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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben
Autoren: Ernest Hemingway
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als je. Er ging, als ob all seine Gliedmaßen falsch eingehängt waren.
    «Da ist er.»
    Eddy sah ziemlich übel aus. Frühmorgens sah er niemals sehr gut aus, aber jetzt sah er ziemlich übel aus.
    «Wo warst du denn?» fragte ich ihn.
    «Am Boden.»
    «Hast du es gesehen?» fragte ihn Johnson.
    «Reden Sie nicht davon, Mr. Johnson», sagte Eddy zu ihm. «Mir wird übel, wenn ich bloß daran denke.»
    «Dann trink lieber einen», sagte Johnson zu ihm. Dann sagte er zu mir: «Na, fahren wir raus?»
    «Das hängt von Ihnen ab.»
    «Was halten Sie vom Wetter?»
    «Wird ungefähr wie gestern werden. Vielleicht besser.»
    «Dann wollen wir rausfahren.»
    «Gut. Sobald der Köder kommt.»
    Schon fast drei Wochen hatten wir mit dem Knaben hier im Strom gefischt, und ich hatte bisher nichts von seinem Geld gesehen, bis auf 100 Dollar, die er mir gegeben hatte, um sie dem Konsul zu geben und auszuklarieren und Fressalien zu besorgen und Benzin zu tanken, bevor wir herkamen. Ich stellte alles Angelgerät, und er hatte das Boot für 35 Dollar pro Tag gemietet. Er schlief im Hotel und kam jeden Morgen an Bord. Durch Eddy hatte ich die Charter bekommen, darum mußte ich ihn mitnehmen. Ich gab ihm 4 Dollar pro Tag.
    «Ich muß Benzin tanken», sagte ich zu Johnson.
    «Gut.»
    «Dafür brauche ich Geld.»
    «Wieviel?»
    «Es kostet 28 Cents die Gallone. Ich muß mindestens 40 Gallonen einnehmen. Das macht elf zwanzig.»
    Er holte 15 Dollar raus.
    «Soll ich den Rest auf Bier und Eis verrechnen?» fragte ich ihn.
    «Ausgezeichnet», sagte er. «Schreiben Sie’s an gegen das, was ich Ihnen schuldig bin.»
    Drei Wochen sind eine lange Zeit, um es anstehen zu lassen, dachte ich bei mir, aber wenn er dafür gut war, was machte es denn schon für einen Unterschied? Er hätte natürlich jede Woche bezahlen sollen. Aber ich hab’s auch schon einen Monat auflaufen lassen und hab das Geld bekommen. Es war meine Schuld, aber zuerst war ich froh, daß es anstand. Erst in den letzten Tagen hatte es mich kribbelig gemacht, aber ich wollte nichts sagen aus Angst, ihn gegen mich aufzubringen. Wenn er gut dafür war, dann je länger desto besser.
    «Wie ist’s mit ‘ner Flasche Bier?» fragte er mich und öffnete den Kasten.
    «Nein, danke.»
    Gerade in dem Moment kommt der Nigger, der den Köder hatte holen sollen, das Dock runter, und ich sagte zu Eddy, daß er klarmachen soll zum Loswerfen.
    Der Nigger kam mit dem Köder an Bord, und wir warfen los und fuhren aus dem Hafen raus, und der Nigger befestigte ein paar Makrelen, führte den Haken ins Maul ein, durch die Kiemen hindurch, dann schlitzte er sie seitwärts auf, und dann steckte er den Haken durch die andere Seite und hinaus und band das Maul über den Drahtgimp zusammen und band den Haken gut fest, damit er nicht rutschen konnte, und damit der Köder glatt, ohne zu spinnen, schleppen würde.
    Ein richtiger schwarzer Nigger ist er, fesch und mürrisch, mit blauen Vodooperlen um den Hals unter seinem Hemd und einem alten Strohhut auf. Was er am liebsten an Bord tat, war schlaf en und Zeitung lesen, aber einen guten Köder konnte er befestigen, und er war fix.
    «Können Sie den Köder nicht selbst so befestigen, Käptn?» fragte mich Johnson.
    «Doch, Mr. Johnson.»
    «Warum nehmen Sie denn einen Neger mit, um es zu machen?»
    «Wenn die großen Fische losziehen, werden Sie’s sehen», sagte ich zu ihm.
    «Und was ist der Witz dabei?»
    «Der Nigger kann es schneller machen als ich.»
    «Kann Eddy es nicht machen?»
    «Nein, Mr. Johnson.»
    «Es scheint mir eine unnötige Ausgabe zu sein.» Er hatte dem Nigger pro Tag einen Dollar gegeben, und der Nigger war jede Nacht auf einer Rumba gewesen. Ich konnte sehen, wie er jetzt schon anfing, schläfrig zu werden.
    «Den brauchen wir», sagte ich.
    Inzwischen hatten wir die Fischkutter mit ihren Fischkörben, die vor Cabanas vor Anker lagen, passiert und die Boote, die auf dem felsigen Grund am Morro verankert lagen, um Muränen zu fangen, und ich steuerte dort hinaus, wo der Golf eine dunkle Linie bildete. Eddy warf die beiden großen Schwimmer aus, und der Nigger legte drei Ruten mit Köder bereit.
    Der Strom stand hoch herein, fast bis zu lotbarer Wassertiefe, und als wir uns seiner Grenze näherten, konnte man ihn beinahe violett mit richtigen Strudeln dahinfliegen sehen. Es kam eine leichte östliche Brise auf, und wir störten eine Menge fliegender Fische auf, von den großen mit den schwarzen Schwingen, die, wenn sie lossegeln, wie
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