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Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition)
Autoren: Peter Wagner
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gewesen war. Er sagte, dass ich die Konkurrenten locker hätte schlagen können, und noch heute wusste ich, wie sehr er recht gehabt hatte. Jedoch war ich mit einem Handicap in das Rennen gegangen; das Gewicht meines Vaters hatte das gesamte Rennen über versucht, mich auf den Grund des Beckens zu ziehen.
    Ich hatte es ihm beweisen wollen. Danach hatte ich es dann immer nur noch mir selber beweisen wollen, und es war mir selten
nicht
gelungen. Ich hatte kaum einen Wettbewerb verloren in meiner kurzen Karriere. Mein Vater hatte es nie miterlebt. Die Termine mit seinen Klienten waren ihm immer wichtiger gewesen.
    Meine Mutter hatte mich zu fast allen Wettkämpfen begleitet, allerdings nur, weil sie mit sich und ihrer Zeit nichts Besseres anzufangen wusste. Es war mir gleichgültig gewesen, ob sie dabei war, oder nicht. Sie hatte mich immer gelobt, auch dann, wenn ich einmal nicht so gut geschwommen war. Das hatte mir nichts bedeutet. Sie hatte mich nach den Rennen nur gestört, wenn ich die Frauen anmachen wollte, die reichlich vorhanden waren. Viele waren auch nicht abgeneigt gewesen, sich einen Schwimmer mit nach Hause zu nehmen. Wir hatten halt zwangsläufig ganz passable Körper durch unseren Sport.
    Norbert aus meinem Verein hatte dies schamlos ausgenutzt. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht ein Mädchen abschleppte. Er hatte auch wirklich sehr gut ausgesehen, mit seinen schwarzen Locken und den blauen Augen, die geleuchtet hatten, wie die eines Huskies. Allerdings hatte er eine ziemlich seltsame Macke gehabt, er hatte die Unterhöschen seiner one-night-stands gesammelt, wie ein Jäger seine Trophäen. Nur dass Norbert sie nicht ausstopfen ließ, um sie sich dann über den Kamin zu hängen. Seltsamerweise hatten die Weiber ihm stets das gegeben, was er von ihnen verlangt hatte. Ich wusste nicht, warum sie stets unten-ohne nach Hause gegangen waren. Möglicherweise hatten sie gedacht, dies wäre eine Garantie für ein Wiedersehen gewesen. Doch er hatte sich nur selten ein zweites Mal mit einem Mädchen getroffen, wahrscheinlich hatten sie keinen Reiz mehr auf ihn ausgeübt, nachdem er das von ihnen bekommen hatte, was er am meisten gewollt hatte.
    Er hatte mir einmal erzählt, dass er die Eigentümerin des 99. Schlüpfers einmal heiraten wollte. Allerdings hatte er irgendwann einmal versäumt, Buch zu führen. Als er dann nachzählte, kam er auf genau 107 weibliche Unterhosen. Nur hatte er sich leider nicht mehr daran erinnern können, mit welcher Frau er vor einer Woche rumgemacht hatte. Dumm gelaufen!
    Letzten April war Norbert an Aids gestorben. Er hatte seinen Eltern 184 Damenschlüpfer der Größen 34 bis 44 und einen Haufen Scham und Ratlosigkeit hinterlassen.

    Natürlich hätte ich auch ohne die Anwesenheit meiner Mutter es nicht so maßlos wie Norbert übertrieben. Allerdings hatte sie schon manches Mal zwischen mir und einer geilen Nacht gestanden. Aber ein Mönch war ich auch nie gewesen. (Wobei ich mir nicht so sicher war, ob die es nicht noch wilder trieben als Norbert, und wahrscheinlich auch nicht so sehr darauf achteten, ob denn nun ein Weibchen oder ein Männchen unter ihren Kutten rumfummelte).

    Dieser ganze Nonsens war mir durch den Kopf gegangen. Vielleicht hatte ich nur deshalb an meine Weibergeschichten denken müssen, weil die Kassiererin so abwertend über meine Qualitäten als Mann gesprochen hatte.
    Hatte ich gerade „gesprochen“ gesagt? Mann, nur
gedacht
hatte sie es, und ich hatte es
gehört
!

    Vielleicht war der Stress für mich zu groß gewesen. Ich war es noch nicht gewohnt, alleine unterwegs zu sein. Möglich, dass ich mich daran nie gewöhnen würde.
    Möglicherweise hatte mich das so sehr unter Druck gesetzt, dass mein Kopf mit Halluzinationen reagiert hatte. Und dann hatte ich nur das gehört, was ich und mein krankes Hirn hören
wollten
.

    Oder aber der Unfall hatte nicht nur Auswirkungen auf meine Beine gehabt, sondern auch auf meinen Kopf. Schließlich hatte ich diesen seltsamen Stich hinter dem Ohr verspürt. Zwar hatte ich nach dem Unfall des Öfteren Kopfschmerzen gehabt, allerdings hatten sie meistens den ganzen Tag angedauert, und waren nicht wie ein Blitz gekommen und gegangen.
    Außerdem hatte ich noch nie gehört, dass eine Querschnittslähmung Auswirkungen auf die Fähigkeit hatte, die Gehirnströme anderer Menschen wahrnehmen zu können. In der Reha-Klinik waren zwar die wildesten Theorien kursiert, von Telepathie war aber nie die Rede gewesen.
    Ein Mann,
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