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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
Autoren: Beth Revis
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hätte auch von ihm kommen können.« Nach meinem Umzug aufs Regentendeck habe ich schnell gelernt, meine Gedanken für mich zu behalten und nur zu reden, wenn ich gefragt werde. Aber der Älteste stellt mich gelegentlich immer noch auf die Probe, um sicherzugehen, dass ich nicht so schlecht bin wie dieser andere Junior. Ich bemühe mich dann jedes Mal, selbstsicher und zuversichtlich auszusehen, aber das könnte ich mir auch schenken, weil mich der Älteste in diesen Momenten nie ansieht.
    Ein Teil von mir will den Ältesten zurückrufen und ihn an sein Versprechen erinnern, mich alles zu lehren, und darauf bestehen, dass er mir die dritte Ursache für Unfrieden nennt.
    Aber der andere Teil, der sich den ganzen Tag Bilder und Videos von der Sol-Erde auf Floppys ansehen kann, freut sich, dass der Befehl des Ältesten genau das ermöglicht.
    Gegenüber dem Lernzentrum befindet sich der Zugang zur Schwerkraftröhre, die der Älteste und ich nutzen. Diese hier gehört nur uns und ist unser direkter Zugang ins Versorgerdeck. Die Schwerkraftröhre, die vom Technikdeck in die Stadt hinunterführt, wird von allen benutzt.
    Ich drücke den Dra-Kom-Knopf hinter meinem linken Ohr.
    »Kommando?«, fragt die freundliche Computerstimme.
    »Schwerkraftröhre. Kontrolle«, sage ich.
    Biep, biep-biep macht es in meinem Ohr, als sich die Dra-Kom mit der Kontrolleinheit der Röhre verbindet. Ich drücke den Daumen auf den biometrischen Scanner an der Wand des Lernzentrums und ein kreisrunder Teil des Fußbodens gleitet auf. Darunter befindet sich nichts als leerer Raum.
    Mein Magen krampft sich zusammen – das tut er immer, wenn ich in den luftleeren Raum der Schwerkraftröhre trete. Aber die Dra-Kom hat sich mit dem Schwerkraftsystem des Schiffs verbunden, und ich schwebe einen Moment lang in der Luft und falle dann hinunter wie eine Münze, die man in einen Brunnen geworfen hat. Dunkelheit umgibt mich, als ich durch das Technikdeck gleite, dann erfüllt Licht meine Augen. Ich muss blinzeln. Das Versorgerdeck taucht unter mir auf, etwas verzerrt durch die Wände der gläsernen Röhre. Die Stadt erhebt sich an der hinteren Wand, und die Farmen erstrecken sich über die Mitte, riesige grüne Felder und Wiesen, auf denen Kühe, Schafe und Ziegen weiden. Von oben betrachtet, ist das Versorgerdeck riesig und eine eigene Welt. 1600 Hektar, die entworfen wurden, um mehr als 3000 Leute zu ernähren, sehen unendlich aus, wenn man von oben auf sie herabsieht. Aber wenn man wirklich unten ist, auf den Feldern oder in der Stadt voller Menschen, deren Augen ständig auf einen gerichtet sind, fühlt es sich viel enger an.
    Die Schwerkraftröhre endet etwa zwei Meter über dem Boden des Versorgerdecks. Eine Sekunde lang schwebe ich am Ende der Röhre in der Luft, dann ertönt wieder das Biep, biep-biep, und ich lande auf einer kleinen runden Plattform aus Metall unter dem Ende der Röhre. Ich springe von der Plattform und gehe eine der vier Hauptstraßen des Versorgerdecks hinunter. Nur ein paar Meter vor mir liegen das aus Ziegelsteinen erbaute Archiv und dahinter das Krankenhaus.
    Auf dem Weg zum Archiv denke ich darüber nach, wie anders mein Leben noch vor drei Jahren war. Die ersten dreizehn Jahre habe ich auf diesem Deck gelebt und wurde von einer Familie zur anderen weitergereicht. Schon von frühester Kindheit an war klar, dass ich nicht richtig dazupasste. Zum einen wussten natürlich alle, dass ich Ältester werden würde. Vielleicht lag es auch daran, dass der Junior vor mir unerwartet gestorben ist, aber die Bauern haben mich immer übermäßig behütet. Doch es war nicht nur das – wir unterschieden uns auch voneinander. Die Bauern dachten irgendwie anders. Sie waren glücklich und zufrieden damit, ihre Felder zu bestellen und die Schafe zu scheren. Sie schienen nie das Gefühl des Eingesperrtseins zu empfinden oder wütend zu werden, weil die Zeit so langsam verging. Als ich in meinem dreizehnten Lebensjahr ins Krankenhaus ging, Harley kennenlernte und mit Doc redete und dann aufs Regentendeck übersiedelte und meine Ausbildung zum Ältesten antrat, war ich zum ersten Mal glücklich auf der Godspeed. Erst da habe ich angefangen, das Leben zu genießen.
    Ich bin nicht immer einer Meinung mit dem Ältesten, und seine Launen, die er nur auf dem Regentendeck zeigt, können einen wirklich in Angst und Schrecken versetzen, aber ich werde ihm ewig dankbar dafür sein, dass er mich von dem öden Leben bei den Bauern erlöst hat.
    Ich
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