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Göttin der Rosen

Göttin der Rosen

Titel: Göttin der Rosen
Autoren: P.C. Cast
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sein, und gerade vor zwei Tagen war sich Jill fast sicher gewesen, dass Mikki an ihrem Tisch eingeschlafen war. Vielleicht brauchte sie Urlaub. Und vielleicht brauchte sie auch eine Gehaltserhöhung. Jill wollte sie auf keinen Fall an die Konkurrenz verlieren, und jetzt hatte gerade ein neues Herzkrankenhaus in der 91st Street aufgemacht. Sie waren ganz sicher auf der Suche nach erfahrenen Angestellten. Jill machte sich im Kopf eine Notiz, gleich Montagmorgen zu sehen, was sich in Sachen Gehaltserhöhung machen ließ, und Mikki einen Reisekatalog zukommen zu lassen.
    »Warum machen Sie heute nicht früher Schluss? Es war eine lange Woche.«
    Mikki sah sie überrascht an und lächelte. »Das wäre super! Ich hab heute ein Date, für das ich mich fertigmachen muss.«
    Jill grinste ihre Assistentin an. »Ich drücke Ihnen die Daumen.« Mit einem raschen Blick versicherte sie sich, dass niemand in Hörweite war, bevor sie mit einem Augenzwinkern hinzufügte: »Es ist doch immer schön, einen kompetenten Mann kennenzulernen.«
    Mikki kicherte verlegen. »Er ist Professor.«
    »Na, dann will ich hoffen, dass sein ›Sie wissen schon was‹« – sie wackelte vielsagend mit den Augenbrauen – »genauso groß ist wie sein Gehirn. Bis Montag!« Damit stolzierte sie davon, und ihre Hüften schwangen im Rhythmus ihres typischen anzüglichen Gangs.
    Mikki lächelte immer noch, als sie ihren Computer herunterfuhr. Erst als sie den Monitor ausschaltete, fiel ihr Blick auf die laminierte Versicherungskarte, die neben der Tastatur lag.
    »Ach, verdammt! Ich hab Sevillana ihre Karte nicht zurückgegeben!«
    Mikki griff sich die Karte und eilte durch die Tür in den Innenbereich der Notfallstation. Die Schwesternstation befand sich in der Mitte des großen Saals, und Mikki kannte die Sekretärin, die hinter dem Tresen saß. Wie gewöhnlich tippte die zierliche Brünette eifrig auf ihrer Tastatur.
    »Hey, Brandi, in welchem Zimmer ist Sevillana Kalyca?«
    »Sieben.« Die gestresste Sekretärin sah nicht einmal von ihrem Bildschirm auf. »Den Namen vergisst man so schnell nicht.«
    »Danke.« Mikki lief zu der Tür mit der Nummer 7. »Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es bald ruhiger für Sie wird«, rief sie der Sekretärin über die Schulter zu.
    »Wohl kaum«, brummte Brandi.
    Mikki klopfte an die Tür.
    »Kommen Sie herein«, erklang Sevillanas unverkennbare Stimme.
    Mikki öffnete die Tür und spähte zögerlich in das Zimmer. Sevillana winkte sie mit ihrer unverletzten rechten Hand herein. Ihre Linke lag auf der mit einem blauen Tuch bedeckten, metallenen Armstütze ihrer Untersuchungsliege. So konnte Mikki deutlich den tiefen Schnitt sehen, der sich über Sevillanas Handfläche zog. Aus der Wunde sickerte Blut.
    »Kommen Sie rein, meine Liebe. Die Schwester holt gerade irgendwelche Instrumente, mit denen sich das hier beheben lässt.« Die alte Dame machte eine Kopfbewegung in Richtung ihrer Hand. »Anscheinend muss der Schnitt genäht werden.«
    »Das tut mir leid«, sagte Mikki automatisch. »Ich hoffe, es tut nicht allzu sehr weh.«
    »Ach, das ist halb so schlimm, Mikado.« Sevillana deutete auf den Stuhl neben ihrem Bett. »Bitte, setzen Sie sich doch. Es ist wirklich sehr nett von Ihnen, dass Sie nach mir sehen.«
    »Ich wollte Ihnen die hier bringen.« Ein bisschen beschämt, dass das nicht wirklich ihre Motivation gewesen war, reichte Mikki ihr die Versicherungskarte.
    »Danke sehr. Ich wäre nie darauf gekommen, wo ich die liegen gelassen habe.« Sevillana nahm die Karte entgegen und schenkte ihr ein herzliches Lächeln.
    Mikki setzte sich. Sie strengte sich an, nicht auf die Wunde der alten Dame zu starren, aber wie bei einem schrecklichen Verkehrsunfall konnte sie einfach nicht wegschauen. Und irgendetwas an Sevillanas Handfläche war merkwürdig. Mikki kniff die Augen zusammen, um sie besser sehen zu können.
    »Blut ist faszinierend. Finden Sie nicht auch?« Sevillanas Stimme klang hypnotisierend.
    »Ja, die Farbe erinnert mich immer an Rosen«, antwortete Mikki leise. Sie riss ihren Blick von Sevillanas verletzter Hand los und sah der alten Dame in die Augen. »Ich will ja nicht wirken wie ein blutdurstiger Dämon, aber frisches Blut hat so eine einzigartige Farbe, genau wie frisch aufgeblühte Rosen. Ich finde das keine negative Assoziation.«
    Sevillanas umwerfend blaue Augen durchbohrten sie. »Sie sind sehr weise für eine so junge Frau. Ich habe Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass das keine negative
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