sie
ihn voller Wonne leiden ließ... Wie ich sie dafür hasse!«
    »Wenn
Sie sich mit solchen Gedanken quälen, hat sie erreicht, was sie wollte«, sagte
er leise. »Bitte, verlieren Sie Ihre Kraft nicht an etwas, das möglicherweise
ganz anders gewesen sein kann. Leben Sie in der Gewißheit dessen, was wirklich
war. Denken Sie an die schönen Stunden, Victoria.«
    Sie
nickte, aber sie wußte, daß sich die Bilder in ihrem Kopf nicht daran halten
würden.
    Es
dämmerte schon, als sie nach Frankfurt zurückfuhren.
    Über
der Stadt hing Rauch, eine schwarze Säule vor dem Abendrot.
    »Das
Bordell in der Elbestraße brennt!« rief jemand, als sie die Untermainbrücke
erreichten.
    Cornelias
letzter Gruß kam mit der Morgenpost.
    Victoria
Biddling -persönlich -Untermainkai 18
    Nicht
hoffe, wer des Drachen Zähne sät, Erfreuliches zu ernten. Schiller,
Wallensteins Tod.
     
    Kapitel
31
     
    Nicht
alle sind tot, deren Hügel sich hebt/
    Wir
lieben, und was wir geliebet, das lebt,
    Das lebt,
bis uns selber das Leben zerrinnt;
    Nicht
alle sind tot, die begraben sind.
    (Friedrich
Stoltze, zum Tod seines Sohnes, 1880)
     
    D ie Laterna Magica brannte die halbe Nacht, und selbst als die
Flammen gelöscht waren, schwelte und rauchte die Ruine weiter. Erst zwei Tage
später war ein gefahrloses Betreten möglich. Der gesamte Gebäudekomplex war zerstört, und es glich einem Wunder, daß nur ein Menschenleben zu beklagen
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