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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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keinen Bissen runterkriegen«, persiflierte ich seinen Stil. »Darf ich mich setzen?«
    Er räumte ein paar Bücher vom Sofa und kam mir dabei wieder gefährlich nahe. Zum Glück sprach er nichts. Alles blieb trocken.
    »Sie haben Nello an dem Abend nach Hause gebracht«, begann ich, »ist da noch etwas Besonderes vorgefallen? Hat er noch etwas über den Abend gesagt? Oder ob er vielleicht eine Reise planen würde?«
    Beutelmoser überlegte. Seine hohe Denkerstirn mit den grauen Haarresten glänzte. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein! Nello war die Ruhe selbst! Was mich sehr gewundert hat, denn immerhin hatte dieser junge Mann ihn mit einer Waffe bedroht! Nein, er war heiter und gelöst. Wir haben bei mir noch ein Gläschen Roten genossen! Und über die Literatur und meine neuen Projekte gesprochen!«
    »Neue Projekte? Wie interessant!«, heuchelte ich. Er war eitel, so konnte ich ihn kriegen. Alter Interviewtrick. Schaffe für deinen Gesprächspartner eine angenehme Atmosphäre, dann kannst du alles aus ihm herausholen. Schweinisch, aber hilfreich, und es klappt meistens.
    Erfreut hörte ich ihn sagen: »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, um was es geht.«
    Er erhob sich und trippelte mit seinen kurzen Beinen zu einem kleinen Tisch, der an der Wand lehnte. Dort standen seine gesammelten Werke, die Anordnung erinnerte mich an einen Hausaltar. Nur die Opfergaben davor fehlten. An der Wand über dem Tisch prangten eingerahmte Zeitungsausschnitte und Fotos von seinen Lesungen.
    »Hier ist mein neues Gedichtbändchen mit humoristischer Poesie!«, erklärte er und reichte mir ein Büchlein mit buntem Einband. »Pflanzen hören dir zu – so der Titel. Ich möchte es Ihnen schenken!«
    Ich hoffte, dass mein Lächeln Dankbarkeit ausstrahlte. Ich las den Klappentext: »Lazarus Beutelmoser macht mit Herz und Humor deutlich, wie wichtig die Pflanzenwelt für uns Menschen ist. Ein Büchlein für Menschen von acht bis achtzig.«
    »Sehr nett, Herr Beutelmoser«, sagte ich, »vielen Dank.« Auf dem Weg zur Couch las ich das erste Gedicht. Es hatte nur zwölf Zeilen, hieß »Der Fliegenpilz« und ging so:
    »Wenn der Pilz ein Messer sieht
    und er vor dem Kochtopf flieht
    kurz: Wenn es dem Pilze graut
    kriegt er eine rote Haut.
    Wenn der Schock vorüber ist
    sinnt der Pilz nach einer List.
    Lädt die Fliegen auf sein Dach
    die summen die Würmer wach.
    Doch der Mensch, der sich gefreut
    auf eine schöne Pilzmahlzeit
    sieht den Tanz und kriegt 'nen Schreck:
    Ein Fliegenpilz! Dann Finger weg!«
    »Hübsch, das Gedicht vom Fliegenpilz«, lobte ich, »zeugt von viel Humor und einer genauen Kenntnis der Abläufe in der Natur.«
    Er nahm mein Kompliment gelassen hin.
    »Das sind aber nur Kleinigkeiten!«, sagte er dann und griff in die Erdnussflips. »Ich habe zurzeit ein großes Werk in Arbeit. Einen großen Roman. In der Tradition von Döblin und Musil! Eine Beschreibung der Welt, wie sie ist und sie werden könnte! Das Werk schlägt den Bogen von dem grenzenlos egoistischen Individualismus unserer Tage zu einer sich urchristlich zurückbesinnenden Gesellschaft, die Hass durch Liebe ersetzt!«
    Sein Gesicht glühte, und vor Aufregung scharrte er mit seinen kurzen Beinen auf dem Teppich.
    »Hört sich sensationell an! Hat das Buch denn auch eine Handlung?«
    »Der Protagonist ist ein ansehnlicher Mann in den besten Jahren, der mit einer schönen jungen Frau auf einer einsamen Insel die Tage verbringt! Irgendwann bricht er aus, denn auch in diesem Schutzraum ist er nicht sicher vor dem Elend und der Gewalt! Mehr kann und darf ich nicht verraten, sonst ist mein Verleger böse auf mich!«
    »Überaus spannend«, log ich, »hat der Held nicht viel Ähnlichkeit mit Ihnen, Herr Beutelmoser? Ich höre da eine Menge Autobiografisches heraus! Ein attraktiver Mann in den besten Jahren und so …«
    Er fühlte sich ertappt und schlug die Augen nieder. Wollte eigentlich schweigen und konnte nicht.
    »Sie sind eine sehr sensible Zuhörerin, liebe Freundin! Ja, ich will es gern zugeben, dass dieser Mann Ähnlichkeit mit meiner Person hat!«
    »Und die junge Frau? Gibt es die auch?«
    Beutelmoser errötete und verschluckte sich an den trockenen Flips. Er hustete.
    »Ich kann keine Dame kompromittieren!«, wehrte er ab, als er wieder Luft bekam. »Schon gar nicht einer Journalistin gegenüber!«
    Ich hatte keine Lust auf Katz-und-Maus-Spiel und stellte kategorisch fest: »Es ist diese junge Schauspielerin Beate Elsermann, nicht wahr? Die Eve aus dem
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