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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres
Autoren: Hubert Haensel
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ist.
    Tungol blickt zurück. Auffordernd hebt er seinen Dreizack…
    Ein riesiger Tentakel peitscht auf ihn herab, wirbelt das Wasser auf und macht es mir unmöglich zu erkennen, was in diesem Moment geschieht. Ich weiß, das muß die Sepa sein.
    Tungol schreit gellend auf.
    Als ich ihn wieder sehen kann, versucht er verzweifelt, sein Schwert zu ziehen. Ein zweiter Fangarm nähert sich ihm - Saugnäpfe so groß wie meine geballte Faust machen ein Entkommen unmöglich.
    Tungol schreit noch immer, aber seine Stimme geht bereits in ein heiseres Krächzen über. Endlich scheint er sich zu besinnen und verstummt.
    Zwei weitere Tentakel ringeln sich empor, suchen an den Ausläufern der Korallen Halt. Ihre Größe läßt erste Rückschlüsse auf die Sepa zu. Demnach ist sie ein wahres Ungetüm, dem man mit Kraft allein nicht beikommen kann. Ich denke das und weiß gleichzeitig, daß ich es wagen werde.
    Wo sind die anderen? Eigentlich müßten sie nun angreifen. Warten sie gar darauf, daß die Sepa Tungol völlig umschlingt, um dann ungefährdeter an sie heranzukommen?
    Mich hält jedenfalls nichts mehr zurück. Obwohl Tungol sein Schicksal durch Unvorsichtigkeit selbst verschuldet hat, kann ich nicht tatenlos zusehen. Kräftig stoße ich mich ab, steige steil in die Höhe. Jetzt kann ich endlich den Körper des Tieres erkennen, einen formlosen, düsteren Klumpen von der Größe mehrerer ausgewachsener Männer. Mit Hilfe seiner Fangarme bewegt es sich vorwärts wie die vielen kleinen Kraken, die in diesen Gewässern leben.
    Das Geschehen ist mir Warnung genug. Ich habe nicht vor, die schützende Nähe des Riffs zu verlassen. Heftig schlage ich meinen Dreizack gegen die Felsen. Das dumpfe Pochen, das dadurch entsteht, muß weiterhin zu hören sein. Überrascht stelle ich fest, daß ein Brocken, den ich kaum umfassen kann, nur auf einer vergleichsweise winzigen Fläche ruht. Wenn es mir gelingt, ihn zu bewegen, wird das die Aufmerksamkeit der Sepa auf mich lenken. Mit aller Kraft stemme ich mich dagegen, aber es kostete Mühe, die abgestorbenen Korallen loszubrechen.
    Endlich löst sich der Stein, kippt polternd über den Abhang und verschwindet in der Tiefe. Erschreckt flüchten Dutzende von Fischen, die der Aufprall aus ihren Verstecken gescheucht hat. Abgerissene Pflanzenteile treiben mit der leichten Strömung davon; aufgewirbelter Schlick und Sand verflüchtigen sich schnell.
    Inzwischen ist die Nacht hereingebrochen, aber hier unten wird es nicht völlig dunkel. In üppiger Farbenpracht entfaltet sich Leben zwischen den Steinen; riesenhafte Blüten, deren helles Leuchten Beute anlocken soll, wachsen auf dem Grund des Meeres. Doch kein Okeazar wird jemals den giftigen Blättern zu nahe kommen, denn das wäre sein rascher Tod.
    Über allem liegt nun ein silberner Schein, der unstet und seltsam verzerrt durch die leichtbewegte Oberfläche der See dringt. Ein kaltes Licht, das mich frösteln macht.
    Für wenige Augenblicke habe ich mich ablenken lassen. Als ich aufsehe, ist die Sepa schon nahe. Fangarme ringeln sich heran, und ich kann erstmals die Augen des Tieres erkennen.
    »Sieh dich vor, Learges!«
    Zwei Okeazar nähern sich von der anderen Seite her. Ihre Absicht ist leicht zu durchschauen, aber ihr Vorgehen zu zaghaft. Ich weiß schon jetzt, daß sie versagen werden. Tungol hängt mittlerweile besinnungslos in der Umklammerung des Tieres.
    Den Dreizack am Schaftende packend, stoße ich zu, als einer der Tentakel nur noch zwei Schritte von mir entfernt ist. Die Waffe trifft auf festes Gewebe und dringt eine Handbreit weit ein.
    Der Fangarm krümmt sich zusammen. Die Schnelligkeit, mit der dies geschieht, reißt mich fast von den Beinen, und ich habe Mühe, den Dreizack nicht zu verlieren.
    Die Sepa schnellt auf mich zu, und ich muß zurückweichen. Hinter mir sind scharfkantige Korallen; ich spüre sie schmerzhaft zwischen meinen Rückenschuppen.
    Wieder stoße ich zu. Endlich greifen auch die anderen Okeazar an. Sie versuchen, an Tungol heranzukommen, haben aber keine Möglichkeit, ihm zu helfen.
    Mit einigen ihrer zwölf Tentakel saugt die Sepa sich an den Felsen fest. Zu spät erkenne ich die Gefahr, weil ich nur auf die unmittelbare Bedrohung vor mir achte. Seitlich kann ich nun nicht mehr ausweichen, schräg unter mir lauert das Monstrum.
    Aber noch versuche ich mich zu halten. Eine Flucht würde Aufgabe bedeuten.
    Mein Dreizack zerbricht, als ich einen Angriff abwehre. Den Verlust kann ich verschmerzen, denn
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