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Gute Nacht, Peggy Sue

Gute Nacht, Peggy Sue

Titel: Gute Nacht, Peggy Sue
Autoren: Tess Gerritsen
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werden?«
    Lila dachte einen Moment nach. »Schätze, sie bleibt bei mir.« Sie seufzte. »Ich mag die Kleine irgendwie. Und mein Alter … der hat nichts dagegen.« Lila zuckte mit den Achseln und zündete sich die nächste Zigarette an. »Schließlich«, murmelte sie und blies Rauch in die Luft, »wo sollte das Kind sonst auch hin?«
    »Peggy Sue war also ein Fall für die Klapsmühle, eine notorische Rauschkugel«, sagte M. J. Sie fuhren auf der Sussex Avenue in Richtung Norden.
    »Klingt beinahe, als seist du enttäuscht.«
    »Weiß auch nicht, warum. Schätze, ich hab sie einfach nur für ein Opfer gehalten. Hatte Mitleid mit ihr. Habe so was wie eine … eine verlorene Seele in ihr gesehen.« Sie seufzte. »Vielleicht habe ich mich zu sehr mit ihr identifiziert.«
    »Du bist keine verlorene Seele. Bist es nie gewesen.«
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu und sah, daß er sie mit seinem durchdringenden Blick musterte. Hastig konzentrierte sie sich wieder auf die Straße. »Ja, ich bin wahrlich furchtlos«, sagte sie mit einem Lachen. »Nicht die geringste Delle in meinem Panzer.«
    »Ich habe nicht behauptet, du seist unverwundbar.«
    Ein Blick von dir genügt, und ich weiß genau, wie verwundbar ich bin,
schoß es M. J. durch den Kopf. Die alte Versuchung, ihrer Affäre eine Chance zu geben, die Beziehung Wurzeln schlagen zu lassen, keimte erneut in ihr auf. Sie fühlte sich mutig und ängstlich zugleich, war in der einen Minute sicher, daß es gutgehen würde, und in der anderen überzeugt, daß die Katastrophe vorprogrammiert war. Adam war ein Mann, den sie viel zu sehr lieben könnte – und für diesen sündigen Leichtsinn war ihr ein besonderer Platz in der Hölle vorbehalten. Oder im Himmel.
    Sie konzentrierte sich aufs Autofahren, lenkte den Ford im Stop-and-Go-Tempo über die Sussex.
    »Wo fahren wir eigentlich hin?« fragte Adam.
    »Wir machen nur einen kleinen Umweg. Nach Bellemeade.«
    »Warum?«
    »Ich hab da so eine Ahnung. Könnte sein, daß wir ein paar fehlende Teile des Puzzles finden.«
    »Und über welchen Teil des Puzzles reden wir?«
    »Nicos Biagi.«
    Sie bog auf den Flashner Boulevard ein. Eine halbe Meile weiter oben kamen sie zur Kreuzung Flashner und Grove. An der einen Ecke lag La Roma Arms, ein weißes Apartmentgebäude mit schmiedeeisernen Veranden. Aus dem Namen des Gebäudekomplexes schloß M. J., daß es im Stil einer italienischen Villa geplant gewesen war. Jetzt sah es eher aus wie eine abbruchreife Version von Alamo. Sie fuhr in die Einfahrt und parkte in der Nähe des Pools. Der Pool selbst war leer, und am Zaun stand ein Schild: »Vorübergehend wegen Wartungsarbeiten geschlossen.« Auf dem Grund hatte sich verrottendes Laub von mindestens zwei Jahren angesammelt.
    »Hat Peggy Sue hier gewohnt?« fragte Adam.
    »Das ist es. Ecke Flashner und Grove.«
    »Was wollen wir hier?«
    »Ich wollte mir nur mal die Gegend ansehen.« Sie sah die Straße hinauf und hinunter. Dann folgte ihr Blick der Grove Avenue. »Da ist er ja.«
    »Wer ist wo?«
    »Der Supermarkt. Big E.« Sie deutete die Straße hinauf auf einen großen Lebensmittelladen, der klotzig an der nächsten Ecke stand. »Nur einen Block weit entfernt.«
    »Der Big E«, murmelte Adam stirnrunzelnd. »Hat nicht Nicos Biagi dort gearbeitet? Als Lagerarbeiter?«
    »Du hast’s erfaßt. Ein günstiger Standort, findest du nicht auch? Peggy Sue brauchte nur runter zum Big E gehen, ihre Einkäufe machen, und schon konnte die Party beginnen. Und Nicos kommt mit einer hübschen Provision für seine Vermittlerdienste nach Hause. Und einer ganz persönlichen Kostprobe … der Wunderdroge.«
    »Die sie alle umbringt.«
    »Aber genau das ist der Teil der Geschichte, der nicht ganz logisch ist«, sagte sie. »Ich meine, vom geschäftlichen Standpunkt aus. Da ist eine neue Droge, mit der man Millionen auf der Straße verdienen könnte. Aber welcher Dealer vertreibt schon tödlich reinen Stoff? Und bringt dabei seine Kundschaft um?«
    »Zum Beispiel ein Dealer, der eine ganz bestimmte Kundin umbringen will«, antwortete Adam. »Nämlich Peggy Sue Barnett.«
    »Aber warum Peggy Sue?« M. J. runzelte die Stirn und versuchte die Teile des Puzzles zusammenzusetzen. Sie wußte, daß Peggy Sue ein gefährliches Spiel mit Sex und Drogen gespielt hatte und immer weiter abgesackt war. Dann, vor sechs Monaten, hatte sich ihre Situation grundlegend geändert. Plötzlich hatte sie Geld wie Heu. Sie kündigte ihren Job und lebte nur noch fürs
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