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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ein kariertes Hemd gestopft war. Die Lederweste war mit silbernen Nieten verziert. Um seinen Bauch schlang sich ein schwerer Revolvergürtel mit einem Spielzeugcolt.
    Der große, mittelbraune Cowboy-Hut war tief ins Gesicht gezogen. Die Füße des Lyrikers steckten in handgenähten Westernstiefeln, an deren Fersen silberne Sporen befestigt waren.
    Der Raum war leicht abgedunkelt. Der Meister machte ein ernstes Gesicht. Er würdigte die Journalisten keines Blickes, sondern konzentrierte sich auf das Gedicht, das er gleich vortragen würde.
    Es handele sich um ein Sonett aus dem Zyklus »Zwischen Windeln und Wahnsinn – Von der Einsamkeit der Frau«, das erst vor einigen Tagen fertig geworden war und Zeugnis ablegen sollte von der allmählichen Gesundung des Patienten »Django«, so erklärte der Leitende Arzt der gespannten Journalistenschar.
    Der Meister räusperte sich, erhob die Stimme und skandierte:
    Oh Frau! Du Mensch und Mutter, Hure und auch Herrscherin,
    schweigsame Seele, vergessner Rauch aus dunklen Zeiten.
    Dein Bild – zum Greifen nah, dann fern in unendlichen Weiten.
    Ein lichter Tag! Du stehst am Horizont, ich weiß: Ich bin!
    Das hatte ich doch schon mal gehört! Aber wo? Bei der Perlenkettenorgie im Bierstädter Kongresszentrum. Die Hausfrauen konnten damals dem Gedicht weit weniger abgewinnen als jetzt die Ärzte.
    Ich konnte nicht anders. Es fing in meinem Bauch an, dieses warme, gute Gefühl. Dann stieg es höher, berührte meine Rippen einzeln und regte sie zur Vibration an. Als das Gefühl in meinem Hals ankam, stand mein Erstickungstod unmittelbar bevor. Ich verhinderte ihn, indem ich mich völlig dem Gefühl hingab. Ich öffnete den Mund und lachte los. Dann brüllte ich in die Runde, immer wieder durch eigene Lacher unterbrochen:
    Oh Gott! Lass dieses Antlitz, das so sanft erröten kann,
    doch tausend- und millionenmal in Töchtern weiterleben.
    Lass diese Augensterne sich ganz in unsere Welt erheben
    für immer! Für alle und für den Menschen namens Mann!
    Das Licht ging an. Am Schalter stand Beutelmoser. Er starrte mich an. Ich hörte auf zu lachen. Dann kam er auf mich zu, zog seinen Colt aus dem Gürtel und drückte ab. Einmal, zweimal und ein drittes Mal. Die Waffe gab drei schlappe Muckser von sich.
    »Bleib cool, Django« sagte ich.
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