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Grippe

Grippe

Titel: Grippe
Autoren: Wayne Simmons.original
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Polizisten unterdessen konnten ihre Sperre nur unter gewaltiger Anstrengung aufrechterhalten, als der Druck mit Beginn der Versiegelung urplötzlich zunahm. Einer der Ärzte verlor das Gleichgewicht und fiel hin, und als ein Officer ihm aufhelfen wollte, musste auch er sich von den Aufwieglern umwerfen lassen.
    Die Arbeiter kamen heraus. Die junge Frau hatte realisiert, was geschah, und versuchte, ihnen zu folgen, doch sie machten die Tür schnell genug zu. George hörte, wie sie gegen das Holz hämmerte und kreischte. Dann wandte er sich ab, wobei er einen Blick auf Norman erhaschte.
    Voll für den …
    Die Leute preschten weiter voran. Einige durchbrachen die Reihe der Beamten. George sah zu, wie sich Norman aufbaute und erneut seine Kanone auf sie richtete. Es war nur ein Versuch, für Ruhe zu sorgen, doch ein Junge, der nicht viel älter als zehn sein mochte, entriss ihm die Waffe. In der augenblicklichen Hektik fiel ein Schuss, und der Knabe ging verwundet zu Boden, bevor die Masse über ihn trampelte.
    »Um Gottes willen«, flüsterte George.
    Sein Gesichtsschutz beschlug erneut, was der Szenerie einen unwirklichen Anstrich verlieh. Durch das benebelte Glas sah er, wie seine spezielle Freundin begeistert den Verletzten filmte, ehe sie ihr Handy auf Norman richtete, der hilflos dreinschaute. George überraschte, dass die anderen Kameras es nicht ebenfalls einfingen. Stattdessen konzentrierte man sich auf etwas hinter den eigenen Reihen – etwas, das anscheinend durchs Treppenhaus heraufkam.
    Mit einem Mal nahm die Urgewalt der Meute um gut das Doppelte zu, und durch den Stoß verlor der Sanitäter am Boden sein Atemgerät. Er wollte noch danach greifen, kam jedoch nicht wieder auf die Beine, als ein weiterer Ruck durch die Menge ging. Vorne wurden Menschen eingequetscht; sie fluchten und riefen um Hilfe, während andere gegen sie gedrückt wurden, ohne sich wehren zu können. Gleichzeitig hörte man noch das Kreischen der jungen Frau, die hinter der Tür – mit ihrer Tochter zum Tode verurteilt – ausharrte. Irgendwer – George wusste nicht, ob aus Versehen oder bewusst – musste eine Pistole gezogen und gegen sich selbst gerichtet haben.
    Dann sah er Norman zu Boden gehen. Sein imposanter Leib rollte hin und her, um sich zu verteidigen, doch man schob weiter, weshalb einige wie in einem aus den Fugen geratenen Rugby-Match über ihn stolperten und stürzten. Norman gelang es, wie ein gewaltiger, hässlicher Phönix aufzustehen, wobei er seine Schläuche mit einer Hand festhielt, während die andere Hiebe austeilte. Mit seiner Geduld war es offensichtlich vorbei, und er begab sich auf die selbe Stufe wie die Masse.
    Einer der Handwerker, der noch die Tür verschweißte, drehte sich fahrlässig um und hielt die Flamme versehentlich in das Gesicht eines Mannes mittleren Alters. Der brüllte und fasste sich ruckartig an die versengte Haut. Sie schlug Blasen wie Popcorn. Der Gestank war widerlich, sein Schrei drang bis ins Mark. George hörte ihn deutlich, eine schrille Frequenz, höher als das roboterhafte Geräusch seiner beschleunigten Atmung.
    Er packte Norman am Sauerstoffrucksack und zerrte ihn eilig den Korridor hinunter. Die Zahl der Leute nahm sogar noch zu; in Scharen strömten sie die Treppe herauf. Dies war kein gewöhnlicher Tumult mehr oder Randale, sondern etwas viel Schlimmeres. Eine solche Brutalität, diese Verzweiflung hatte George bisher nicht erlebt.
    Als er eine offene Wohnungstür entdeckte, winkte er Norman zu, und sie schlüpften hinein, um sich vor den Ausrastenden zu verstecken. Sie schlugen die Tür fest zu, und sogleich warf man sich von draußen dagegen. Norman schloss ab und schob die Kette vor, als garantiere sie Sicherheit. Dann wichen beide von der Tür zurück und verschnauften.
    »Meine Fresse«, keuchte Norman.
    Es war wieder still. George hörte nur einen anderen Fernseher, der die gleiche Debatte wie vorhin ausstrahlte. Allerdings war der Klang besser, und man verstand deutlicher, was gesagt wurde. Die Stimme eines Arztes – älter und gemäßigter – versuchte vergeblich, einem wutschnaubenden, jüngeren Mann Einhalt zu gebieten. Das Virus hatte seine ganze Familie dahingerafft, und er wollte wissen, was unternommen, welche Maßnahmen ergriffen wurden. Das kann ich dir sagen, dachte George.
    Eine ältere Frau mit angespanntem, roten Gesicht stand im Bademantel auf dem Flur. Sie schrie sie an, sich schleunigst zu verpissen, und nannte George ein Schwein. Das hatte er sich
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