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gute freunde - boese freunde

gute freunde - boese freunde

Titel: gute freunde - boese freunde
Autoren: Elke Reichart
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nämlich gebraucht. Wir hatten jede Menge Screenshots gemacht, Chatprotokolle kopiert, uns die Nicknames aufgeschrieben. O Mann, wenn meine Tante nicht gewesen wäre!

    Wir sind als Nächstes zusammen zu den Streitschlichtern bei uns in der Schule gegangen und haben denen mein Problem geschildert. Die wussten auch nicht Bescheid, woher auch. Das sei Stoff der nächsten Fortbildung. Immerhin.

    Auf die Communities hatte ich zuerst keine Lust mehr. Drei Monate guckte ich nicht mehr rein. Dann löschte ich mein Profil und legte ein neues an. Zurück auf Start. Jetzt bin ich |210| vorsichtiger. Und meine Freundinnen? Na ja, ich hatte überhaupt kein Vertrauen mehr. Ein paar von ihnen haben sich entschuldigt. Einigen habe ich geglaubt, dass es ihnen leidtut, anderen nicht. Aber ich habe über den Konflikt auch neue Freundinnen und Freunde gefunden.

    Auf jeden Fall sollten wir so was mal im Unterricht behandeln und nicht einfach nur über Communities diskutieren. Ich könnte ein paar von den Clips zeigen, die ich im Netz zu dem Thema gefunden habe und zusammen mit den anderen Listen erstellen, auf denen steht, was man tun muss, wenn einem so was passiert.

    (Mehr zum Thema Cyber-Mobbing auf Seite 94 ff.)

    Ich Cedric (14) Mein Thema: Neugier

    Ich weiß, ich weiß – meine Mutter hätte es mit Sicherheit gar nicht gut gefunden, wenn sie das gewusst hätte. Aber was soll’s, ich fand es nun einmal spannend. Jetzt bin ich im Hockeyverein und habe einfach keine Zeit mehr für so was. Zweimal die Woche Training. Wenn ich heimkomme, falle ich aufs Sofa und schlafe ein, bevor meine Mutter nach Hause kommt. Aber noch vor ein paar Monaten war das anders. Jeden Nachmittag ging ich auf Seiten, die angeblich nichts für mein Alter sind: »schmutzige« Seiten.

    In meinem Zimmer steht ein PC mit Internetanschluss. Meine Mutter ist selten daheim, und selbst wenn sie da ist, guckt sie fast nie zu mir herein. Und wenn schon, ich hatte immer |211| parallel zu meinen »schmutzigen« Seiten eine Seite mit harmlosen Flashgames offen. Wenn ich jemanden an der Tür hörte, clickte ich einfach auf diese Seite. Meine Mutter blickt so was nicht. Am liebsten sah ich Pornoseiten. Das erste Mal kam ich durch Zufall auf eine solche. Da hatte ich was zum Thema Hausschwein für die Schule gesucht und war durch Zufall auf einer Erotikseite gelandet. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mir das alles ansehen wollte, aber dann habe ich mir gesagt, dass ich schließlich Bescheid wissen muss. Es könnte ja sein, dass ich mal ein Mädchen kennenlerne, das so richtig rangeht. Und wenn ich mich dann wie ein Anfänger verhalte, mache ich mich lächerlich. Ich sah mir so Stellungen an und wunderte mich, was Frauen alles machen. Sie bestanden nur aus Löchern und Luftballonbrüsten. Seit diesem ersten Mal ließen mich die Seiten nicht mehr los. Ich suchte immer schärfere Bilder. Meine Mutter konnte ich mir so nicht vorstellen. Was tat sie bloß im Bett, wenn ihr Freund bei uns übernachtete? War sie genauso eine Schlampe wie alle anderen? Sie hat mich richtig angeekelt. Wie soll man vor so jemanden Respekt haben? Ich wollte mir von ihr nichts mehr sagen lassen. Jeden Nachmittag surfte ich herum, und am Vormittag fantasierte ich vor mich hin. Wenn ich Mädchen aus meiner Klasse ansah, stellte ich mir immer vor, was ich mit ihnen sexuell machen könnte. Ich war wie besessen.

    Meine Freunde waren ganz anders drauf. Nur einem hatte ich davon erzählt, aber er fand mich komisch. Deshalb chattete ich lieber mit einem Freund, den ich über eine Community gefunden hatte. Er war wahrscheinlich schon älter, obwohl er sagte, er sei noch keine 16. Wir frozzelten manchmal ganz schön über Mädels. Er war super verständnisvoll und nett zu mir. Ich konnte ihm alles erzählen, wie ich mich gerade fühlte und was ich gerade tat. Ich fand das toll, dass sich jemand, der |212| älter ist, so für mich interessierte. Er wollte auch nie mit mir skypen oder mich treffen. Aber er machte mich manchmal heiß, und ich war auch etwas verliebt in ihn.

    Eines Tages kam dann ein Schulfreund auf mich zu und fragte, ob ich nicht in seine Mannschaft wolle. Sie bräuchten einen wie mich, einen, der groß ist und ein bisschen männlich wirkt. Das würde dem Gegner Angst einflößen. Und seit ich da mitspiele, interessiert mich der andere Kram nicht mehr. Anfangs linste ich noch ein wenig beim Duschen zu den anderen. Aber nachdem einer fragte: »Bist du schwul oder was?«, habe ich es
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