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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition)
Autoren: Gisela Stelly
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Frühstück vorbereitet, bei dem nur wenig gesprochen wurde. Die Schwestern sahen sich immer wieder tief in die Augen, als könnten sie sich damit gegenseitig stärken.
    Eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn brach Pia dann auf. Kurz nach zehn Uhr betrat sie mit ihren Mitarbeitern und Beratern den Konferenzraum der Solotel-Gruppe und begrüßte die Verhandlungspartner. Am großen Tisch saßen sich dann Käufer und Verkäufer, die Anwälte beider Seiten, die Gutachter und die Vertreter der Bank gegenüber.
    Pia wirkte sehr blass, ihr lippenstiftroter Mund leuchtete aus ihrem bleichen Gesicht. Sie hatte sich Belladonna-Tropfen in die Tränensäcke geträufelt und versucht, die dunklen Ringe um die Augen mit einem Abdeckstift zu mildern. In den letzten Wochen hatte sie wenig geschlafen und viel gerechnet. Von morgens bis spät in die Nacht. Sie strich jetzt eine Locke ihres kastanienbraunen Haars aus der Stirn und wollte dem Verhandlungsleiter der italienischen Gruppe, der ihr gegenübersaß, sehr offen und entschieden in die Augen schauen. Wollte ihm signalisieren, dass sie entschlossen und bereit war, um das Überleben von Solotel zu kämpfen. Mochte die Bedrängnis durch die Bank auch noch so groß sein, sie würde die Anteile nicht unter Wert verschleudern.
    Doch kaum hatte sie ihn gesehen, musste sie ihren Blick senken. Etwas im Gesicht von diesem Signore Leone, nicht nur in seinen Augen, irritierte sie. Sie runzelte verwundert die Stirn, zwang sich dann, sich zu konzentrieren, und begrüßte, wie sie sich vorgenommen hatte, die italienischen Kaufinteressenten auf Italienisch, stellte einige allgemeine Fragen nach dem Befinden, dem Flug und dem bisherigen Aufenthalt in München. Dann versuchte sie erneut, den Verhandlungsführer ihr gegenüber zu fixieren, und wappnete sich mit Entschiedenheit.
    »Signore Leone«, begann sie und ließ sich dieses Mal nicht irritieren, »sollten wir uns einigen, dann übergeben wir Ihnen einen kleinen Schatz. Aber seien Sie sicher, Sie bekommen ihn nicht geschenkt«, versprach sie lächelnd mit nun fester Stimme und festem Blick, dann eröffnete sie mit einigen erklärenden Worten zum Ablauf die Verhandlung, die jetzt auf Englisch geführt wurde.
    Francesco konnte ihr zunächst nur mit Mühe folgen. Pias roter Mund und ihr blasses Gesicht leuchteten aus der Mitte ihrer Mitarbeiter und Berater heraus. Das lenkte ihn ab. Er ertappte sich dabei, wie er sie beobachtete. Wie er mehr den Bewegungen ihrer Augen, ihres Munds, ihrer Hände, wenn sie etwas erklärte, folgte als dem Inhalt ihrer Worte. Er musste sich sogar zwingen, sich auf die PowerPoint-Präsentation der einzelnen Hotels der Wellness-Kette zu konzentrieren. Konnte jedoch nicht verhindern, dass er immer wieder überlegte, ob er ihr irgendwo schon einmal begegnet war. Suchte immer wieder in seiner Erinnerung, fand aber nichts.
    »Signore Leone, was halten Sie von unserem Vorschlag?«, hörte er sie auf Italienisch fragen.
    »Er gefällt mir«, hörte er sich antworten.
    »Er gefällt dir?! Das meinst du nicht ernst! Der Vorschlag ist stupido! Veramente stupido!«, zischten ihm augenblicklich seine Begleiter hinter vorgehaltener Hand zu.
    Francesco unterbrach die Verhandlung, er brauche einen Espresso, sagte er, einen Doppio, er habe einen Jetlag, auch wenn er nicht länger als eine Stunde von Mailand nach München geflogen sei. Er lachte etwas zu laut.
    Es sei Föhn, da könne das schon mal passieren, erklärte ihm Pia und stand auf, man vereinbarte eine Viertelstunde Pause und jede Partei zog sich mit ihren Beratern zurück.
    Als Francesco und seine Begleiter die Plätze am Tisch wieder einnahmen, veränderten sie die Sitzordnung, nun saß er nicht mehr der Signora Münzer, die ihn ganz offensichtlich zu verwirren verstand, wie ihn die Kollegen in der Pause gefoppt hatten, er saß jetzt dem Vertreter der Bank gegenüber. Trotzdem zogen sich die Verhandlungen hin. Francescos Leute wurden immer unzufriedener mit seiner Verhandlungsführung.
    »Du bist heute nicht in Form«, flüsterte ihm der Kollege zur Rechten zu. »Sollen wir abbrechen?«, fragte er leise.
    Francesco schüttelte den Kopf.
    »Ich warte auf den richtigen Moment«, antwortete er ebenso leise.
    Er hatte lange dafür trainiert, warten zu können, um schließlich genau den richtigen Moment zu erwischen. Im Laufe der Jahre hatte er es zu seiner Methode gemacht, zu seinem Handwerkszeug wie einst ein Maurer seine Kelle oder ein Tischler seinen Hobel, den richtigen
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