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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition)
Autoren: Olle Lönnaeus
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getroffen? Ich meine, seit Sie wieder hier wohnen?»
    «Ein Mal …»
    ***
    D ie Hand, die Joels Arm ergreift, ist fest, so wie früher. Doch als er herumfährt, sieht er, dass Mårten alt geworden ist. Und Angst hat. Die Angst leuchtet förmlich aus seinen Augen. Panik geradezu.
    Im Systembolag ist viel los, alle scheinen sich heute noch mit Alkohol eindecken zu wollen, und plötzlich kommt es Joel vor, als starrten alle im Geschäft sie an. Das Klirren der Flaschen und die übrigen Geräusche verstummen.
    Der Mann, den er über all die Jahre hinweg gehasst hat, bettelt ihn mit einem Hundeblick an. Sein Gesicht sieht verlebt aus. Rot und aufgedunsen. Zwanzig Jahre älter, aber es ist nicht das Alter, das ihn verändert hat, sondern etwas, das von innen kommt. Er wirkt hilflos, der Alte.
    Joel reißt sich mit einem Ruck los.
    «Lass mich in Ruhe! Und hör auf mich anzurufen. Ich will nichts mit dir zu tun haben. Kapiert?»
    Mårtens Stimme wirkt verletzt. «Ich habe doch nur noch dich, Joel.»
    Mehr kann er nicht sagen, weil Joel aus dem Laden stürzt.
    ***
    D ie beiden Polizisten betrachteten ihn mit neutralen Mienen, als warteten sie auf eine Fortsetzung. Die Erinnerung hatte ihm einen Stich ins Herz versetzt, scharf wie mit einer Messerklinge. Joel hörte selbst, wie schwer er atmete.
    «Ich hab Mårten vor ein paar Wochen im Systembolag in Tomelilla getroffen. Er war völlig am Ende.»
    «Vielleicht gab es ja einen Grund dafür», sagte Fatima leise.
    Joel antwortete nicht.
    «Sie hatten den Eindruck, dass er Angst hatte?», fragte Lundström.
    «Ja …»
    «Und was geschah dann?»
    «Eigentlich nichts. Er griff nach meinem Arm und starrte mich mit seinem erbärmlichsten Hundeblick an. Schwafelte etwas davon, dass ich der Einzige wäre, den er noch hätte.»
    «Und dann?»
    «Ich hab mich vom Acker gemacht. Bin ins Auto gestiegen und nach Hause gefahren.»
    «Haben Sie ihn denn gleich wiedererkannt? Ich meine, es waren ja viele Jahre vergangen.»
    «Klar, er war älter geworden. Aber natürlich hab ich den Alten erkannt.»
    «Sind Sie ganz sicher, dass es seine Stimme war, die Sie heute Nacht am Telefon gehört haben?»
    «Wer sollte es denn sonst gewesen sein?»
    «Beantworten Sie die Frage.»
    Widerstrebend zwang sich Joel, sich die Nacht erneut in Erinnerung zu rufen. Die Rastlosigkeit, die ihn schleichend befallen und dazu gebracht hatte, auf die Verandatreppe hinauszugehen, um dem Sturm zu lauschen. Wonach hatte es noch mal gerochen? Das Klingeln des Handys. Aufgrund des Unwetters war die Verbindung schlecht gewesen. Und dann die Stimme. «Es ist eilig. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit.» Warum war er selbst nur so sauer geworden?
    Joel neigte den Kopf zu Boden.
    «Die Verbindung war zwar miserabel. Aufgrund des Schneesturms, nehme ich an. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es Mårten war.»
    Er spürte den Zweifel der beiden Polizisten im Nacken.
    «Ihre Reaktion … Sie erstaunt mich etwas», sagte Lundström. «Das Erste, was Sie tun, ist, sich mit einer Schrotflinte und einer Axt auszurüsten und sich dann hinaus in den Sturm zu stürzen.»
    Vergeblich durchsuchte Joel die Windungen seines Gehirns, um sich daran zu erinnern, was er in dem Augenblick gedacht hatte, als er sich auf den Weg machte. Die Bedrohung, woher kam sie? Aber in seinem Kopf war es leer. Undurchdringliches Dunkel.
    «Folglich müssen Sie geahnt haben, dass Mårten nicht anrief, weil er krank war, sondern weil er vor jemandem Angst hatte», schloss Bill Lundström.
    Als Joel den Kopf wieder hob, begegnete er Fatimas Blick.
    «Vielleicht wollten Sie ihn trotz allem retten», sagte sie.

Kapitel  4
    D er junge Mann reibt sich die rot gefrorenen Finger eine Weile im Treppenhaus, bevor es ihm gelingt, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Er klopft sich sorgfältig den Schnee ab, bevor er über die Türschwelle tritt. Schnürt seine Stiefel auf und stellt sie dicht nebeneinander auf die Fußmatte.
    Dann geht er quer durch den Raum und zieht die Jalousien hoch. Draußen ist es dunkel und klirrend kalt. In einigen Fenstern im Hochhaus gegenüber brennt Licht. Hinter einem von ihnen erblickt er die Silhouette einer Frau. Er wendet sich unmittelbar ab.
    Der Weg zurück nach Hause dauerte länger, als er berechnet hatte.
    All dieser Schnee.
    Er gießt etwas Wasser in einen Topf und schaltet die Herdplatte ein. Wartet schweigend, bis es kocht, und lässt es dann über den Teebeutel in der Kanne laufen.
    Der süße aromatische Tee
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