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Grrrimm (German Edition)

Grrrimm (German Edition)

Titel: Grrrimm (German Edition)
Autoren: Karen Duve
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dir doch erlaubt sein.‹ Ach, und dann gefiel mir der Kamm so gut, dass ich die Alte hereinließ und fragte, was er kosten solle, und als wir uns einig waren, sagte sie: ›Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen.‹ Von da an weiß ich nichts mehr. Und wenn Nag nicht den Kamm gefunden und wieder herausgezogen hätte … – wer weiß, ob ich noch leben würde.«
    Mit offenem Mund starre ich auf den Kamm, den ich tatsächlich in der Hand halte. Ich muss ihn ihr bei unserem Kampf aus den Haaren gerissen haben. Wie ich schon sagte: Sie ist eine geborene Lügnerin.
    »War es so?«, fragt Grimbold. Ich schlucke und nicke.
    »Ja. Als ich im Stollen war, überkam mich plötzlich so eine böse Ahnung, und ich dachte mir, wenn ich euch etwas davon sage und ich habe mich geirrt, steh ich schön dumm da. Am besten, ich laufe schnell allein nach Hause und sehe nach dem Rechten.«
    »Ich muss dich um Entschuldigung bitten«, sagt Grimbold, »wir hatten dich in falschem Verdacht.«
    Auch die Übrigen wollen mir anerkennend auf die Schulter klopfen, aber ich bleibe unzugänglich. Schlimm, wenn einem nicht mal die eigenen Freunde vertrauen. Schneewittchen wird von Grimbold noch einmal verwarnt, auf der Hut zu sein und nun aber gewiss niemandem mehr die Tür zu öffnen.
    »Ich verstehe sowieso nicht, warum du unbedingt diesen Kamm kaufen musstest. Für mich sieht er haargenau so aus wie der, den du sonst immer trägst. Bickerl soll ihn im Wald vergraben.«
    Am nächsten Morgen nahm ich den Goldklumpen heimlich wieder mit in den Stollen, tat ihn an seine alte Stelle und rief dann die anderen zusammen, um ihnen meinen Fund zu zeigen. Na, da waren natürlich alle aus dem Häuschen. Grimbold befahl sofort, dass wir an dieser Stelle weiterhacken sollten, und wir stießen tatsächlich auf eine richtig große Goldader. Es war gar nicht abzusehen, wie weit sie noch in den Berg hineinreichen würde. Jedenfalls genug, um uns alle sieben reich zu machen. Die Taschen voller Goldkörner und aufgekratzt wie kleine Kinder liefen wir ins Dorf hinunter, wo Grimbold als Erstes ein Pferd mit Wagen erstand, womit wir dann alle in die Stadt fuhren. Dort ging Grimbold doch tatsächlich zur Frau des Bürgermeisters und handelte ihr eines ihrer Kleider ab. Es war aus weißem Brokat und grünem Samt und mit Goldfäden bestickt. Ich ärgerte mich, dass ich nicht auf diese Idee gekommen war. Aber dann entdeckte ich in einem Geschäft ein Armband, an dem eine kleine silberne Eule hing, und kaufte das. Helmerich kam mit Schinken und Würsten und einem ganzen Fass Branntwein an. So zogen wir mit unserem Wagen und den Geschenken wieder nach Hause. Schneewittchen sah fabelhaft aus in dem Kleid der Bürgermeisterin, beinahe konnte man ihr die Prinzessin jetzt glauben. Sie trug auch das Armband, das ich ihr mitgebracht hatte, und schnitt den Schinken auf und schenkte uns Branntwein ein. Auch sich selber. Wir redeten alle durcheinander und machten Pläne, wie das Haus zu verbessern sei oder ob man nicht gleich ein ganz neues bauen sollte, in dem jeder sein eigenes Zimmer hätte. Und zwei Zimmer für Schneewittchen.
    »Und eine Magd, die alle Arbeit macht, damit Schneewittchen sich immer ausruhen kann«, rief Hobo.
    »Aber bei Tisch will ich euch weiterhin bedienen. Das lass ich mir nicht nehmen«, sagte Schneewittchen und küsste ihn auf die schmierige Wange. Und dann lächelte sie mich an, als wäre zwischen uns überhaupt nichts vorgefallen. Weiß der Teufel, was in ihrem komischen kleinen Kopf vorging.
    In den folgenden Tagen versuchte ich immer wieder, mit ihr zu sprechen. Ich wollte ihr sagen, dass es mir leidtat, dass ich so über sie hergefallen war – auch wenn das natürlich nie passiert wäre, wenn sie mich nicht so geärgert hätte. Und ich wollte ihr danken, dass sie mich nicht verraten hatte. Ja, das wollte ich. Aber es gab nicht eine einzige Gelegenheit, mit ihr allein zu sprechen. Immer wuselte einer der anderen um sie herum – Schneewittchen hier, Schneewittchen da, Schneewittchen darf ich für dich das Geschirr abtrocknen, während du abwäschst, Schneewittchen darf ich dir beim Wäscheaufhängen helfen, Schneewittchen guck mal, was ich dir aus der Stadt mitgebracht habe … Ich kam einfach nicht zum Zug. Also wartete ich, bis wir wieder im Stollen waren, und dachte mir einen Vorwand aus, um vor den anderen nach Hause gehen zu können und Schneewittchen allein zu treffen. Aber als ich Bauchschmerzen vortäuschte, kroch der Venetianer mit mir
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