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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben
Autoren: Ernest Hemingway
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ein Bild von Lindbergh beim Überqueren des Atlantik aussehen. Diese großen fliegenden Fische sind das beste Zeichen, das es gibt.
    So weit man sehen konnte trieb verblaßtes gelbes Golfkraut in kleinen Flecken, ein Zeichen, daß der Hauptstrom ganz hineinstand, und vor uns waren Vögel, die sich über einem Zug von kleinen Thunfischen zu schaffen machten. Man konnte sie springen sehen, nur kleine; jeder wog wohl an die zwei Pfund. «Werfen Sie aus, wann Sie wollen», sagte ich zu Johnson.
    Er legte Gürtel und Lederzeug an und steckte die große Rute aus mit der Hardyrolle mit ihren 600 Yards sechsunddreißiger Leine. Ich blickte rückwärts, und sein Köder schleppte glatt, hüpfte man so gerade auf der Dünung, und die beiden Schwimmer tauchten und sprangen. Wir hatten gerade die rechte Geschwindigkeit, und ich hielt auf den Strom zu.
    «Stecken Sie das Ende vom Angelstock in den Halter am Sitz», sagte ich zu ihm. «Dann ist der Stock nicht so schwer. Lassen Sie die Hemmung hoch, damit Sie ihm, wenn er anbeißt, nachgeben können. Wenn einer je – mit der Hemmung runter-anbeißt, reißt er Sie über Bord.» Jeden Tag mußte ich ihm dasselbe sagen, aber das machte mir nichts aus. Von fünfzig Kunden, die man zum Angeln kriegt, versteht einer was vom Angeln. Und falls einer wirklich was versteht, ist er die Hälfte der Zeit fast immer oberschlau und will keine Leine benutzen, die stark genug ist, um irgendwas Großes halten zu können.
    «Was meinen Sie zum Wetter?» fragte er mich.
    «Könnte gar nicht besser sein», sagte ich zu ihm. Es war, weiß Gott, ein Prachttag.
    Ich ließ den Nigger ans Steuerrad und sagte ihm, er solle sich nach Osten zu, längs der Stromgrenze, hinaufarbeiten und ging nach hinten, wo Johnson saß und beobachtete, wie sein Köder auf und ab tanzte.
    «Soll ich noch eine zweite Rute auslegen?» fragte ich ihn.
    «Nein, ich glaube nicht», sagte er. «Ich will meinen Fisch selbst anhauen, trillen und landen.»
    «Schön», sagte ich. «Wollen Sie, daß Eddy eine auslegt und sie Ihnen gibt, wenn einer beißt, so daß Sie ihn anhaken können?»
    «Nein», sagte er. «Ich habe lieber nur eine Rute draußen.»
    «Schön.»
    Der Nigger steuerte immer noch weiter hinaus, und ich blickte mich um und sah, daß er einen Schwarm fliegender Fische gesehen hatte, die vor uns, etwas weiter stromaufwärts, hochsprangen. Als ich zurückblickte, sah ich Havanna prächtig in der Sonne liegen, und ein Schiff, das gerade am Morro vorbeikam und den Hafen verließ.
    «Ich glaube, Sie werden heute Gelegenheit haben, einen zu trillen, Mr. Johnson», sagte ich zu ihm.
    «An der Zeit wär’s», sagte er. «Wie lange sind wir schon hier draußen?»
    «Fast drei Wochen.»
    «Das ist allerhand Zeit für Fischen.»
    «Sind komische Fische», sagte ich zu ihm. «Die sind nicht da, bis sie kommen. Aber wenn sie kommen, dann gibt’s reichlich davon. Und gekommen sind sie noch immer. Wenn sie jetzt nicht kommen, dann kommen sie nie. Der Mond ist richtig. Die Strömung ist gut, und wir werden eine gute Brise kriegen.»
    «Es gab kleine am Anfang, als wir kamen.»
    «Ja», sagte ich. «Wie ich Ihnen gesagt habe. Die Kleinen verziehen sich und verschwinden, bevor die Großen kommen.»
    «Bei euch Mietsbootkapitänen ist es immer die gleiche Leier. Entweder ist es zu früh oder der Wind steht falsch oder der Mond ist nicht richtig. Bloß das Geld steckt ihr auf alle Fälle ein.»
    «Tja», sagte ich zu ihm, «das ist ja gerade die Gemeinheit; gewöhnlich ist es entweder zu früh oder zu spät, und oft genug steht der Wind verkehrt. Und dann, wenn man einen Tag kriegt, der tadellos ist, dann sitzt man ohne Kundschaft an Land.»
    «Aber heute halten Sie für einen guten Tag?»
    «Na», sagte ich zu ihm, «ich für mein Teil hab heut schon genug Betrieb gesehen, aber ich möchte wetten, daß Ihnen allerhand bevorsteht.»
    «Hoffentlich», sagte er.
    Wir machten uns ans Schleppen. Eddy ging nach vorn und legte sich hin. Ich stand und lauerte darauf, daß sich ein Schwanz zeigen würde. Ab und zu döste der Nigger ein, und ich gab auf ihn acht. Wetten, daß der allerhand Nächte hinter sich hatte?
    «Würden Sie mir wohl bitte eine Flasche Bier holen, Käptn?» bat Johnson.
    «Gewiß, Mr. Johnson», sagte ich und buddelte im Eis herum, um ihm eine kalte herauszuholen.
    «Wollen Sie denn nichts trinken?» fragte er.
    «Nein, Mr. Johnson», sagte ich. «Ich warte lieber bis heute abend.»
    Ich öffnete gerade die Flasche und
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