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Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)

Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)

Titel: Gottes geheime Schöpfung: Thriller (German Edition)
Autoren: Ted Kosmatka
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heraus und verwandelten die Felder der abgelegenen Bauernhöfe in Flächen aus braunen Stoppeln.
    Nach der Schule drückte sich Paul meistens im Haus herum. Manchmal jedoch, wenn sein Vater nicht zuhause war, traf er sich mit Rebecca, und an diesen Tagen streiften sie durch die Wälder. Sie erforschten die gefrorenen Marschen hinter ihrer Wohnsiedlung; eine Wildnis ohne Straßen, Bürgersteige und Eltern.
    Stattdessen gab es hier Fährten von Katzen, hohes Gras und uralte Eichen. Dunkles Wasser, das sich unter großen Schneeflächen verbarg. Und zudem zogen sich diese Marschen meilenweit hin.
    An diesem kalten Samstagnachmittag gingen Paul und Rebecca einen schmalen Pfad zum Fluss hinab. Der Morgen war kalt und windig gewesen. Ein eisiger Nordwind pfiff durch die Baumwipfel, und die Temperatur war im Vergleich zum Vortag um fast sechs Grad Celsius gefallen. Ihr Atem bildete Wolken in der eisigen Luft. Sie redete nicht, während sie nebeneinanderher gingen. Es war zu kalt, um zu sprechen. Schließlich bogen sie um eine letzte Kurve auf dem Pfad, dann lag der Fluss vor ihnen: der Little Cal, ein glattes weißes Band, das einen Streifen durch das Herz der sumpfigen Schneelandschaft bildete. Hartnäckige Ansammlungen von Hartriegeln und schwarzen Eichen fristeten ihr Dasein in den Überschwemmungsebenen. Paul wusste, dass im Frühling große Teile dieser Marschen unter Wasser stehen würden, vom Fluss vereinnahmt. Aber in den Wintermonaten zog sich der Fluss in sein Bett zurück, grub sich tief ein und bedeckte sich mit einer Eisschicht.
    Es war verrückt, auf dem Eis des Flusses zu spielen, das wussten sie.
    »Komm schon!«, forderte Rebecca ihn auf.
    »Ich komme ja. Immer langsam mit den jungen Pferden.«
    Sie gingen über das Eis wie über eine kurvige Landstraße.
    Selbst im Winter wimmelten die Marschen von Leben; Anzeichen davon waren überall zu sehen. Tierspuren zogen sich wie Interpunktionszeichen durch den Schnee. Manchmal brach Rotwild aus dem Unterholz, so anmutig wie Tänzer. Zunächst war es nur eine undeutliche Form im Wald, bis das weiße Blitzen eines Schwanzes die Aufmerksamkeit erregte. Rannte eines der Tiere los, folgten ihm die anderen, wobei sie sich instinktiv von dem Eis fernhielten.
    In nur wenigen Monaten würde dieser Ort nicht mehr wiederzuerkennen sein. Die Pflanzen würden geradezu explodieren, und die niedrigen Büsche würden ihre Gerippe unter dichtem Laubwerk verbergen. Wohin Paul auch blickte, sah er ihn – den endlosen Zyklus aus Geburt, Wachstum und Vergehen. Ein Zyklus, so alt wie der erste Tag. So alt wie Gottes Spruch »So sei es«.
    Die Schritte der Kinder knirschten auf dem Eis. Sie waren heute auf der Jagd nach Ködern, die Messer in den Händen. Deren gezackte Klingen machten kurzen Prozess mit den Zwanzig-Pfund-Angelschnüren.
    Drei Viertel des Jahres gehörte der Fluss den Anglern. Sie warfen durch ein Gewirr aus tief hängenden Zweigen ihre Angeln in das schlammbraune Wasser. Dabei blieb es nicht aus, dass einige Köder in den Ästen hängen blieben. Die Fischer fluchten und zogen an ihren Schnüren, bis sie rissen; dann baumelten die Köder wie unerreichbare, tief hängende Früchte über dem Fluss. Wie gesagt, die Leute angelten drei Viertel des Jahres, der Winter aber gehörte den Kindern.
    Also gingen sie über das Eis wie über festen Boden und zerschnitten mit ihren scharfen Messern die Angelschnüre, die sich wie ein Spinnennetz zwischen den Zweigen spannten. Sie sammelten die rot-weißen Schwimmer, die bunten Spinner und vertrockneten Eiersäcke, die mit weißem Nylonnetz umwickelt waren.
    Wer den Köder zuerst sah, dem gehörte er. Auf dem Eis durfte man nicht rennen, und es ging nicht darum, wer als Erster dort war. Sie bewegten sich langsam, zwei Meter voneinander entfernt, um ihr Gewicht gleichmäßiger zu verteilen. Sie respektierten das Eis und gaben sich alle Mühe, seine Regeln zu befolgen.
    Paul war größer und schwerer als Rebecca, daher gab es etliche Köder, die nur für Rebecca erreichbar waren.
    An diesem Samstag gingen sie in südlicher Richtung über den Fluss.
    Es gab etliche Regeln, wenn man auf Eis ging. Zum Beispiel war es am Ufer dünner, so dass es schwierig sein konnte, überhaupt auf das Eis drauf oder wieder herunterzukommen. Ebenso ist es an Flussbiegungen weniger dick, weil das Wasser dort schneller fließt. An Stellen, wo die aufliegende Schneedecke dunkel und matschig aussieht, ist mit ziemlicher Sicherheit das Eis darunter angetaut und
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