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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition)
Autoren: Guido Knopp
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schickte der schneidige Fliegerleutnant Anfang 1915 Liebesgrüße an die junge Alwine Schulte-Vels: »Ich habe freiwillig den Wachdienst übernommen, um allein zu sein und besser an Dich denken zu können. Hier kann ich so schön von Dir träumen und an die Zukunft denken.« Er war glücklich verliebt und träumte davon, sich der Angebeteten als Held zu präsentieren. »Zum Stubenhocker passe ich doch gar nicht«, spielte er sich selbstbewusst vor der Freundin auf, »meine Gebirgstouren waren schon stets die gefahrvollsten. Aber nicht wahr, Du fürchtest Dich doch auch nicht und machst alles mit. Ich will kein Alltagsmensch sein. Kampf ist und bleibt für mich die Lebensbedingung, sei es in der Natur oder mit den Menschen. Ich will aus der Menschenherde herausragen, nicht ich werde ihnen, sondern alle sollen mir folgen. Das walte Gott.« Zu einer offiziellen Verlobung kam es nicht, ebenso wenig mit Marianne Mauser, die Göring im Jahr darauf heiraten wollte. Beide Male waren es offenbar die Schwiegereltern in spe, die sich einer Kriegsheirat erfolgreich widersetzten – das Leben eines Helden der Lüfte mochte glorreich sein, aber mitunter sehr kurz. Tiefe Narben scheinen beide Enttäuschungen nicht hinterlassen zu haben. Das Leben des jungen Offiziers war erfüllt mit Gefahr, Romantik und wachsender Anerkennung, wie er es sich erträumt hatte. Der Göring der Kriegsjahre, so scheint es, war glücklich trotz des tausendfachen Sterbens um ihn herum.
    Am 2. Juni 1918 erhielt er nach 18 anerkannten Luftsiegen den höchsten deutschen Orden für besondere Tapferkeit, den Pour le Mérite. Eine frühe Filmaufnahme zeigt, wie Kaiser Wilhelm II. dem Fünfundzwanzigjährigen persönlich die Auszeichnung überreicht. Zum Helden geadelt, trug Göring den so genannten »Blauen Max« von nun an ebenso stolz zur Schau wie ein anderes Statussymbol: den Spazierstock des legendären »Roten Barons« Manfred von Richthofen. Nachdem dieser im Einsatz ums Leben gekommen war, übernahm Göring im Juli 1918 mit dem Stock das Kommando über Richthofens Geschwader, das als »Richthofen-Zirkus« weit über die Grenzen des Deutschen Reichs Berühmtheit erlangt hatte.
    »Auf Befehl des Oberkommandierenden der deutschen Streitkräfte wird Leutnant Hermann Wilhelm Göring, … gegenwärtiger Kommandeur der Jagdstaffel 27, zum Kommandeur des Jagdgeschwaders Freiherr von Richthofen Nr. 1 ernannt.«
    Ernennungsbefehl Görings, 7. Juli 1918
     
    Bis zuletzt kämpfte die Elite der deutschen Jagdflieger unter hohen Verlusten gegen die feindliche Übermacht am Himmel an. Doch kein Abschuss traf die Truppe so schwer wie die plötzliche Nachricht vom Waffenstillstand im November 1918. Niemals konnte Göring sich damit abfinden. Im Ratskeller von Aschaffenburg versammelte er die Offiziere seines Geschwaders ein letztes Mal um sich: »Wir werden gegen die Mächte kämpfen, die uns versklaven wollen, und wir werden siegen«, kündigte er zum Schluss seiner Ansprache an: »Die gleichen Eigenschaften, die das Geschwader Richthofen groß gemacht haben, werden sich im Frieden ebenso durchsetzen wie im Kriege. Unsere Zeit wird wieder kommen.« Nach diesen Worten hob er sein Glas: »Meine Herren, ich trinke auf das Vaterland und das Geschwader Richthofen.« Als er ausgetrunken hatte, warf er sein Glas zu Boden, und alle folgten seinem Beispiel. Er war jetzt 25 Jahre alt, ein Kriegsheld – ausgezeichnet mit dem höchsten deutschen Orden. Und er war zugleich ohne Arbeit, Geld und Perspektive – ein Mann, der nur für das ausgebildet war, was er jetzt nicht mehr sein durfte: Soldat.

Der Putschist
     
    Das Fliegerass a. D. suchte in den Monaten nach Kriegsende Unterschlupf bei seiner verwitweten Mutter in München. Wie noch oft in seinem Leben war es sein Ruhm als Jagdflieger, der ihm weiterhalf. Anfang 1919 flog Hermann Göring als Repräsentant der Fokker-Flugzeugwerke zu einer Flugschau nach Kopenhagen. Er blieb in Skandinavien, wo er bei Flugschauen mit gewagten Kunststücken glänzte und auch bei Gesellschaften eine gute Figur machte. Der einstige Kriegsheld verdingte sich als Vertreter für eine Fallschirmfirma und kam schließlich bei der schwedischen Fluglinie Svenska Lufttrafik als Pilot unter. Reiche Schweden zahlten für das Privileg, sich vom letzten Kommandeur des berühmten Richthofen-Geschwaders durch die Lüfte kutschieren zu lassen. Am 20. Februar 1920 flog er den bekannten schwedischen Forschungsreisenden Graf Eric von Rosen von Stockholm zu
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