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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition)
Autoren: Guido Knopp
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dessen 70 Kilometer südwestlich gelegenem Landgut Rockelsta. Das Wetter war stürmisch, und nur mit Mühe gelang es Göring, das Flugzeug sicher auf dem zugefrorenen Bavensee in der Nähe des Schlosses zu landen. Da an einen Rückflug nicht zu denken war, nahm er gerne die Einladung des Grafen an, die Nacht auf dem Landsitz zu verbringen.
    Im Schloss war gerade die Schwägerin des Grafen zu Gast, Carin von Kantzow. Die dreiunddreißigjährige, schwärmerisch veranlagte Adelstochter war mit einem schwedischen Offizier eher unglücklich verheiratet und hatte einen Sohn. Für die Offiziersgattin und den Flieger war es ein schicksalhaftes Zusammentreffen. Eine Schwester Carins, Fanny Gräfin von Wilamowitz-Moellendorf, beschrieb das erste Kennenlernen ziemlich schwülstig als ein Aufeinandertreffen wahlverwandter Seelen: »Hermann Göring stand vor dem offenen Kamin und sah in die Flammen hinein. … Die Treppe hinunter kommt eine hohe Gestalt, eine Frau mit edler körperlicher Haltung, die Schwester der Hausfrau: Carin. Ihre tiefen blauen Augen begegnen Hermann Görings suchendem Blick. … Schweigend und ehrfurchtsvoll stand er da. Ihm war, als hätte er sie immer gekannt. Eine solche Liebe kann nicht erklärt oder besprochen werden. Auch sie lebte im Blute, in der Seele! Lange saß man zu Tisch an jenem Abend. … Bis spät in die Nacht blieb man noch beisammen. … Viel hat Hermann Göring mit Carin an diesem Abend nicht sprechen können. Dazu war ihm die Seele zu bewegt.«
    Er ist der Mann, von dem ich immer geträumt habe.
    Carin von Kantzow nach der ersten Begegnung mit Göring
     
    Die Liebesaffäre zwischen dem Deutschen und der fünf Jahre älteren Offiziersgattin geriet zum Skandal der schwedischen Gesellschaft. Ohne Rücksicht auf Mann und Sohn reiste Carin im Sommer 1920 nach Deutschland, wo sie und ihr »einziger ewig Geliebter« die Sommerfrische in einem Ferienhaus in Bayrischzell genossen. Zurück in Schweden, beichtete sie ihrem gehörnten Ehemann die neue Liebe. Der war bereit, die Eskapade zu vergessen, wenn sie zu ihm zurückkehre, doch Carin weigerte sich entschieden. »Immer mehr erkenne ich, wieviel Du mir bedeutest«, schrieb sie an Göring. »Ich liebe Dich so sehr. Du bist alles für mich. Es gibt niemanden, der so ist wie Du, für mich bist Du in jeder Hinsicht mein Ideal. Alles, was Du machst, ist so lieb. … Wenn ich das alles bloß mit Küssen und Umarmungen ausdrücken könnte. Liebster!« Göring, ebenso verliebt wie sie, bedrängte Carin, ihren Mann zu verlassen und mit ihm nach Deutschland zu gehen. Diese willigte zum Entsetzen ihrer Eltern ein und ließ ihren achtjährigen Sohn Thomas beim Vater zurück. Im Sommer 1921 übersiedelte sie mit Göring nach Bayern, wo sich das Paar ein Haus in der Reginbaldstraße in München-Obermenzing kaufte. Nachdem Carins Scheidung rechtskräftig geworden war, wurde am 3. Februar 1923 im Standesamt von Obermenzing die Ehe geschlossen. Für beide begann ein neuer Abschnitt ihres Lebens.

     
    Links: »Eine hohe Gestalt, eine Frau mit edler körperlicher Haltung«: Carin von Kantzow mit ihrem Sohn Thomas
    Rechts: »Wie Tristan und Isolde«: Carin und Hermann Göring im Jahr 1922 in Österreich
    In der Republik von Weimar war einem dreißigjährigen Hauptmann a. D. eine ungewisse Zukunft beschieden. Mehr aus Verlegenheit als aus Neigung immatrikulierte sich Göring an der Universität München in den Fächern Geschichte und Volkswirtschaft, ohne sich jedoch zu einem ernsthaften Studium aufraffen zu können. Stattdessen schrieb er Aufsätze über seine Erfahrungen als Jagdflieger im Krieg und versuchte, eine politische Partei ehemaliger Offiziere zu gründen. Er sehnte sich zurück nach Kameradschaft, Heldentaten und vor allem einem »starken Mann«, der Deutschland wieder zu alter Macht verhalf. Diesem »neuen Kaiser« begegnete Göring im Oktober oder November 1922 bei einer politischen Kundgebung auf dem Münchner Königsplatz. Göring hörte, wie ein Herr Hitler in seiner Nähe die Aufforderung ablehnte, auf das Rednerpodium zu kommen, um über die militärischen Beschränkungen Deutschlands infolge des Versailler Friedensvertrags zu reden. Es sei doch sinnlos, Proteste in die Welt hinauszuschreien, ohne die geringste Möglichkeit zu haben, sie mit Machtmitteln zu verwirklichen, begründete der Angesprochene seine Weigerung. Göring, der in der Nähe stand und ebenso dachte, besuchte, neugierig geworden, bald darauf das Café Neumann, wo Hitler
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